20.12.2013 17:24:58
|
Aachener Nachrichten: Der Wind dreht sich - Der Gipfel schiebt Merkels Wettbewerbspakt auf die lange Bank; Von Joachim Zinsen
Aachen (ots) - Allmählich scheint sich in Europa der Wind zu
drehen. Angela Merkel hat das während der vergangenen beiden Tage in
Brüssel zu spüren bekommen. Lange tanzten die meisten Staatschefs der
Eurozone nach ihrer Pfeife. Jetzt formiert sich deutlicher
Widerstand. Merkels Plan, alle Länder der Währungsunion auf einen
"Plan für Wettbewerbsfähigkeit und Konvergenz" zu verpflichten, ist
jedenfalls vom Gipfel auf die lange Bank geschoben worden.
Ursprünglich wollte die Kanzlerin den Pakt bereits im vergangenen
Sommer verabschieden lassen. Nun wird frühestens im Oktober kommenden
Jahres darüber entschieden. Für die meisten Menschen in Europa ist
das eine gute Nachricht. Denn hinter dem beschönigenden Namen
"Wettbewerbspakt" verbergen sich knallharte, neoliberale
Strukturreformen. Mit Einschnitten in die Sozialsysteme und durch
eine Deregulierung der Arbeitsmärkte sollen die Löhne in der Eurozone
gesenkt werden. Ähnlich, wie es derzeit in Spanien, Portugal oder
Griechenland durchexerziert wird. Dadurch glaubt die Kanzlerin, alle
Mitglieder der Währungsunion zu Exportnationen machen zu können, die
wie Deutschland - kräftige Überschüsse im Außenhandel erwirtschaften. Doch das kann nicht funktionieren. Innerhalb der Eurozone allein schon aus logischen Gründen nicht. Export und Import verhalten sich nämlich wie kommunizierende Röhren. Wenn ein Land mehr Waren ausführt als einführt, muss ein anderes Land mehr Waren einführen als ausführen. Lauter kleine Exportkönige - die gibt es vielleicht im Märchen, aber nicht in der ökonomischen Realität. Diese Zusammenhänge scheinen langsam auch der Kanzlerin zu dämmern. Deshalb verweist sie gerne auf die Globalisierung. Doch auch ihre Vorstellung, die gesamte Eurozone könne dank Lohndumping noch mehr Waren auf den Weltmärkten absetzen, hat einen Haken. Je stärker die Exporte aus der Eurozone nämlich steigen, desto kräftiger gerät auch die Gemeinschaftswährung unter Aufwertungsdruck. Der Dollar würde gegenüber dem Euro abgewertet. Damit wären die durch die Schwächung der eigenen Binnenkonjunktur teuer erkauften internationalen Wettbewerbsvorteile für die Eurozone schnell wieder futsch. Ob es allerdings ökonomische Einsichten sind, die immer mehr europäische Regierungschefs auf Distanz zu Merkels Lieblingsprojekt gehen lassen, ist fraglich. Eine stärkere Rolle dürften bei der Absetzbewegung politische Überlegungen spielen. Zum einen ist da die Furcht vor einer zu großen deutschen Dominanz. Zum anderen haben die schweren sozialen Verwerfungen in Südeuropa, die auch Folgen der Krisenpolitik made in Berlin sind, viele Regierungschefs vorsichtiger gegenüber Ratschlägen aus Deutschland werden lassen. Und schließlich stehen Europawahlen vor der Tür. Die Angst geht um, dass bei dem Urnengang viele Verlierer der Wirtschafts- und Finanzkrise rechtspopulistischen und europafeindlichen Gruppen ihre Stimme geben. Merkels "Wettbewerbspakt" könnte schnell zu Wasser auf den Mühlen dieser Kräfte werden. j.zinsen@zeitungsverlag-aachen.de
wie Deutschland - kräftige Überschüsse im Außenhandel erwirtschaften. Doch das kann nicht funktionieren. Innerhalb der Eurozone allein schon aus logischen Gründen nicht. Export und Import verhalten sich nämlich wie kommunizierende Röhren. Wenn ein Land mehr Waren ausführt als einführt, muss ein anderes Land mehr Waren einführen als ausführen. Lauter kleine Exportkönige - die gibt es vielleicht im Märchen, aber nicht in der ökonomischen Realität. Diese Zusammenhänge scheinen langsam auch der Kanzlerin zu dämmern. Deshalb verweist sie gerne auf die Globalisierung. Doch auch ihre Vorstellung, die gesamte Eurozone könne dank Lohndumping noch mehr Waren auf den Weltmärkten absetzen, hat einen Haken. Je stärker die Exporte aus der Eurozone nämlich steigen, desto kräftiger gerät auch die Gemeinschaftswährung unter Aufwertungsdruck. Der Dollar würde gegenüber dem Euro abgewertet. Damit wären die durch die Schwächung der eigenen Binnenkonjunktur teuer erkauften internationalen Wettbewerbsvorteile für die Eurozone schnell wieder futsch. Ob es allerdings ökonomische Einsichten sind, die immer mehr europäische Regierungschefs auf Distanz zu Merkels Lieblingsprojekt gehen lassen, ist fraglich. Eine stärkere Rolle dürften bei der Absetzbewegung politische Überlegungen spielen. Zum einen ist da die Furcht vor einer zu großen deutschen Dominanz. Zum anderen haben die schweren sozialen Verwerfungen in Südeuropa, die auch Folgen der Krisenpolitik made in Berlin sind, viele Regierungschefs vorsichtiger gegenüber Ratschlägen aus Deutschland werden lassen. Und schließlich stehen Europawahlen vor der Tür. Die Angst geht um, dass bei dem Urnengang viele Verlierer der Wirtschafts- und Finanzkrise rechtspopulistischen und europafeindlichen Gruppen ihre Stimme geben. Merkels "Wettbewerbspakt" könnte schnell zu Wasser auf den Mühlen dieser Kräfte werden. j.zinsen@zeitungsverlag-aachen.de
OTS: Aachener Nachrichten newsroom: http://www.presseportal.de/pm/61202 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_61202.rss2
Pressekontakt: Aachener Nachrichten Redaktion Aachener Nachrichten Telefon: 0241 5101-388 an-blattmacher@zeitungsverlag-aachen.de

Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!