06.09.2021 16:53:38
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Börse Frankfurt-News: "Steht uns an den Märkten ein rauer Herbststurm bevor?"
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Fondsmanager Peeters fragt sich, ob mit der bevorstehenden kühleren Jahreszeit auch ein Ende der Hausse ins Börsenhaus steht. Und sieht auch einige Argumente dagegen.
6. September 2021. FRANKFURT (pfp Adisory). Der Spätsommer zeigt sich dieser Tage von seiner schönsten Seite mit strahlendem Sonnenschein und angenehm warmen Temperaturen. Das ändert indes nichts daran, dass der Herbst unaufhaltsam vor der Tür steht. Eine Jahreszeit, die nicht nur mit kürzeren Tagen und kälterem Wetter, sondern auf dem Börsenparkett auch gerne mit plötzlichen, starken Einbrüchen und hoher Volatilität assoziiert wird. Werden auch dieses Jahr Thermometer und Börsenbarometer im Gleichklang fallen? Auch 2021 stellen sich viele Anleger diese Frage und sind auf der Suche nach den potenziellen Auslösern eines möglichen Bärenmarktes.
Davon gibt es über den einfachen aber validen Umstand, dass Märkte bereits sehr lange und weit gelaufen sind, durchaus noch einige weitere Gefahrenherde. Die Volkswirtschaften scheinen den Großteil ihres Aufholeffekts nach dem Corona-Einbruch bereits hinter sich gebracht zu haben. Und unverändert wird der Aufschwung durch viele Engpässe, etwa bei Halbleitern und chemischen Vorprodukten, erschwert. Geopolitisch ist die Gemengelage zwischen den Großmächten USA, China und Russland unverändert so, dass es zu plötzlichen Verwerfungen kommen kann, die nicht nur die Märkte erschüttern. Das Beispiel Taiwan ist vielleicht das visibelste Risiko, aber bei weitem nicht das einzige. Als wäre das alles nicht genug, ziehen in Deutschland politische Wolken auf, deren Brisanz kaum abschätzbar ist. Sollten wir in einigen Wochen auf eine Regierung mit Beteiligung einer sozialistischen Partei hinsteuern, würde dies wohl nicht nur bei Anlegern gehörig Unruhe verbreiten.
Vor dem Hintergrund dieser und weiterer möglicher Brennpunkte verhält sich der Aktienmarkt unverändert ruhig und stabil, bemerkenswert. Aber dies nur, solange man die Dividendenpapiere alleine betrachtet. Im Gesamtbild der Kapitalmärkte, etwa inklusive Immobilien, Renten oder auch bei primären Spekulationsobjekten mit begrenztem inneren Wert wie Gold oder Bitcoin gibt es ein sehr stimmiges Bild: Praktisch alle Assets werden teurer, ich schreibe bewusst nicht wertvoller. Oder spiegelbildlich gesprochen: Die Papierwährungen verlieren auf breiter Front an Wert. Dies ist ein Phänomen, das den Kapitalmarkt ("Asset Price Inflation") schon seit geraumer Zeit spürbar prägt und jetzt in 2021, durchaus mit Wucht auch bei den Verbraucherpreisen ankommt. Inflation ist streng genommen ein Thema, das an Brisanz und Wucht vieles andere übersteigt.
Ein Anstieg der Inflation, die ja nun selbst in den offiziellen Statistiken die höchsten Werte seit Dekaden aufweist, bahnt sich 2021 stetig und deutlich an. Ich hatte dies auch an dieser Stelle vor Monaten thematisiert, vor dem Hintergrund, wie es an der "Fron" bei vielen Unternehmen aussah und immer noch aussieht. Für mich folglich eher eine Frage der Zeit ist, bis dies beim Verbraucher ankommt (der nebenbei gesagt ja abseits des "Einkaufskorbs" ja schon seit Jahren mit dem Fakt konfrontiert ist, dass Wohneigentum vielerorts bereits unerschwinglich wurde). Und nun folgt die nächste "kalte Dusche" an der Supermarktkasse und der Zapfsäule.
Die Gelassenheit, mit der die Notenbanken bislang mit dem Thema umgehen, die Entwicklung auf temporäre Effekte zu reduzieren, verwundert inhaltlich, aber weniger politisch. Denn es ist so, dass die ausgeuferte Verschuldung und die massiv aufgeblasenen Bilanzen der Notenbanken vielleicht schon einen "Point of no return" markieren. Wie die Staaten und Unternehmen weltweit die Zinsen schultern sollen, wenn diese um sagen wir mal 500 Basispunkte anziehen, was vor dem Hintergrund der aktuellen Geldentwertung noch nicht mal absurd wäre, erschließt sich zumindest mir nicht.
Vor diesem Hintergrund halte ich, neben vielen anderen Szenarien natürlich, durchaus für denkbar, dass die Liquiditätsparty ungeachtet der oben genannten Risikofaktoren weitergeht. Ein inflationäres Umfeld, auf das die Notenbanken nicht oder nur unwesentlich reagieren, mag seltsam und historisch eher selten sein. Schädlich für die Aktienmärkte wäre es indes wohl eher nicht.
von: Roger Peeters, 6. September 2021, © pfp Advisory
Roger Peeters ist geschäftsführender Gesellschafter der pfp Advisory GmbH. Gemeinsam mit seinem Partner Christoph Frank steuert der seit über 25 Jahren am deutschen Aktienmarkt aktive Experte den DWS Concept Platow (WKN DWSK62), einen 2006 aufgelegten und mehrfach ausgezeichneten Stock-Picking-Fonds, sowie den im August 2021 gestarteten pfp Advisory Aktien Mittelstand Premium (WKN A3CM1J). Weitere Infos unter www.pfp-advisory.de. Peeters ist weiterhin Mitglied des Vorstands der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) e.V.. Roger Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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