06.10.2015 21:47:38

Allg. Zeitung Mainz: Schmutziges Geschäft / Kommentar zur Türkei und Europa, von Friedrich Roeingh

Mainz (ots) - Man sollte dem türkischen Präsidenten Erdogan nicht unterstellen, dass er den Zustrom hunderttausender syrischer Flüchtlinge über die griechischen Inseln nach Europa angeschoben hätte. Dass er seine Schlüsselfunktion in dieser Krisensituation aber genüsslich ausnutzen will, mag er allerdings nicht verbergen. Im Gegenteil. Sein Auftritt in Brüssel hatte etwas Triumphales: "Seht her, ohne mich werdet Ihr diesen Zustrom, der Deutschland, Schweden und andere Länder langsam überfordert und die EU zu spalten droht, nie in den Griff bekommen", ließ er seine Gestik und Mimik sprechen, während ihm Ratspräsident Tusk, Kommissionspräsident Juncker und Parlamentspräsident Schulz den Hof machten. Und natürlich gab er den Europäern noch keine Zusagen für den zwischen Brüssel und Ankara diskutierten Aktionsplan. Er wird sie mindestens bis zur türkischen Parlamentswahl zappeln lassen, um sich nicht nur international so teuer wie möglich zu verkaufen, sondern seine Schlüsselstellung auch für den zweiten Anlauf zum Parlamentssieg seiner AKP zu nutzen. Selten war Realpolitik schmerzlicher als in diesem Fall. Mit einem Mal sind die Missachtung der Pressefreiheit oder die Festnahmen unbotmäßiger Richter und Staatsanwälte trotz weiter laufendem Beitrittsgesuch zur EU nur noch türkische Innenpolitik. Der Sündenfall aber wird im Verrat an den Kurden liegen, wenn die EU die Türkei als sicheren Drittstaat anerkennt. So wahr es ist, dass ein guter Teil der Flüchtlinge, die zur Zeit zu uns kommen, keinen Anspruch auf Asyl haben, so sicher werden mit diesem Schritt Anwärter davon ausgeschlossen, die darauf dringend angewiesen sein werden.

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Pressekontakt: Allgemeine Zeitung Mainz Florian Giezewski Regionalmanager Telefon: 06131/485817 desk-zentral@vrm.de

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