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31.03.2011 17:32:34

Börse Frankfurt-News: "Das Schattenbank-Monster" (Kolumne von Oliver Roth)

    FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 31. März 2011. Um Drogen zu verbieten, muss man Schlupflöcher schließen und Mittel zur Kontrolle zur Verfügung zu stellen. Die internationale Bankenregulierung täte gut daran, dem Beispiel zu folgen, denn der "Schattenbanksektor" wächst besorgniserregend.

 

In der "Prohibition" (1919-1933) waren in den USA der Verkauf, die Herstellung und der Transport von Alkohol landesweit verboten. Unter dem steigenden Druck der "Enthaltungsbewegung" -die eng mit der Frauenbewegung verknüpft war- und der fortschreitenden Lebensmittelknappheit durch den Ersten Weltkrieg, entschied der US Senat am 18.12.1917 den "Prohibition Act". Obwohl Alkoholkonsum fortan verboten war, wurde von den Behörden zu wenig getan, um das Gesetz voll durchzusetzen. Zu viele Ausweichmöglichkeiten (Fluchtwege) waren vorhanden, um den Alkohol nun illegal zu vertreiben und zu konsumieren. Das Geschäft war extrem lukrativ, denn die Gewinnspannen des "Schattenmarkts" waren hoch. So lohnte es sich, selbst das Risiko der Entdeckung auf sich zu nehmen. In sogenannten "Flüsterkneipen" wurde fortan der "Sprit" unter der Hand veräußert. Und die Behörden hatten nicht die Mittel und den Willen, um diesem Treiben ein Ende zu setzen.

 

Nach den Verwerfungen der Finanzkrise, die durch den weltweiten Verkauf von wertlosen US-Immobilien Verbriefungen ihren Höhepunkt fanden, waren die Regierungen der G-20 Staaten bemüht, die Finanzwelt neu zu ordnen. Die Regulierung der internationalen Finanzmärkte hatte dabei höchste Priorität. Das "Monster", das man geschaffen hatte, sollte gezähmt werden. Doch nur die Bankenregulierung stand im Fokus der Neuordnung. Über ein Finanzmarkt-Reformpaket (Basel III) wird seither in der Schweiz verhandelt, um die in der Finanzkrise offenbarten Schwächen des Systems zu beseitigen. Viele Details des Reformpakets sind bereits durchgesickert. Dazu gehören erhöhte Eigenkapitalanforderungen für Banken, verbesserte Risikodeckung, eine Verschuldungsgrenze für Banken und Maßnahmen gegen systemische Risiken. Allerdings greifen die Maßnahmen erst nach einer mehrjährigen Übergangszeit. Doch reicht das alles aus, um eine weitere Finanzkrise zu verhindern? Wenn es sich im Finanzsektor nur um die Banken handeln würde, könnte man - sobald die Reformen auch greifen - etwas beruhigter schlafen.

 

Doch international agierenden Banken haben sich "Schlupflöcher" oder "Flüsterkneipen" gegen derartige Regulierungszwänge gebaut. In diesen "Flüsterkneipen" wird unkontrolliert und ungeprüft mit Billionen US-Dollar "auf Teufel komm raus" gezockt. Es sind die gleichen Verdächtigen, mit denen wir bereits in der jüngsten Finanzkrise unliebsame Bekanntschaft gemacht haben. Hedge Fonds, Private Equity Firmen und Zweckgesellschaften. Internationale Investment Banken kaufen sich oder gründen Gesellschaften, mit denen sie Geschäfte nach eigener Facon betreiben können. Um einen Eindruck von der Größenordnung des "Schattenbankmonsters" zu erhalten, sollte man folgende Zahlen kennen: Alleine in den USA sind die Verbindlichkeiten von "Schattenbanken" auf 15,3 Billionen US-Dollar in den letzten paar Jahren angewachsen. Das entspricht der Gesamtverschuldung der USA. Die Schulden des öffentlichen Bankensektors betragen dagegen "nur" 12,9 Billionen US-Dollar. Je mehr der offizielle Bankensektor reguliert wird, desto mehr Geld fließt in die "Flüsterkneipen". Dort sind die Gewinnmargen, im Gegensatz zum offiziellen Banksektor, hoch. Nun wird es höchste Zeit, dass wir auch Hedge Fonds, Zweckgesellschaften und - nicht zu vergessen - den Optionsscheinmarkt (600 Billionen US-Dollar Volumen) an die Leine nehmen. Schlupflöcher müssen endlich gestopft werden, bevor es zu spät ist. Das ist alles längst bekannt, denn auch EZB-Chef Jean Claude Trichet warnte kürzlich vor der Gefahr, die vom "Schattenbankensektor" ausgeht. Was fehlt, ist nur die Entschlossenheit der G-20 Regierungschefs, geschlossen für Reformen zu sorgen. Wenn die Politiker nicht bald den Willen zeigen, Mittel zur Regulierung der "Flüsterkneipen" zur Verfügung zu stellen, dann wird die Rechnung einiger Finanzhaie wieder aufgehen. Wenn dann wieder was schief geht, dann rettet der Steuerzahler erneut das System und die Verantwortlichen können für den Rest ihres Lebens Golf spielen.

 

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© 31. März 2011/Oliver Roth

 

* Oliver Roth ist der Kapitalmarktstratege der Close Brothers Seydler Bank AG, ein eigenständiges Tochterunternehmen der an der London Stock Exchange gelisteten Close Brothers Group plc, London. Mehr über Oliver Roth auf www.oliver-roth.de.

 

Dieser Artikel gibt die Meinung des Autors wieder, nicht die der Redaktion von boerse-frankfurt.de. Sein Inhalt ist die alleinige Verantwortung des Autors.

 

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

 

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