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09.05.2017 23:03:56

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Bundeswehr

Bielefeld (ots) - Wer die Bundeswehr schon immer für einen Hort rechtsextremer Gesinnung gehalten hat, fühlt sich durch den Fall Franco A. bestätigt. In der Tat kann dieser Fall gar nicht ernst genug genommen werden. Und jeder Umgang damit muss so seriös wie möglich sein. Dass dies manchen Beteiligten nicht leicht fällt, zeigen reflexartige Vorverurteilungen der Truppe ebenso wie die Einordnung des Skandals als »Einzelfall«. Beides ist falsch und führt nicht weiter. Zwei Dinge haben die Bundeswehr in jüngerer Vergangenheit maßgeblich verändert: der Einsatz in Afghanistan und die Aussetzung der Wehrpflicht. Die Soldaten, die am Hindukusch kämpften und kämpfen, haben großen Einfluss auf die Atmosphäre in der Armee. Der Korpsgeist, der bei der Bundeswehr ebenso zu finden und auch notwendig ist wie bei der Polizei, könnte ausgeprägter geworden sein. Den »Staatsbürger in Uniform« mag es noch geben. Aber die Bundeswehr ist kein Spiegelbild der Gesellschaft mehr, wie sie es zu Zeiten der Wehrpflicht war. Durch den Grundwehrdienst fand in den Kompanien soziale Kontrolle statt. Ist die Armee seitdem womöglich anfälliger für rechtsextreme Tendenzen geworden? Oder zieht sie sogar Personen an, die solchen Einstellungen anhängen? Wenn das Verteidigungsministerium und die innere Führung der Bundeswehr diese Fragen mit Ja beantworten, sollte über die Wiedereinführung der Wehrpflicht zumindest nachgedacht werden. Die Aussetzung war nicht Ursula von der Leyens Idee, sie geht auf einen ihrer Vorgänger zurück: Karl-Theodor zu Guttenberg. Die Bundesverteidigungsministerin steht in der Kritik. Ihr Umgang mit dem Skandal um rechtsextreme Soldaten wirkt so, als sei sie in erster Linie ihre eigene Selbstverteidigungsministerin. Von der Leyen hat in ihrem Amt schon viel richtig gemacht, insbesondere bei der Entmachtung des Bundesamts für Ausrüstung und der Berufung der Staatssekretärin Katrin Suder. Fehler macht die CDU-Politikerin immer dann, wenn sie schnell auf Krisen reagieren will. Gerade jetzt darf sie nicht in Aktionismus verfallen und in jeder Kaserne Neonazis vermuten. Das wäre eine Beleidigung der Soldaten und würde ihrem Ansehen weiter schaden. Auch sollte mit viel Bedacht entschieden werden, ob und welche Kasernen einen neuen Namen bekommen könnten. Denn dass drei aus Hessen stammende Soldaten Anschläge auf flüchtlingsfreundliche Politiker geplant haben sollen, liegt nicht daran, dass der Standort Augustdorf seit 1961 nach Generalfeldmarschall Erwin Rommel benannt ist. Und trotzdem ist es richtig, das Wehrmachtsandenken in einer Parlamentsarmee zu hinterfragen - mit Verstand.

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Pressekontakt: Westfalen-Blatt Chef vom Dienst Nachrichten Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261

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