24.10.2016 19:20:48
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UPDATE/Belgische Regionen blockieren Ceta-Unterzeichnung mit Kanada
-- Gipfel mit Kanada voraussichtlich vor dem Aus
-- EVP-Fraktion/Manfred Weber: Ceta ist nicht tot
(NEU: weitere Reaktionen aus Wirtschaft und EU-Parlament)
BRÜSSEL (AFP)--Die EU steht beim Ceta-Handelsabkommen mit Kanada vor einem Scherbenhaufen: Trotz massiven Drucks sah sich Belgiens Regierung am Montag nach einem Krisentreffen mit Ceta-Gegnern aus den belgischen Regionen am Montag außer Stande, das Abkommen zu unterzeichnen. Damit steht der bisher für Donnerstag geplante Gipfel mit Kanada voraussichtlich vor dem Aus. Die deutsche Wirtschaft reagierte entsetzt.
"Wir sind nicht in der Lage, Ceta zu unterschreiben", sagte der belgische Ministerpräsident Charles Michel. Demnach verweigerten neben der Wallonie, die sich zuletzt besonders deutlich gegen Ceta positioniert hatte, auch die Regionalregierung der Hauptstadtregion Brüssel und die französischsprachige Gemeinschaft ihre Zustimmung. Einverstanden erklärten sich dagegen Flandern, die deutsche Gemeinschaft und die Zentralregierung.
EU-Ratspräsident Donald Tusk hatte Belgien bis Montagabend Zeit für eine Entscheidung über Ceta gegeben. "Man hat uns gebeten, bis heute eine klare Antwort zu geben", sagte Michel. "Die klare Antwort in diesem Stadium ist Nein."
Der wallonische Regierungschef Paul Magnette sagte, er könne Ceta unter Druck nicht zustimmen. "Es ist offensichtlich, dass wir unter diesen Umständen heute nicht Ja sagen können", sagte Magnette. Der Präsident des wallonischen Parlaments, André Antoine, verlangte mehr Zeit, um 1600 Seiten Texte und Klarstellungen zu Ceta zu prüfen.
Tusk wollte noch am Montag mit Kanadas Premierminister Justin Trudeau bei einem Telefonat entscheiden, ob der EU-Kanada-Gipfel stattfindet oder nicht. Ohne die Ceta-Unterzeichnung wird eine Absage erwartet. Aus Sicht der Kommission ist das aber nicht das Ende von Ceta. Brüssel sei bereit, Belgien noch einige Wochen zu geben, hieß es aus Kreisen. Der EU-Kanada-Gipfel würde dann verschoben.
Der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange (SPD), sieht Ceta aber bereits "de facto gescheitert". "Wenn sich die Belgier unter diesem massiven Druck nicht bewegt haben, werden sie es auch mittelfristig nicht mehr tun", sagte er der Nachrichtenagentur AFP. "Und wenn ich Kanada wäre, wäre meine Geduld am Ende."
"Ceta ist nicht tot", erklärte dagegen der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion, Manfred Weber (CDU). Alles müsse getan werden, um das Abkommen in Kraft zu setzen. "Interne Machtspiele in Belgien dürfen die EU nicht blockieren."
"Dies sind schwarze Tage für die europäische Handelspolitik", erklärte der Präsident des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo. "Mit der Blockade verspielt die EU das Vertrauen ihrer internationalen Partner." Belgien müsse Ceta "aus der politischen Geiselhaft entlassen".
Der Maschinenbauverband VDMA forderte eine Reform der Entscheidungsprozesse. Die EU sei "zu keiner gemeinsamen Handelspolitik mehr fähig, wenn sämtliche Entscheidungen einstimmig getroffen werden müssen", erklärte Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann. "Wir müssen die Entscheidungsfindung in Europa so reformieren, dass zwar jeder gefragt wird, am Ende aber eine Mehrheit entscheidet."
Der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold begrüßte dagegen, "dass die vorliegende Fassung des Ceta-Vertrags, der tief in Demokratie und Rechtsstaat eingreift, gestoppt wurde". Die EU und Kanada sollten die Gelegenheit nutzen, den Vertrag nochmals zu überarbeiten.
Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com
DJG/kla
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October 24, 2016 12:47 ET (16:47 GMT)- - 12 47 PM EDT 10-24-16
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