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27.11.2016 12:53:00

Badelt ortet "politisches Versagen" bei Mindestsicherung

Der Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Christoph Badelt, sieht in den gescheiterten Verhandlungen über eine Reform der Mindestsicherung ein "politisches Versagen". Für nötig hält Badelt eine Reform der Abgabenstruktur und langfristig eine Pensionsreform, wie er am Sonntag in der ORF-"Pressestunde" erläuterte.

Die Debatte über die Mindestsicherung geht für den Wifo-Leiter in die falsche Richtung. Das Gewicht der Diskussion stehe nicht im Einklang mit den Kosten, weil die Mindestsicherung weniger als eine Milliarde Euro ausmache und damit nur rund ein Prozent der gesamten Sozialausgaben. Aber sozial werde "ein Feuer angezündet, das man schwer löschen kann".

Badelt warf der Politik vor "dem Biertisch" nachzureden, indem die Mindestsicherungsbezieher und die Flüchtlinge mit Mindestpensionisten verglichen werden. "Wirklich empörend" findet es der Wifo-Leiter, dass man die Auszahlung der Mindestsicherung teilweise an Deutschkurse knüpfen wolle, weil man damit den Eindruck erwecke, dass Flüchtlinge nicht Deutsch lernen wollten. Gegen einen Deckel von 1.500 Euro für Familien hat Badelt nichts einzuwenden. Auch gemeinnützige Arbeit für Asylwerber findet er in Ordnung, weil diese auch selbst etwas tun wollen.

Eine Pensionsreform hält der Wifo-Chef langfristig für notwendig, weil das Budget die Kosten langfristig nicht aushalten werde. Den Kopf zerbrechen müsse man sich auch über den Übergang vom Erwerbsleben in die Pension, weil viele Menschen Gesundheitsprobleme haben. Hier brauche es Präventionsmaßnahmen. Die 100 Euro-Einmalzahlung zusätzlich zur Pensionsanpassung um 0,8 Prozent ist für Badelt "reiner Populimus". Für "genau so viel oder genau so wenig sinnvoll" hält er das im Abtausch damit beschlossene Erlassen der Sozialversicherungsbeiträge für das letzte Quartal für 80 Prozent der Bauern.

Eine seriöse Gesamtreform wünscht sich Badelt für die Steuern und Abgaben. Den Faktor Arbeit will er entlasten, Energie dafür stärker belasten. Bei Diesel ist er gegen die begünstigte Besteuerung, aber vor einer Streichung müsse man sich anschauen, wer davon wie betroffen wäre. In Sachen Vermögenssteuern ist Badelt bezüglich einer Bestandsbesteuerung skeptisch, er kann sich aber durchaus vorstellen, den Zufluss von Geld und Vermögen stärker zu besteuern. Bei der Entlastung des Faktors Arbeit plädiert der Wifo-Chef dafür, die Sozialabgaben vor allem für Niedrigverdiener zu senken. Bezüglich der von der SPÖ geforderten Wertschöpfungsabgabe ist er "persönlich skeptisch", will darüber aber seriös und ergebnisoffen diskutieren. Grundsätzlich plädiert Badelt aber dafür, sich zunächst das Gesamtsystem genau anzuschauen und dann zu entscheiden, ob man bei einzelnen Steuern etwas verändert.

(Schluss) mk/snu

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