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05.09.2014 20:52:33

Ukraine-Folgen: Deutschlands Wirtschaft sendet Alarmsignale

   Von Anton Troianovski

   Der Ukraine-Konflikt hat die Unternehmen und Verbraucher in Deutschland so sehr in Aufregung versetzt, dass das Wirtschaftswachstum darunter leidet - was wiederum den Erholungsprozess nach dem Ende der akuten Euro-Krise erschwert.

   Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) musste diese Woche bei einem Treffen mit Abgeordneten hinter verschlossenen Türen einräumen, dass das Wachstumsziel der Regierung für dieses Jahres von 1,8 Prozent verfehlt werden könnte. Zwei Monate vorher hatte der Minister gehofft, diese Zielmarke übertreffen zu können.

   EZB-Präsident Mario Draghi hat auf die anhaltende Wachstumsschwäche inzwischen mit einer Zinssenkung und einem Wertpapierkaufprogramm reagiert und gewarnt, dass geopolitische Risiken das Vertrauen der Wirtschaftsakteure weiter beeinträchtigen könnten. "Niemand weiß, welche Wendungen es in der Ukraine-Krise noch geben wird und wie stark das die Geschäfte der deutschen Unternehmen beeinflussen wird", sagt Timo Klein, Ökonom bei IHS Global Insight in Frankfurt.

   Eine Zeitlang glaubten manche Ökonomen und Politiker, dass die Ukraine-Krise wegen der sehr breit gefächerten und globalen Kundenbasis der deutschen Industrie nur einen begrenzten wirtschaftlichen Einfluss haben würde. Doch der Konflikt in dem nur 800 Kilometer entfernten Land beunruhigt die deutschen Unternehmen und Konsumenten sehr, wie sich immer mehr zeigt. Es besteht das Risiko, dass das Wachstum nachlässt und Unternehmen ihre Investitionen aufschieben.

   Verstärkt werden diese Ängste von Nachrichten über Konflikte in anderen Regionen, wie dem Nahen Osten. Hinzu kommen andere Sorgen wie die Konjunkturschwäche in anderen Euro-Ländern und in Schwellenländern, die schwachen Investitionen und die teure Energiewende.

   Unsicherheit würde Waffenstillstand überdauern

   Selbst ein Waffenstillstand in der Ukraine dürfte die große Unsicherheit in der deutschen Wirtschaft nicht schnell beseitigen, meinen Analysten. "Investitionen sind auch immer Bauchentscheidungen - man muss Vertrauen darauf haben, dass der Kurs im Großen und Ganzen richtig ist", sagt Thomas Lindner, geschäftsführender Gesellschafter des Albstädter Industrie-Nadelherstellers Groz-Beckert. Und dieses Gefühl hat Lindner wegen der Rentenreform und anderer Entscheidungen der Großen Koalition in Berlin gerade nicht.

   Die in den vergangenen Wochen veröffentlichten Konjunkturdaten zeigen den Einfluss dieser Unsicherheit. Der Inlandsumsatz der chemischen Industrie sank im zweiten Quartal um fast 3 Prozent, weil Kunden - nach Angaben des Branchenverbands VCI aus Sorge über die geopolitischen Spannungen - ihre Produktion zurückfuhren und weniger bestellten. Die von der GfK erhobenen Konjunkturerwartungen der Verbraucher sanken im Juli von 45,9 auf 10,4 Punkte, womit der Anstieg eines ganzen Jahres verschwand.

   Im zweiten Quartal schrumpfte nicht nur das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,2 Prozent, auch die Investitionen gingen zurück - erstmals seit Anfang 2013. Die Ausfuhren nach Russland fielen in den ersten fünf Monaten des Jahres um 15 Prozent. Zwar gingen 2013 nur 3 Prozent der deutschen Ausfuhren in dieses Land, aber die Auswirkungen für die Wirtschaft sind sehr konkret.

   Für Silke Kroh, Managerin bei einem Industriezulieferer mit überwiegend deutschen Kunden, bedeutet die Ukraine-Krise, dass Maschinenteile im Wert von 400.000 US-Dollar in einem Hamburger Lagerhaus feststecken. Grund: Ein Kunde kürzte wegen der Unsicherheiten in Russland seinen Auftrag von 1,3 Millionen Dollar um fast ein Drittel. Krohs Unternehmen, die HEPA Wälzlager GmbH & Co. KG, hatte ihre Bestellung aber schon aufgegeben, so dass nun viele Lager, Gehäuse, Verbinder und Dichtungsringe keinen Käufer gefunden haben. "Nicht jeder Kunde braucht solche Teile", klagt sie.

   Der wirtschaftliche Abschwung in Russland trifft einige der wichtigsten Industriezweige Deutschlands, darunter den Automobilsektor, der Russland bislang als künftig wichtigsten europäischen Absatzmarkt betrachtete. Zu den schon länger bestehenden Sorgen um Schwellenlandmärkte wie Indien und Brasilien kommt nun also der Ärger im Osten Europas.

   Daimler verkauft 20 Prozent weniger in Russland

   Nach Aussage von Daimlers zuständigem Vorstand Wolfgang Bernhard sind die Lkw-Absätze in Russland in diesem Jahr um 20 Prozent gesunken. Sogar die Nachfrage nach Mercedes-Luxuskarrossen beginnt sich abzuschwächen. "Eine Verkettung unglücklicher Umstände hat uns in eine Lage gebracht, in der es nur Verlierer gibt", sagt Bernhard.

   Ökonomen werden nach eigener Aussage noch einige Monate brauchen, ehe sie wissen, ob die aktuelle Schwäche mehr ist als ein vorübergehendes Phänomen nach Jahren eines für die Eurozone überdurchschnittlichen Wachstums. Der Arbeitsmarkt zeigt bisher nahezu keine Schwächezeichen und die Nachfrage nach deutschen Gütern ist in einigen Schlüsselmärkte wie den USA gut.

   Aktuelle Daten zu Produktion und Auftragseingang zeigen, dass die deutsche Industrie besser als erwartet ins dritte Quartal gestartet ist. Aber die in die Zukunft weisenden Unternehmensumfragen deuten alle nach unten. Das Geschäftsklima in der Industrie sowie im Groß- und Einzelhandel ist in den vergangenen Monaten deutlich gesunken.

   Besonders beunruhigend an den BIP-Daten für das zweite Quartal war, dass die deutschen Unternehmen ihre Investitionen ausgerechnet in einer Zeit zurückfahren, in der das Schlimmste der Euro-Krise vorbei zu sein scheint. Die Bruttoinvestitionen sanken gegenüber dem Vorquartal um 2,3 Prozent - erstmals seit Anfang 2013.

   "Für dieses Jahr hatten eigentlich alle gehofft, dass die Investitionen mit der Erholung in der Eurozone Fahrt aufnehmen würden", sagt Klaus Bauknecht, Volkswirt bei der IKB Deutsche Industriebank, die auf Mittelstandskredite spezialisiert ist. "Aber nun", so fügt er hinzu, "hat die Unsicherheit über die Ukraine die Unsicherheit für die Geschäfte erhöht, und die Unternehmen haben ihre Investitionen verschoben."

   Mitarbeit: Andreas Thomas, William Boston und Hans Bentzien

   Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

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   September 05, 2014 13:42 ET (17:42 GMT)

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