18.08.2015 21:06:47
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Breite Zustimmung zu Griechenland-Hilfen in deutschen Bundestags-Fraktionen
Von der Union lehnten 56 Abgeordnete bei der Probeabstimmung laut Fraktionskreisen die neuen Griechenland-Hilfen ab. Bei der Abstimmung am späten Dienstagabend enthielten sich 4 Unions-Parlamentarier der Stimme, während die große Mehrheit der Abgeordneten von CDU und CSU für das dritte Hilfsprogramm für Griechenland stimmte, sagte ein Sitzungsteilnehmer im Anschluss.
Aus der SPD-Fraktion votierten bei ihrer Probeabstimmung sogar nur zwei Abgeordnete gegen die Hilfen, einer von ihnen war laut einem Teilnehmer der frühere Finanzminister Peer Steinbrück. Enthaltungen gab es den Angaben zufolge keine. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann lobte das Hilfspaket vor der Abstimmung ausdrücklich als "ein besseres Hilfsprogramm" als frühere. Hilfen würden nur dann gewährt, wenn versprochene Reformen auch umgesetzt worden seien. "Genau diese Verzahnung hat in der Vergangenheit gefehlt."
Auch die Grünen wollen diesmal zustimmen
Die Zahl der Abweichler liegt damit unter derjenigen bei der letzten Abstimmung vom 17. Juli, als es um die Aufnahme der Verhandlungen über die neuen Hilfen ging. Damals hatten 60 Unions-Abgeordnete mit Nein gestimmt, und 5 hatten sich enthalten. Aus den Reihen der Sozialdemokraten hatte es 4 Nein-Stimmen und keine Enthaltung gegeben.
Für die Bundestagsabstimmung über das Hilfspaket am Mittwoch gilt eine breite Mehrheit als gesichert. Die Zahl an Abweichlern innerhalb der Union ist aber von Bedeutung für die Diskussion über den richtigen Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in der Fraktion.
Auch die Grünen werden den neuen Griechenland-Hilfen bei der Abstimmung am Mittwoch im Bundestag nach der Erwartung ihres Fraktionschefs Anton Hofreiter ihre breite Zustimmung geben. "Ich erwarte, dass wir mit großer Mehrheit dem zustimmen", sagte Hofreiter am Dienstag zu Journalisten im Bundestag. Der von den 19 Euro-Ländern vereinbarte Plan sei die bessere von "zwei mehr oder weniger schlechten Alternativen". Das Paket biete allerdings zu wenig Wachstumschancen. Hofreiter forderte zudem Schuldenerleichterungen für Athen.
Bei der Abstimmung über die Aufnahme der Verhandlungen hatte sich die Mehrheit der Grünen-Fraktion noch enthalten, weil sie nach Aussage Hofreiters dem "Verhandlungsstil" der Bundesregierung nicht zustimmen wollte.
Athen verspricht umfangreiche Reformen
Nur die Linken haben eine Ablehnung der neuen Griechenland-Hilfen bei der Abstimmung am Mittwoch im Bundestag angekündigt. "Was ich mir kaum vorstellen kann, ist eine Ja-Stimme", sagte Fraktionschef Gregor Gysi. Vielleicht werde es von den Linken einige Enthaltungen, ansonsten aber nur Nein-Stimmen geben. Gysi kritisierte die Maßnahmen des Reformpaketes scharf, die der griechischen Regierung "abgepresst" worden seien. "Die Katastrophe ist, dass die Abhängigkeit von der Troika noch verschärft wird", sagte er. Die Linke fordert stattdessen ein Investitionsprogramm.
Die Finanzminister der Euro-Länder hatten am vergangenen Freitagabend grünes Licht für bis zu 86 Milliarden Euro an neuen Finanzhilfen für Griechenland gegeben. Die Mittel sollen über drei Jahre vor allem aus dem Euro-Rettungsfonds ESM fließen.
Als erste Tranche soll Athen 26 Milliarden Euro erhalten. Davon sollen 13 Milliarden Euro direkt am Donnerstag nach Athen fließen. Die Hellenen müssen an diesem Tag 3,2 Milliarden Euro an die EZB zurückzahlen. Weitere 10 Milliarden Euro gehen in einen getrennten Fonds zur Bankenrekapitalisierung. Die durchschnittliche Laufzeit der Kredite beträgt 32,5 Jahre.
Im Gegenzug hat sich Athen zu einer umfangreichen Liste an Reformen verpflichtet, deren Umsetzung in regelmäßigen Abständen von den Geldgebern überprüft werden sollen. Die Einigung beendet monatelange Verhandlungen zwischen der linksgerichteten Regierung in Athen und den Geldgebern des unmittelbar von der Staatspleite bedrohten Landes.
Beteiligung des IWF noch unsicher
Merkel und Schäuble warben bei den Unions-Abgeordneten am Dienstagabend für das Paket. Schäuble hatte direkt nach der Einigung der Eurogruppe am späten Freitagabend von einem "guten Tag" und einer "Chance" für Griechenland gesprochen und betont: "Es wäre völlig unverantwortlich, wenn man diese Chance nicht nutzen würde." Diese Aussage bekräftigte er nach den Angaben am Dienstag in der Fraktion und betonte, er werbe "mit völliger Überzeugung" für eine Zustimmung. Am Mittwoch wird er dazu eine Regierungserklärung abgeben, Merkel redet nach den Planungen nicht.
Ein Knackpunkt bei dem Paket ist allerdings noch die Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF), den die Regierung für unabdingbar hält und auf der auch viele Unions-Abgeordnete bestehen. Der Washingtoner Währungsfonds will darüber aber erst im Oktober entscheiden und verlangt dafür Nachbesserungen an mehreren Stellen und vor allem deutliche Schuldenerleichterungen für Athen. Berlin hat bereits eine Bereitschaft bekundet, Athen einen längeren Tilgungsaufschub und eine längere Laufzeit der Schulden einzuräumen.
Merkel sagte bei der Fraktionssitzung laut dem Teilnehmer, sie habe "keine Zweifel", dass der IWF sich am Ende beteiligen werde. Schäuble hat sich bereits am Montag "sicher" gezeigt, dass der IWF auch an dem neuen Griechenland-Hilfsprogramm teilnehmen wird, denn IWF-Chefin Christine Lagarde wolle eine finanzielle Beteiligung des Fonds empfehlen, wenn die Bedingungen erfüllt seien.
Doch inzwischen ist klar geworden, dass diese Sichtweise Spielraum für Interpretationen lässt. Die SPD hat die Bedingung bereits aufgeweicht. Deren Fraktionschef Thomas Oppermann bestand am Dienstag nicht ausdrücklich auf einer Beteiligung des IWF an den Hilfen, obwohl die Bundesregierung diese als unverzichtbar ansieht. Der IWF, dessen Expertise man brauche, sei "willkommen", sagte Oppermann. "Es ist aber keine Conditio sine qua non für unsere Zustimmung morgen."
Reuters
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