27.08.2013 22:59:59
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Badische Neueste Nachrichten: Ein Drama
Karlsruhe (ots) - Christian Wulff hätte es einfacher haben können.
20 000 Euro - und die Sache wäre zwar nicht aus der Welt, aber
zumindest juristisch erledigt gewesen. Nun steht er ab November als
erster ehemaliger Bundespräsident in Deutschland vor Gericht. Ein
Mann, der innerhalb kurzer Zeit nicht nur sein Amt und seine Ehefrau
verloren hat, sondern auch viel von seiner Reputation. Aus solchem
Stoff sind ansonsten Rosamunde-Pilcher-Filme gemacht. Um wenigstens
seinen guten Ruf wieder halbwegs herzustellen, hat Wulff sich im
Frühjahr nicht auf einen Kuhhandel mit der Staatsanwaltschaft
eingelassen, den sogenannten Strafbefehl. Wulff und sein Freund, der
Filmunternehmer David Groenewold, wollen sich nicht unauffällig
freikaufen, sondern einen Freispruch erster Klasse. Ob sie ihn auch
bekommen, weiß im Moment noch niemand. Vor Gericht und auf hoher See,
sagt der Volksmund aus gutem Grund, sei jeder Mensch in Gottes Hand
... Fürs Erste allerdings darf der Alt-Bundespräsident sich durchaus
als Punktsieger im Clinch mit seinen Anklägern fühlen. Das
Landgericht Hannover hat deren Vorwürfe deutlich entschärft, sie aber
auch nicht zur Gänze verworfen. Nach der langen, peinlichen
Vorgeschichte, in der einige Medien aus Justizkreisen sehr gezielt
mit Informationen und Indiskretionen aus der Akte Wulff gefüttert
wurden, will Richter Frank Rosnenow sich offenbar auf keinen Fall dem
Vorwurf aussetzen, er behandle den prominenten Verdächtigen jetzt
umgekehrt zu großzügig. Dass seine Kammer das Verfahren eröffnet,
bedeutet ja noch lange nicht, dass sie Wulff am Ende auch verurteilt.
Die Unschuldsvermutung gilt auch für ehemalige Bundespräsidenten. So
oder so bleibt das Drama um einen umstrittenen Privatkredit, einen
unbeherrschten Anruf bei einem prominenten Journalisten und um zwei
eher unspektakuläre Besuche mit Groenewold auf dem Oktoberfest in
München und auf der Ferieninsel Sylt ein Stück aus dem politischen
Absurditätenkabinett. Gemessen an dem Aufwand an Zeit, Geld und
Personal, den die Staatsanwaltschaft betrieben hat, um den Vorwurf
der Bestechlichkeit gegen den damaligen Ministerpräsidenten Wulff zu
belegen, ist die Substanz der Anklage erstaunlich dünn. In der Summe
geht es um nicht einmal 1 000 Euro. Der Preis, den Christian Wulff
tatsächlich bezahlt, ist deutlich höher. Auch ein Freispruch erster
Klasse bringt dem früheren Bundespräsidenten das Amt, das er nicht
einmal 20 Monate ausfüllen durfte, nicht mehr zurück. Das Happy End
aus dem Pilcher-Film wird ihm verwehrt bleiben.
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