10.06.2018 22:53:42
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BERLINER MORGENPOST: Träge Verwaltung / Kommentar von Martin Nejezchleba zu Berliner Verwaltung
Der vollständige Kommentar: 278 Tage. So lange wartet eine alleinerziehende Mutter jetzt in Tempelhof auf den Unterhaltsvorschuss für ihren Sohn. Nach neun Monaten pampigen Vertröstens aus dem Jugendamt dann eine erste Antwort: Sie soll Unterlagen nachreichen. Die Frau ist alles andere als ein Einzelfall. Allein im Jugendamt von Tempelhof-Schöneberg türmen sich 3500 unbearbeitete Anträge, Tausende Alleinerziehende warten auf nötiges Geld für ihre Kinder. Wer sich auf die Suche nach den Gründen macht, findet sich in einem Déjà-vu wieder. Man könnte das Thema beliebig ersetzen - Kitaplätze, Schulbau, Lehrermangel. Jetzt also der Unterhaltsvorschuss. Die Berliner Verwaltung ist zu träge, um den Bürgern das zu bieten, was ihnen zusteht. Auch diesmal ist es eine Behördenkrise mit Ansage. Unterhaltsvorschuss zahlt die Kommune an Alleinerziehende, wenn der andere Elternteil seinen finanziellen Verpflichtungen für das Kind nicht nachkommt. Seit Anfang 2017 diskutierte der Bundestag über die Ausweitung der Zahlungen. Im August 2017 trat die Neuregelung in Kraft. Statt nur bis zum 12. Lebensjahr kann der Vorschuss jetzt bis zur Volljährigkeit bezogen werden. Bis heute, knapp ein Jahr später, haben die Bezirksämter nicht die Voraussetzungen geschaffen, um dem Rechtsanspruch gerecht zu werden. In allen Bezirken gibt es Probleme, Tempelhof-Schöneberg ist trauriger Spitzenreiter. Zur Verteidigung des Jugendamts: Die Antragsbearbeitung ist ein bürokratischer Kraftakt, die Fälle haben sich fast vervierfacht, das Personal war schon vorher knapp. Aber: Das alles war voraussehbar. Jetzt sagt der Senat: Bedauerlich, aber die Bezirke sind schuld. Man habe ihnen schließlich 72 neue Stellen spendiert. Was dabei nicht gesagt wird: Die Stellen wurden zu gleichen Anteilen auf die Bezirke verteilt, statt zu prüfen, wo der Bedarf am größten ist. Auch technokratische Bevormundung aus dem Senat ist Teil dieses Déjà-vus.
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