15.09.2014 20:12:58
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Westdeutsche Zeitung: Kirche zwischen Anspruch und Wirklichkeit = von Ekkehard Rüger
Düsseldorf (ots) - Missionarisch Volkskirche sein, schon dieses
Selbstverständnis der Evangelischen Kirche im Rheinland wird
Widerspruch hervorrufen - vorzugsweise bei denjenigen, die mit dem
Begriff Mission noch immer nur in erster Linie düstere Vorkommnisse
der Kirchengeschichte und aufdringliches religiöses Werben verbinden.
Dabei kann Mission, also Sendung, auch ganz schlicht als Hinwendung
zur Welt begriffen werden: Christlicher Glaube nicht als frommes
Kreisen um sich selbst, sondern als Auftrag zu einer Lebenspraxis,
die nach außen wirkt und sichtbar wird durch mitmenschliches Tun. Und
das wiederum wird von Kirchen ja gemeinhin eingefordert. Aber die
rheinische Landeskirche muss damit rechnen, dass ihr der formulierte
Anspruch auch von den eigenen Mitgliedern um die Ohren gehauen wird.
Missionarisch Volkskirche sein in einer Zeit des zunehmenden
religiösen Analphabetismus - und dann Millionenkürzungen im
Bildungsbereich? Missionarisch Volkskirche sein in einer rastlosen
Tempogesellschaft - und dann spirituelle Rückzugsräume wie das Haus
der Stille aufgeben? So sehr die Kirchenleitung sich auch bemüht, das
zweite Sparpaket einzubetten in eine Vision von der Kirche der
Zukunft, so wenig wird sie damit Verletzungen und enttäuschtes
Abwenden verhindern können. Die große Einmütigkeit, mit der die
Landessynode den Kurs von Präses Manfred Rekowski bisher mitgetragen
hat, täuscht darüber hinweg, dass unter Kirchenmitarbeitern Hilf- und
Ratlosigkeit derzeit zu den prägenden Gemütslagen zählen. Ob die
(gerne auch kirchlich verwendete) Hohlformel von der Chance in jeder
Krise am Ende des unausweichlichen Schrumpfprozesses möglicherweise
doch noch mit Sinn gefüllt werden kann, hängt vor allem davon ab, ob
nach der nötigen Diskussion um Sinn und Unsinn all der finanziellen
Einschnitte noch etwas spürbar bleibt von der frohen (!) Botschaft,
auf die sich die Christen immer wieder berufen. Die Kirche von morgen
muss nicht alles tun, was wünschenswert wäre. Aber das, was sie tut,
sollte sie nicht nur im Geist des kirchlichen Finanzcontrollings,
sondern mit frohem Herzen tun. Missionarisch eben.
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