07.01.2013 14:14:00
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Der "kleine Wolfi" aus Österreich soll Air Berlin nun sanieren
Air Berlin schreibt rote Zahlen und ist in ganz besonderem Maß von den ständigen Verzögerungen beim neuen deutschen Hauptstadtflughafen betroffen. Ein umfassender Rechtsstreit hat begonnen, mit horrenden Schadenersatzforderungen. Seit mehr als einem Jahr gehört die von Niki Lauda gegründete Airline Niki ("flyniki") ganz der Air Berlin. Niki Lauda selbst hat sich letzten Donnerstag überraschend schnell aus dem Air-Berlin-Aufsichtsrat verabschiedet.
Mit einer einstigen Niki-Lauda-Fluggesellschaft hat der neue Air-Berlin-Chef Prock-Schauer im übrigen schon in seinem früheren Job zu tun gehabt. Als er 1981 seine Luftfahrtkarriere bei der AUA (Austrian Airlines) startete, war er dort unter anderem für die Einbindung der damals mittels Übernahme geretteten Lauda Air zuständig. Als sich bei der AUA selbst das Vorstandskarussell immer schneller zu drehen begann, galt der mittlerweile zum Netzwerkmanager aufgestiegene Prock-Schauer Anfang 2006 als einer der aussichtsreichen Bewerber für den Chefposten der damals noch maßgeblich staatlichen Gesellschaft. Die Eigentümer wünschten sich damals aber den Siemensianer Alfred Ötsch. Unter Ötsch begann die AUA an den Rand der Insolvenz zu rutschen.
Seit Prock-Schauer im Oktober 2012 in den Vorstand der Air Berlin einzog, verantwortlich für Netzwerkplanung und Allianzen, galt er bereits als Kandidat für die Mehdorn-Nachfolge.
Mehdorn selbst, langjähriger Chef der Deutschen Bahn, hatte im Herbst 2011 bei Air Berlin übernommen, als deren Boss Joachim Hunold nach jahrelangen Verlusten den Posten räumen musste. Der Aufsichtsrat von Air Berlin streute Mehdorn heute Montag zum Abschied jede Menge Rosen: Die Rede war von seiner "außergewöhnlich erfolgreichen" Tätigkeit als CEO von Air Berlin in den vergangenen 15 Monaten. "Er hat das Unternehmen in der Krise der europäischen Luftfahrt auf einen neuen Weg gebracht, marktgerechter positioniert und entscheidende Weichen für die Zukunft gestellt", sagte Aufsichtsratschef Hans-Joachim Körber in einer Mitteilung. Mit Prock-Schauer übernehme ein anerkannter Branchenexperte die Spitzenposition. Prock-Schauer selbst sieht Air Berlin "vor großen Herausforderungen".
Prock-Schauer ist ein alter Hase in der Luftfahrt. Nach seinem Karrierestart in der AUA ging er 2003 als Chef der privaten Fluggesellschaft Jet Airways nach Indien, die er 2005 erfolgreich an die Börse brachte. Davor saß er auch eine Zeit lang im Führungsgremium der Star Alliance. Als er 2009 nach Europa zurück kam, um für den ebenfalls aus Österreich stammenden Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber die britische BMI (British Midland) zu sanieren, erinnerten sich deutsche Medien noch an alte Scherze zwischen den beiden Airline-Managern: "Ich bin der kleine Wolfi und das da drüben ist der große Wolfi", beschrieb Prock-Schauer dem Autor der "Süddeutschen Zeitung" sein Verhältnis zu Mayrhuber. Allein: bei der BMI-Sanierung hatte der Österreicher keine glückliche Hand. Die musste voriges Jahr mit hohen Verlusten an die British Airways verkauft werden.
Air Berlin kämpft seit Jahren gegen Verluste. Um die Bilanz zu verbessern, trennt sich die Airline gerade von ihrem Vielfliegerprogramm. Die Hilfe dabei kommt freilich aus der "Familie": Großaktionär Etihad, der mit 29 Prozent bei Air Berlin eingestiegen ist und schon vor mehr als einem Jahr mit einer rettenden Kapitalspritze aushelfen musste, hat angekündigt, die Mehrheit am Air-Berlin-Vielfliegerprogramm "Topbonus" zu übernehmen. Air Berlin spült der Deal einen dreistelligen Millionenbetrag in die Kassen.
Um Kosten zu sparen, geht es auch bei Air Berlin an Mitarbeiterabbau, unrentable Strecken werden gestrichen, Flugzeuge verkauft. Die österreichische Tochter Niki bleibt nicht ungeschoren: Mit dem Sommerflugplan werden die Strecken Wien-Sofia, Wien-Belgrad und Wien-Bukarest gestrichen. Dafür werden andere, touristische, Ziele verstärkt von Wien aus angeflogen, im Sommer vor allem Griechenland
Ein dreistelliger Millionenbetrag dürfte auf der anderen Seite gleich durch die teuren Verzögerungen beim Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg verbrannt werden. Air Berlin zieht gegen den Flughafenbetreiber vor Gericht. Es geht um Schadenersatz. Air-Berlin-Vorstand Paul Gregorowitsch sprach im November vor österreichischen Journalisten von einem "dreistelligen Millionenbetrag", den das Airport-Debakel die Airline kosten werde. "Eine totale Katastrophe."
Vor allem die nunmehr vierte Verschiebung der Flughafen-Inbetriebnahme (jetzt ist von frühestens 2014 die Rede) hat die Air-Berlin-Aktie am Montag nach unten gedrückt. Wegen der Pannenserie läuft zur Stunde ein Krisentreffen der Flughafen-Gesellschaften von Berlin.
Jet Airways aus Indien könnte indes bald wieder näherrücken für den einstigen österreichischen Chef Prock-Schauer. Glaubt man Branchengerüchten, so steht Air-Berlin-Großaktionär Etihad in Verhandlungen um den Kauf von Anteilen an Jet Airways. Laut indischer "Economic Times" könnte der Einstieg der Golf-Airline in Indien noch im Jänner perfekt gemacht werden.
(Schluss) rf/snu
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