23.11.2023 10:04:38
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APA ots news: Zinsumfeld begünstigt abermaligen Gewinnanstieg des österreichischen Bankensektors
Präsentation des 46. Financial Stability Report der OeNB
Wien (APA-ots) - Durch den anhaltenden Kaufkraftverlust und die damit
verbundenen schlechteren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen steuert
Österreich 2023 auf eine milde Rezession zu. Gestiegene
Kreditzinssätze führten zu einem Anstieg der Finanzierungskosten für
Haushalte und Unternehmen, gleichzeitig aber auch zu einem Anstieg
der Zinsmargen der Banken. Während die Bankgewinne mit 7,3 Milliarden
Euro im ersten Halbjahr nochmals deutlich an Dynamik gewonnen haben,
sind die Risiken für den Bankensektor und die Finanzstabilität
gestiegen. Einerseits bremst der rasche Zinsanstieg das
Kreditwachstum und lässt andererseits eine zeitverzögerte Belastung
der Kreditqualität erwarten.
Kaufkraftverlust führt zu Rückgang der Wirtschaftsleistung
Die österreichische Wirtschaft steuert 2023 auf eine milde Rezession
zu. Mit dem Ende der Pandemie verschob sich die Nachfrage von
dauerhaften Konsumgütern zu Dienstleistungen und die Auflösung der
globalen Lieferengpässe führte global zu einem Abbau der aus Vorsicht
stark gefüllten Lager. Diese Rahmenbedingungen belasten vor allem die
Produktionsentwicklung der Industrie, im Bausektor und im
Einzelhandel. Trotz weiterhin hoher Lagerbestände bleiben
Unterbrechungen der Energieversorgung, beispielsweise durch eine
weitere Intensivierung des Kriegs in der Ukraine oder einer
Ausweitung des Konflikts im Nahen Osten, das größte Abwärtsrisiko für
die Konjunktur.
Bankensektor mit zinsumfeldbedingtem Gewinn trotz abflauender
Kreditnachfrage
Der österreichische Bankensektor hat seine Profitabilität weiter
ausgebaut, da höhere Zinssätze die Zinsmarge anstiegen ließen und die
schwächere wirtschaftliche Entwicklung sich noch nicht in der
Kreditqualität widerspiegelt. Außerdem verbesserten die Banken ihre
Kosteneffizienz und erwirtschafteten einen Gewinn von 2,7 Milliarden
Euro in Zentral-, Ost- und Südost-Europa. Der Gesamtgewinn fiel mit
7,3 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2023 mehr als doppelt so hoch
wie im Vorjahr aus. Einbehaltene Gewinne trugen dazu bei, dass der
österreichische Bankensektor eine harte Kernkapitalquote von 16,6 %
ausweist und sich auch im OeNB-Stresstest als resilient erweist.
Dennoch haben die österreichischen Großbanken im Vergleich zu ihren
heimischen aber auch ihren europäischen Wettbewerbern weiterhin
Aufholbedarf: Die aktuell stattfindende schrittweise Erhöhung
makroprudenzieller Kapitalpufferanforderungen stellt somit einen
wichtigen Schritt in die richtige Richtung dar.
Die signifikant gestiegenen Kreditzinssätze führten jedoch nicht nur
zu einer hohen Profitabilität der Banken, sondern auch zu einer
rückläufigen Nachfrage nach Krediten. Im September 2023 betrug das
Jahreswachstum bei Unternehmenskrediten 4,4 % und lag um mehr als die
Hälfte niedriger als noch Ende 2022. Gleichzeitig ging das
Kreditvolumen an Haushalte um 1,4 % zurück, getrieben von einer
negativen Entwicklung im Wohnbaubereich. Langfristig betrachtet
stellt dies eine gewisse Normalisierung nach Jahren sehr starker
Kreditvergabe dar und spiegelt einen momentan europaweit
feststellbaren Trend wider.
Die Vergabestandards für Wohnimmobilienkredite haben sich deutlich
verbessert, variabel verzinste Kredite sind verstärkt im Fokus der
Aufsicht
Seit der Verordnung zu kreditnehmer:innenbasierten Maßnahmen in
Österreich im Sommer 2022 haben sich die Vergabestandards für
Wohnimmobilienkredite deutlich verbessert und der Anteil der
nachhaltigen Kreditvergabe ist gestiegen. Dies erscheint umso
wesentlicher, als eine rezente Evaluierung der Maßnahmen zum Schluss
kam, dass die Systemrisiken aus der Wohnimmobilienfinanzierung in
einem Umfeld gestiegener Zinsen, höherer Lebenshaltungskosten und
wirtschaftlicher Unsicherheit weiterhin erhöht sind. Gleichzeitig
stellt die Verordnung durch ein im internationalen Vergleich hohes
Ausnahmekontingent von 20 % der vergebenen Kredite ausreichende
Flexibilität bei der Neukreditvergabe sicher. Im ersten Halbjahr 2023
blieb dieses Kontingent bei vielen Banken zu einem großen Teil
ungenutzt, da die Hälfte der Banken weniger als die Hälfte der
möglichen Ausnahmen in Anspruch nahm. Insgesamt beläuft sich das
nicht genutzte Ausnahmekontingent im 1. Halbjahr auf 650 Millionen
Euro. Aus systemischer Sicht bleiben auch die variabel verzinsten
Kredite im Fokus der Aufsicht. Diese werden zurzeit erneut stark von
Haushalten nachgefragt, bergen für die Kreditnehmenden allerdings
Zinsrisiken, die im letzten Jahr auch zunehmend schlagend wurden und
in einer bereits herausfordernden Zeit zu zusätzlichen Belastungen
führten.
Empfehlungen der OeNB zur Stärkung der österreichischen
Finanzstabilität
"Die Ertragssituation des Bankensektors in der ersten Jahreshälfte
2023 muss vor dem Hintergrund einer eingetrübten Wirtschaftslage
eingeordnet werden. Kreditausfälle treten im Regelfall erst zu einem
späteren Zeitpunkt auf, während die positiven Effekte der Zinswende
unmittelbar die Erträge steigern. Die sehr gute Ertragslage ist daher
die Grundlage für den Aufbau von Kapital, das die Stabilität des
Bankensektors weiter stärkt und Raum für künftige Kreditvergaben auch
in wirtschaftlich schwierigen Zeiten schafft", erläuterte
Vize-Gouverneur Gottfried Haber. Die weiterhin hohe Inflation, die
daraus resultierende straffe Geldpolitik und geopolitische Spannungen
in der Ukraine und im Nahen Osten stellen vielfältige
Herausforderungen dar. In diesem Umfeld ist zu erwarten, dass die
Zinsmarge des Bankensektors wieder sinkt und Kreditrisiken ansteigen.
Um für zukünftige Risiken in einem unsicheren Umfeld gewappnet zu
sein, empfiehlt die OeNB den Banken:
eine nachhaltige Stärkung der Kapitalbasis, unter anderem durch
Zurückhaltung bei der Gewinnausschüttung,
die Sicherstellung nachhaltiger Vergabestandards bei Wohn- und
Gewerbeimmobilienkrediten,
die adäquate Steuerung von Kredit- und Zinsrisiken,
insbesondere vorausschauende Risikovorsorgen in Verbindung mit
konservativen Sicherheitenbewertungen bei Gewerbeimmobilienkrediten,
und
die Absicherung der Effizienzsteigerungen zur Erhaltung einer
nachhaltigen Profitabilität.
Der halbjährlich in englischer Sprache erscheinende Financial
Stability Report der OeNB analysiert finanzstabilitätsrelevante
Entwicklungen in Österreich und im internationalen Umfeld sowie
Spezialthemen im Zusammenhang mit der Finanzstabilität.
Rückfragehinweis:
Oesterreichische Nationalbank
Mag. Maria-Elisabeth Faulmann
Pressesprecherin
(+43-1) 404 20-6900
maria-elisabeth.faulmann@oenb.at
www.oenb.at
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/156/aom
*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
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OTS0055 2023-11-23/10:00

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