07.05.2009 18:27:00

ROUNDUP: EZB kauft überraschend besicherte Anleihen - Zins auf 1% gesenkt

    FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am Donnerstag überraschend den Kauf von besicherten Anleihen (Covered Bonds) verkündet. Angesichts der anhaltenden Wirtschafts- und Finanzkrise hat die Notenbank am Donnerstag in Frankfurt zudem den Leitzins wie erwartet um 0,25 Prozent auf 1,0 Prozent reduziert. Zudem wurde wie erwartet die maximale Laufzeit für Refinanzierungsgeschäfte von sechs auf zwölf Monate ausgeweitet. Alle Entscheidungen seien einstimmig gefallen. Alle Entscheidungen seien einstimmig gefallen. Eine schrittweise Erholung der Konjunktur erwartet die EZB im kommenden Jahr. Der Eurokurs <EURUS.FX1> stieg nach den Entscheidungen an, während die Kurse von Staatsanleihen unter Druck gerieten.

    Überrascht hatte die EZB die Märkte aber vor allem durch den verkündeten Kauf von besicherten Anleihen im Wert von rund 60 Milliarden Euro. In Deutschland gehören vor allem Pfandbriefe zu diesem Segment. Durch die Käufe soll ein in der Finanzkrise in Liquiditätsschwierigkeiten geratener Markt wiederbelebt werden. Es handle sich aber laut EZB-Präsident, Jean-Claude Trichet, nicht um eine "quantitative Lockerung". Laut Commerzbank-Volkswirt Michael Schubert kann hier nicht von einem Anwerfen der Notenpresse gesprochen werden. Die EZB wolle damit nicht die Geldmenge ausweiten, sondern vielmehr einen in Schwierigkeiten befindlichen Markt wieder in Gang bringen. Der Kauf von rund 60 Milliarden Euro an Anleihen mache immerhin rund fünf Prozent des Gesamtmarktes an Covered Bonds aus.

    Der Kauf von besicherten Anleihen ist auch nach Einschätzung der DekaBank sinnvoll und eine Hilfe. Die angestrebte Summe von 60 Milliarden Euro könnte noch weiter aufgestockt werden, sagte Karsten Junius, EZB-Experte bei der DekaBank, am Donnerstag der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. Junius erwartet nicht, dass die EZB auch noch Staatsanleihen oder Asset Backes Securities (ABS) kaufen wird.

WEITERE LEITZINSSENKUNG NICHT AUSGESCHLOSSEN

    Trichet schloss zudem nach der Rückname des Leitzinses auf 1 Prozent eine weitere Leitzinssenkung nicht definitiv aus. Die Zinsen bezeichnete er zwar als "angemessen." Das unter allen Umständen das "niedrigst mögliche Niveau" habe man aber noch nicht erreicht. Ihren Einlagensatz hatte die EZB unverändert bei 0,25 Prozent belassen. Der Satz der Spitzenrefinanzierungsfazilität wurde überraschend deutlich um 0,50 Prozentpunkte von 2,25 Prozent auf 1,75 Prozent reduziert. Volkswirte erwarten jedoch, dass der Leitzins bei einem Prozent seinen Tiefpunkte erreicht haben dürfte. "Nur bei einer unerwarteten Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage ist mit einer weiteren Zinssenkung zu rechnen", sagte Schubert.

    Die Entscheidung habe berücksichtigt, dass der Preisdruck zunächst niedrig bleibe, sagte Trichet. Die mittelfristigen Inflationserwartungen in der Eurozone sind laut Trichet derzeit "fest verankert" und vereinbar mit der Inflationsdefinition der EZB. Die EZB strebt eine Inflationsrate von unter aber nahe bei zwei Prozent an. Die Jahresinflationsrate werde zunächst weiter fallen und zur Jahresmitte dürften die Verbraucherpreise im Jahresvergleich sogar sinken. Im späteren Jahresverlauf dürften sie jedoch wieder anziehen. Solche kurzfristigen Schwankungen seien aber nicht relevant für die Geldpolitik. Die monetäre Analyse bestätige einen weiter nachlassenden Preisdruck, da das Wachstum der Geldmenge und der Kreditvergabe weiter zurückgegangen sei.

ANZEICHEN FÜR STABILISIERUNG DER KONJUNKTUR AUF EINEM 'SEHR NIEDRIGEN NIVEAU'

    Die jüngsten Konjunkturdaten hätten erste Anzeichen für eine Stabilisierung der Konjunktur auf einem "sehr niedrigen Niveau" geliefert, sagte Trichet. Das erste Quartal sei sehr viel schwächer als erwartet verlaufen. "Das zweite Quartal wird aber eindeutig nicht so schlecht wie das erste." Für den Rest des Jahres 2009 sollte die Wirtschaftsaktivität aber schwach bleiben. Eine schrittweise Erholung der Konjunktur erwartet Trichet im Jahr 2010.

    Das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte werde seit Sommer 2008 durch den Rückgang der Rohstoffpreise gestützt, sagte Trichet. Zudem sollte die Nachfrage durch die makroökonomischen Stimulierungen gestützt werden.  

MASSNAHMEN ÜBERWIEGEND POSITV

    Volkswirte sehen die Maßnahmen der EZB überwiegend positiv. Die EZB hatbe gezeigt, dass sie nicht vor aggressiven Maßnahmen zurückschrecke, schreibt UniCredit Europa-Chefvolkswirt, Aurelio Maccario. Nach der jüngsten Sitzung sei eine weitere Leitzinssenkung nicht ausgeschlossen. Zudem sei die EZB offensichtlich auch bereit, "noch mehr Geld auf den Tisch zu legen", um eine Deflation und/oder eine Kreditklemme zu vermeiden./js/he