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20.09.2013 22:47:58

Badische Neueste Nachrichten: Zwei Kreuze in vier Jahren

Karlsruhe (ots) - Die Verfassungsväter sind dem Lebensgefühl des modernen Menschen weit entgegengekommen: Nur an einem einzigen Tag alle vier Jahre muss sich ein Bundesbürger auf den Weg machen, um die Richtschnur für die Politik in der Bundesrepublik vorzugeben. Den Rest übernehmen jene über 600 Männer und Frauen, die dann im Parlament über die xte Änderung des Sozialgesetzbuchs, die Regelungen zur Förderung von Solaranlagen oder die Anschaffung einer neuen Kampfausrüstung für Bundeswehrsoldaten entscheiden. Eine klug durchdachte Arbeitsteilung, an sich. Aber selbst die überzeugt viele nicht: Sie lehnen es ab, ihre zwei Stimmen zur Bundestagswahl abzugeben. Die Argumente der Wahlverweigerer sind sattsam bekannt, sie reichen von pseudo-akademischen Sprüchen über verantwortungslose "Unlust" bis zur entwaffnenden Bekenntnis, man wisse eh nicht, "was richtig ist." Das, übrigens, wissen auch die Volksvertreter letzten Endes nicht. Aber zum Wesen der Demokratie gehört es, dass sie sich darum mühen. Und wir alle hoffen, dass sich aus dem Ringen um Mehrheiten die vernünftigste Lösung ergibt - vernünftiger, nachvollziehbarer und konsensfähiger jedenfalls als das, was in Staaten ohne demokratisches Grundprinzip entschieden wird. Freilich ist dieses Ringen und Streiten der Parteien zuweilen ermüdend, zumal die Unterschiede oft gar nicht mehr so leicht zu erschließen sind. Dennoch ist es falsch, diesen Wahlkampf als "langweilig" abzutun. Dieser Wahlkampf lieferte ein Abbild dessen, was die politische Agenda derzeit bietet. Und er lieferte ein Abbild jenes Grundgefühls, in dem sich Deutschland etwa von den Vereinigten Staaten unterscheidet: Kleine Schritte statt große Ideen. Im Zeitalter globalen Tuns und Denkens ist wohl auch kein Platz mehr für mutige Alleingänge. Die großen Würfe sind nur noch im Einklang mit europäischen und transatlantischen Partnern möglich. Allerdings bedarf es einer starken Bundesregierung, um sich zu behaupten. Gleichzeitig ist das private Leben heute vom frühen Morgen bis zum späten Abend abertausendfach durchgeregelt. Wer dies ignoriert und als Bürger nicht wählt, der tut so, als würde er einfach nicht dazugehören zu einer Gesellschaft, die ihren Bürgern einen überdurchschnittlichen Lebensstandard sichert und ein enges Netz sozialer Hilfen für jeden bereit hält. Wer nicht wählt, macht sich lustig über all die Anstrengungen von Parlamentariern. Und er muss sich nicht wundern, wenn "die da oben" irgendwann wirklich nur noch das tun, was sie wollen. Der Gang zur Wahlurne ist das mindeste, was der Bürger an Respekt und Anerkennung zum Ausdruck bringen kann: Gut, dass es Menschen gibt, die sich für die Ordnung eines komplexen Staatsgebildes einsetzen. Überfordert haben die Verfassungsväter keinen. Es reichen zwei Kreuzchen in vier Jahren.

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Pressekontakt: Badische Neueste Nachrichten Klaus Gaßner Telefon: +49 (0721) 789-0 redaktion.leitung@bnn.de

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