30.05.2008 16:00:00
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Börse Frankfurt-News: Inflation legt Zinserhöhung nahe (Anleihenmarktbericht)
"Reichlich verzerrt war das Bild, dass uns der Bund-Future zum Wochenstart vom Markt geliefert hat. Die Feiertage in London und New York waren deutlich zu spüren. Und die Lethargie, die viele Marktteilnehmer erfasst hat, dauert noch an", fasst Aleksandar Bakrac von Equinet die Woche im Rentenhandel zusammen.
Die Marktteilnehmer beschäftigt diese Woche vor allem die Inflationsgefahr. "Die EZB betonte mal wieder die Notwendigkeit einer Zinserhöhung im Euroraum", erzählt Bakrac. Doch habe sie ihre hawkische Meinung insofern etwas eingeschränkt, als dass sie eine weiterhin ansteigende Inflationsrate und eine Beruhigung der Lage an den Finanzmärkten zur Voraussetzung für einen derartigen Schritt erklärte. Aber nichtsdestotrotz bleibt die Grundaussage: Im Kreise der EZB würde man lieber früher als später an der Zinsschraube drehen.
Im Mai sind die Preise in der Eurozone um 0,6 Prozent gestiegen, verglichen mit dem Vorjahreszeitraum ist eine Infaltion von 3 Prozent zu verzeichnen. Der deutlich angestiegene Preis für Rohöl und die daraus gewonnenen Produkte schlugen massiv auf die Inflationsrate durch. Damit wird der Spielraum der Notenbank, zur Bekämpfung eventueller Wachstumsdellen an der Zinsschraube zu drehen, weiter eingeengt.
Rententitel sind also billiger geworden und die Rendite der zehjährigen Bundesanleihe liegt bei 4,33 Prozent.
Die anziehenden Renditen locken auch die ETF-Käufer wieder auf den Plan. Nach Aussagen der Market Maker im Rentenfondshandel von der HypoVereinsbank kaufen Anleger vor allem ETFs mit langen Restlaufzeiten wie den iShares eb.rexx Government Germany 5,5-10,5 (DE) (WKN 628949) und das gleiche Produkt mit Restlaufzeiten über 10,5 Jahren (WKN A0D8Q3). ETFs mit Jumbo-Pfandbriefen sind dagegen weniger beliebt. Der iShares eb.rexx Jumbo Pfandbriefe (DE) (WKN 263526) wird überwiegend verkauft. Zum Seitenanfang
Anleihen weniger gefragt
Beim Handel mit einzelnen Pfandbriefen halten sich Käufe und Verkäufe die Waage. "Vor allem bei Restlaufzeiten unter sechs Monaten kommt es zu Rückflüssen, während sich Käufer für zwei- bis dreijährige Papiere finden", beobachtet Arthur Brunner von der ICF AG. Vor allem sei eine Anleihe der Hypothekenbank Essen (WKN HBE0CE) gefragt gewesen. Das Papier hat einen Kupon von 2,125 Prozent und läuft bis Anfang Mai 2010. Bei einem Kurs von 95,68 beträgt die Rendite 4,52 Prozent.
Innovation von der Finanzagentur
Das für den Anleger vielleicht interessanteste Thema kommt in dieser Woche von der Bundesfinanzagentur, die das erste neue Bundeswertpapier für Privatanleger seit 30 Jahren präsentiert hat, die "Tagesanleihe". Das Papier tritt in direkte Konkurrenz zu den Tagesgeldkonten der Banken und legt für diese die Messlatte sehr hoch. Auch für Geldmarktfonds könnte die Luft dünn werden, denn die Konditionen der Tagesanleihe haben es in sich. Neben bester Bonität und keinerlei Kursrisiko bietet sie auch noch eine äußerst attraktive Verzinsung für den Anleger. Diese richtet sich nach dem EONIA-Satz, dem Satz der Tagesausleihungen unter Banken, und wird täglich neu festgestellt. Da die Zinsen über Erhöhung des Tagespreises jeden Tag gutgeschrieben werden, ergibt sich zudem ein täglicher Zinseszinseffekt. "Bei einem EONIA-Satz zwischen 2 und 6 Prozent beträgt die Verzinsung 92,5 Prozent von diesem Satz, was aktuell 3,7 Prozent bedeuten würde", erklärt Brunner. Bei einem EONIA-Satz unter 2 Prozent beträgt der Abschlag zum Eonia 0,15 Prozent, über 6 Prozent 0,45 Prozent. Der Kunde kann die Anleihe gebührenfrei auf einem Einzelschuldbuch bei der Bundesrepublik Deutschland-Finanzagentur verwahren. Die Anleihe wird ab 11. Juli im Handel sein.
Klaus Stopp von der Baaderbank kommentiert die geplante Emission ebenfalls in seinem wöchentlichen Rentenmarktbericht: "Bisher hat man sich nicht einer solch kurzfristigen Mittelaufnahme außerhalb des Interbankenhandels bedient und es stellt sich dem kritischen Leser die Frage, was der echte Hintergrund ist? Bei der Eröffnung eines solchen Kontos werden sicherlich Daten erfasst und können nach einer Auswertung Fragen aufwerfen. Es ist ein Schelm, der Böses dabei denkt."
Euro schwächer
Emerging Markets-Währungen zeigen sich diese Woche freundlich - verbunden mit der Schwäche, die der Euro in den vergangenen Tagen zeigt. Mit den steigenden Renditen im Rentenmarkt greifen Anleger nach Beobachtungen von Daniel Förtsch von der Wertpapierhandelsgesellschaft Walter Ludwig wieder vermehrt nach Unternehmensanleihen. Er beobachtet hier zunehmend Käufe neben den bereits seit Wochen beliebten Bankanleihen. "Die Anleihe der Woche war sicherlich die Neuemission aus dem Hause BMW", meint Förtsch. Das bis 2015 laufende Papier (WKN A0TVE8) ist mit 5 Prozent verzinst.
Türkische Eurobonds verlieren
"Immer wieder kommen Gerüchte auf, dass die Türkei eine neue Euro-Anleihe emittieren wird bzw. eine alte aufstocken wird", berichtet Förtsch vom Handel mit Bonds aus den Schwellenländern. Euro-Anleihen der Türkei haben durch dieses Gerücht über alle Laufzeitbereiche im Kurs etwas verloren. "Die türkische Regierung hat eine Neuemission dementiert."
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© 30. Mai 2008/Dorothee Liebing
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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