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22.07.2016 16:57:28

AUSBLICK/Massiver Gewinnrückgang bei der Deutschen Bank erwartet

   Von Madeleine Nissen

   FRANKFURT (Dow Jones)--Kurz vor Veröffentlichung der Quartalszahlen kochen Spekulationen rund um die Deutsche Bank hoch. Gerüchte kursieren um die Postbank, eine Aufspaltung und um die ewige Frage, wie die Bank ihre Kapitaldecke verbessern will. Bislang gibt es mehr Fragen als Antworten. Doch mit einem können Anleger jetzt schon rechnen: Der Gewinn im zweiten Quartal wird wegen der hohen Kosten äußerst mager ausfallen. Die Geduld der Anleger, die nach dem Kursverfall der Aktie nach guten Nachrichten hungern, wird am Mittwoch bei Vorlage der Geschäftszahlen erneut auf eine harte Probe gestellt.

   WORAUF ANLEGER ACHTEN SOLLTEN:

Kosten, Kosten, Kosten Verhagelt wird das Ergebnis von den großen Kostenblöcken, allen voran die Prozesse. Bei der Hauptversammlung im Mai bezifferte Vorstandschef John Cryan die Zahl der Rechtsstreitigkeiten auf 7.800. Es werden also immer mehr. Davor war von rund 6.000 Prozessen die Rede. Dennoch verbreitete Cryan Zuversicht. "Bei aller Vorsicht sehe ich uns - was unsere Rechtsstreitigkeiten angeht - allmählich auf der Zielgeraden", sagte er. Im zweiten Quartal kämpft die Bank aber noch mit ihrem alten Problem. Die Analysten der UBS rechnen mit Rechtskosten in Höhe von 909 Millionen Euro. Für den Umbau kalkulieren sie 300 Millionen Euro mit ein.

Widrige Umstände kommen zu den hausgemachten Problemen hinzu Die Lage spitzt sich für die Bank zu. Von den Außenfaktoren, die die Bank nicht mit beeinflussen konnte, ist sicher das Votum der Briten für einen Austritt aus der Europäischen Union besonders schwerwiegend. Die Bank hat in Großbritannien 8.300 Mitarbeiter, davon 7.000 in London. Nach Worten von Sylvie Matherat, die im Vorstand für Aufsichtsthemen verantwortlich ist, fühlt sich die Bank in der Brexit-Situation "komfortabel" aufgestellt. "Wenn London seinen bisherigen Status beim Passporting verliert, kann dies zu einem Wettbewerbsvorteil für Banken in Kontinentaleuropa werden", sagte sie jüngst bei einer Panel-Diskussion.

   Doch der Aktienmarkt ist kritisch. Bankaktien sind nach wie vor unter Druck, allen voran die Titel der Deutschen Bank. Ihre Papiere erholen sich tageweise zwar immer wieder etwas, aber insgesamt pendelt die Aktie nur leicht über bisherige Tiefstände. Zum Leidwesen der Deutschen Bank. "Der Markt hat (in seiner Reaktion) keinerlei Unterschiede gemacht", sagte Matherat.

Im Kern gut aufgestellt? Die Vorstandsriege der Deutschen Bank betont immer wieder, die Bank sei operativ profitabel. Das stimmt im Wesentlichen für die Vermögensverwaltung. Dort sprudeln die Gewinne, obwohl der Reputatationsschaden nach der Übernahme von Sal. Oppenheim groß war. Vor allem Kunden aus Unternehmerfamilien kritisierten den bisweilen harschen Umgang mit ihren Belangen, nachdem sie mit Sal. Oppenheim viel Geld verloren hatten. Doch unter der Führung des damaligen Vorstands Michele Faissola schaffte die Bank, das Ruder wieder herum zu reißen. In den anderen Geschäftsfeldern ist die Lage weniger strahlend. Vor allem das Investmentbanking müsste mehr abwerfen.

   Die Zeichen aus den USA, wo die Investmentbanken bereits Zahlen veröffentlicht haben, geben keine klare Richtung vor. Branchenführer wie J.P. Morgan konnten die Erwartungen übertreffen. Ob die Deutsche Bank an diese starken Vorgaben anschließen kann, ist fraglich. Die extremen Konditionen Ende Juni, als die Briten ihr Votum über den Brexit abgaben, hätten das Potenzial für sowohl positive als auch negative Überraschungen, erklären die Analysten von UBS.

   Die hohen Volumina nach der Wahl in Großbritannien dürften nach Einschätzung der WGZ Bank zwar gut für das Handelsgeschäft sein, aber unterm Strich rechnen die Analysten mit sinkenden Erträgen im Wertpapierhandel.

Was passiert mit der Postbank? Verkaufen, Börsengang, Verbleib im Konzern - jedes Szenario wird aktuell durchgespielt. Ein Verkauf oder Börsengang der Postbank im nächsten Jahr könnte die Kernkapitalquote nach Berechnungen der UBS um 100 Basispunkte aufstocken. Das Problem: Ein Käufer ist nicht in Sicht und ein Börsengang droht angesichts der Unsicherheiten am Kapitalmarkt zu einem Flop zu werden.

Gerücht um eine Aufspaltung Bei Bekanntgabe der Zahlen wird möglicherweise Vorstandschef John Cryan etwas zu den Gerüchten über eine Aufspaltung sagen. Die Bank hatte zwar einen Magazinbericht dementiert, wonach Mitarbeiter eine Aufspaltung des Konzerns in einen Kapitalmarkt- sowie einen Privat- und Firmenkundenteil prüfen; doch die Spekulationen halten sich trotzdem. "Beim Projekt Jade geht es nicht darum, die Bank aufzuspalten", erklärte die Bank mit. "Es ist vielmehr ein schon länger laufendes Projekt mit dem Ziel, die Deutsche Bank in sich und ihrer Struktur zu vereinfachen." Die Frankfurter hatten bereits vor einiger Zeit verkündet, die Zahl ihrer vielen Rechtseinheiten senken zu wollen und die Strukturen zu vereinfachen. Offenbar sehen Anleger aber noch Klärungsbedarf.

Kapital muss aufgestockt werden Die Liste, warum es für die Bank schwierig ist, ihre Kernkapitalquote von 10,7 Prozent auf die angestrebten 12,5 Prozent zu erhöhen, ist lang. Angefangen bei einer niedrigen Eigenkapitalrendite, den hohen Umbau- und Rechtskosten, einem schwierigen operatives Umfeld bis hin zu widrigen Makrotrends. Helfen wird der Bank der angekündigte Verkauf ihres Anteils an der chinesischen Hua Xia. Und, sollte ein Börsengang noch gelingen, wird sich auch die Postbank positiv auf das Kapital auswirken. Die Kernfrage für Investoren bleibt aber, ob das reicht, um eine erneute Kapitalerhöhung abzuwenden.

   Kontakt zur Autorin: Madeleine.Nissen@wsj.com

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   July 22, 2016 10:25 ET (14:25 GMT)

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