18.09.2018 22:03:42

Allg. Zeitung Mainz: Verrückte Welt / Reinhard Breidenbach zum Fall Maaßen

Mainz (ots) - Ja, es ist eine ziemlich miese Nummer, die da über die Bühne geht. Und jeder Bürger hat Recht, wenn er fragt: "Haben die da oben noch alle Tassen im Schrank?" Das ist die eine Seite. Aber es gibt noch eine zweite. Die fragt: Was wäre die Alternative gewesen? Zerbrechen der Koalition? Neuwahlen? Eine Minderheitsregierung? Wir kommen nicht um die Erkenntnis herum: In dieser verrückten Welt wird auch die Lage der Politik immer vertrackter, auch wenn wir Lichtjahre von dem entfernt sind, was manche als "Weimar"-Menetekel an die Wand malen - Gerede, purer Unsinn. Aber immer öfter wird es in Zukunft geschehen, dass es nur die Wahl gibt zwischen Pest und Cholera - im übertragenen Sinn. Hans-Georg Maaßen war nicht mehr tragbar in seinem Amt. Dass er nun offenbar sogar "nach oben" befördert werden soll, darf man getrost als ungerecht bezeichnen oder als Schlag ins Gesicht anderer, die wegen weniger nach Hause geschickt werden. Aber Maaßen einfach vom Hof jagen? "Nur über meine Leiche", hat Seehofer vielleicht gesagt. Das wollte wohl nicht mal die SPD auf ihr Gewissen laden. Gewiss: auch das ein Deal, auch das kein sauberer. Jedoch waren es Menschen, wenn auch nicht alle, die die Welt zu dem gemacht haben, was sie ist: ein Ort, an dem man manchmal Fünfe gerade sein lassen und Teufel mit Beelzebub austreiben muss, damit uns der Planet nicht um die Ohren fliegt. Was keinesfalls bedeutet, dass man nicht diejenigen unterstützen muss, die ohne faule Kompromisse Wege suchen. Die Regierung regiert also weiter, erstmal. Aber alles hat seine Grenzen. Ende Juni, dreieinhalb Monate nach der Regierungsbildung: Staatskrise wegen Seehofer. Seitdem sind keine drei Monate vergangen: schon wieder Staatskrise. Und schon wieder mittendrin: Seehofer. Ein toller Rhythmus. Zwei Schlussfolgerungen. Erstens: Mit Seehofer, das kann kein Zufall sein, und das geht jetzt nicht mehr lange gut. Er hat viel geleistet, aber nun ist er am Ende seiner Kraft. Mit 69 darf er das sein, nach der Bayernwahl sollte er in Pension gehen. Zweitens: Wenn in drei Monaten die nächste Staatskrise droht, womöglich wegen der Maut oder wegen der Beziehungen Deutschlands zu Uganda, dann ist es wirklich genug. Dann soll halt jeder seiner Wege gehen und beim Wähler um Vergebung betteln. Dann kann sich die SPD auf sich selbst besinnen, die CSU ihr Verhältnis zur CDU und die CDU ihr Verhältnis zur Kanzlerin klären. Auch das extrem stressig, für die Bürger. Im Übrigen: Alle Querelen Merkel und ihrer vermeintlich verfehlten Flüchtlingspolitik anzulasten, die schlecht gemanagt, aber im Grundgedanken keineswegs verfehlt ist - das taugt schon lange nicht mehr als Generalausrede.

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