15.03.2011 10:26:13
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ETFs dramatische Ausverkaufsstimmung
Frankfurt (aktiencheck.de AG) - Zwar verbuchten die Aktienmärkte bereits gestern heftige Verluste, erst heute kann man Händlern zufolge aber von echter Panik sprechen, so die Deutsche Börse AG.
Angesichts anhaltender Hiobsbotschaften aus Japan würden sich Anleger von sämtlichen Risikopositionen trennen. Auch der Handel mit Indexfonds stehe ganz im Zeichen der Geschehnisse in Japan. "Gestern waren die Verkäufe noch selektiv, es gab in manchen Bereichen sogar noch Zukäufe. Heute geht durch die Bank weg alles raus", schildere Marco Salaorno von der Société Générale die Lage am zweiten vollen Handelstag nach dem verheerenden Erdbeben in Japan.
Nicht nur Indextracker mit japanischen Aktien würden abgestoßen: "Bei den massiven Abgaben ist es schon schwer zu sagen, was am meisten verkauft wird", meine der Händler. Am heutigen Dienstag spitze sich die Lage im Atomkraftwerk Fukushima weiter zu, auch im Raum Tokio steige die radioaktive Strahlung. Der japanische Aktienmarkt sei, gemessen am Nikkei-225, heute nochmals heftig eingebrochen und mit einem Minus von über 10 Prozent aus dem Handel gegangen. Auch der Dax rutsche tief ab und verzeichne bis zum frühen Nachmittag Verluste von knapp 5 Prozent.
Angesichts der Nachrichten aus Fernost würden ETF-Anleger vor allem japanische Aktien aus den Portfolios schmeißen, wie die Marktteilnehmer einhellig berichten würden. Etwa hätten die ETFs auf den MSCI Japan von er db x-trackers und iShares (WKNs DBX1M, A0DPMWJ) auf den Verkaufslisten ganz oben gestanden. Die Indexfonds hätten bislang gegenüber dem Stand von Anfang des Monats über 20 Prozent an Wert verloren.
Doch auch von an Bluechip-Indices anderer Industrieländer wie DAX-, EURO STOXX 50-, MSCI Europe-, MSCI USA- und S&P 500 (db x-trackers DAX (R) ETF 1C) gekoppelte Indexfonds hätten sich die Investoren verabschiedet. Bei allem, was nach Risiko aussehe, würden sie im Moment abwinken. "Schon in der vergangenen Woche überwogen die Abgaben, jetzt sehen wir natürlich sehr, sehr viele Verkäufe", berichte Andreas Bartels von der Commerzbank.
Da falle - nach der Herabstufung Griechenlands durch Moody's in der vergangenen Woche - die Abkehr von ETFs mit griechischen Aktien (Lyxor ETF MSCI Greece) kaum noch in Gewicht. Dasselbe gelte für Indextracker mit kanadischen (UBS-ETF MSCI Canada I) und britischen (UBS - ETF FTSE 100) Unternehmen, die bereits in der vergangenen Woche abgestoßen worden seien, wie die Commerzbank erkläre. Die Rendite des an den MSCI Greece gekoppelten Griechenland-ETFs von Lyxor liege aufgrund der Kursgewinne zu Jahresanfang im Übrigen sowohl auf Sicht von einem als auch auf Sicht von drei Monaten mit Zuwächsen von 3,27 beziehungsweise 8,38 Prozent noch im grünen Bereich.
Durch die Schreckensmeldungen aus Japan "komplett unter die Räder gekommen" sei laut Marco Salaorno der ETFX WNA Global Nuclear Energy Fund (ETFS WNA Global Nuclear Energy Fund (DE)), der die Entwicklung von großen, in der Atomindustrie engagierten Unternehmen nachzeichne. Der Indexfonds habe vor einer Woche noch bei über 25 notiert, zuletzt seien es nur noch rund 18 Euro gewesen. Marktteilnehmern zufolge sei der Handel heute ausgesetzt worden. Laut Deutscher Bank würden Versorger-ETFs (db x-trackers STOXX (R) 600 UTILITIES ETF 1C) hingegen nicht unbedingt in den Abwärtsstrudel geraten, jedenfalls nicht mehr als andere Papiere.
"Der Ausverkauf betrifft eher Einzelaktien wie E.ON und RWE", erkläre Deutsche Bank-Händler Sidi Kleefeld. "Wir dürfen nicht vergessen, dass es sich bei der Aussetzung der Laufzeitverlängerung um ein deutsches Thema handelt." Auch die Commerzbank habe keine nennenswerten Umsätze mit Versorger-ETFs registriert. Die schwarz-gelbe Koalition habe gestern angekündigt, die Laufzeitverlängerung für deutsche Atommeiler auszusetzen, heute sei bekannt geworden, dass sieben Kraftwerke vorübergehend abgeschaltet werden sollten.
Von Versicherungs-ETFs würden sich die Anleger mit Blick auf die Schäden durch die Geschehnisse in Japan verabschieden, aber die Commerzbank habe Abflüsse aus dem STOXX 600 Optimised Insurance (STOXX Europe 600 Optimised Insurance Source ETF) beobachtetet. Auch Rohstofffonds wie der ComStage Commodity EW (ComStage ETF Commerzbank Commodity EW Index TR I) würden verkauft. Die Swiss Re habe gestern allerdings erklärt, dass bei den Versicherungen von Nuklearanlagen in Japan Schäden durch Erdbeben, Tsunamis und durch Erdbeben ausgelöste Brände ausgeschlossen seien. An der Börse hätten sich die Aktien von Allianz, Munich Re und Hannover Rück daraufhin vergleichsweise gut gehalten.
Zuspruch würden allenfalls ETFs finden, die Unternehmen aus der Erneuerbare-Energien-Branche im Fokus hätten. "Wir sehen Interesse am Lyxor New Energy", erkläre etwa Andreas Bartels (LYXOR ETF NEW ENERGY A). Große Kurssprünge verzeichne der ETF, der die Entwicklung des Alternative Energy-Index mit den weltweit größten, im Bereich erneuerbare Energien tätigen Unternehmen abbilde, allerdings nicht: Vor einer Woche habe der ETF bei 18,61 Euro notierte, heute seien es 18,79. "Die meisten Investoren halten erst einmal Kasse", vermute Bartels, Neuinvestitionen kämen wohl erst im zweiten Schritt an die Reihe. "Ich sehe noch wenig, wohin das Geld fließt", meine auch Marco Salaorno. Die Branche werde wohl erst längerfristig richtig Auftrieb bekommen.
Trotz Krisenstimmung könne auch bei den vermeintlich sicheren Rentenfonds von Kauffreude keine Rede sein. Die Commerzbank melde - allerdings für die vergangene Woche - einen Umsatzanteil der Aktien-ETFs von 90 Prozent, Renten-Indexfonds hätten lediglich 5 bis 6 Prozent der gehandelten Papiere ausgemacht. "Auch jetzt sehen wir vor allem Abgaben", heiße es, und zwar über alle Laufzeiten hinweg. Falls überhaupt zugegriffen werde, würden sich Anleger angesichts der hohen Nervosität am Markt derzeit allenfalls für Geldmarkt-ETFs (db x-trackers II Eonia TOTAL RETURN INDEX ETF 1C) entscheiden, wie die Deutsche Bank festgestellt habe. (15.03.2011/fc/a/f)
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