25.04.2014 19:13:59
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DER STANDARD-Kommentar: "Die Ohnmacht der Bürger" von Andreas Schnauder
Wien (ots) - Es gärt ordentlich in Österreich. Jammern hat hierzulande zwar auch in vergleichsweise guten Zeiten Hochkonjunktur, doch der aktuelle Klagepegel reicht weit über notorische Durchschnittswerte hinaus.
Die Regierung ist weniger mit Politikverdrossenheit der Bürger, sondern zusehends mit deren Ohnmacht konfrontiert. Selbst in den eigenen Reihen der Regierungsparteien rumort es ordentlich, Werner Faymann und Michael Spindelegger gelingt es nur noch mit steigender Kraftanstrengung, den internen Unmut zumindest teilweise zu unterdrücken.
Bei der wilden Fahrt auf der Hochschaubahn in der Bildungspolitik wird auch hartgesottenen Genossen schwindlig - die Empörung über die eigene Ministerin dringt immer deutlicher durch. Die parteinahen Sozialpartner halten mit ihrer Meinung immer seltener hinter dem Berg. Kürzungen bei Ganztagsschulen träfen "ausgerechnet das wichtigste Bildungsvorhaben", wetterte Arbeiterkammerchef Rudolf Kaske. Die ÖVP wiederum hat mit der Verärgerung der Wirtschaft zu kämpfen, die hohe Abgaben und Energiekosten beklagt und mit Abwanderung droht.
Dass der Standort abgesandelt sei, wie Wirtschaftskammerboss Leitl im Vorjahr meinte, konnte man noch als Wahlkampfgetöse abtun. Wenn jetzt im Tagesrhythmus Klagen über neue Belastungen und versäumte Zukunftschancen ausgesprochen werden, muss sich die Volkspartei um ihr ohnehin ramponiertes Image einer Wirtschaftspartei echte Sorgen machen.
Auch Faymann schwimmen die Felle davon. Die rote Basis gibt sich längst nicht mehr damit zufrieden, dass sich die Politik des Kanzlers darauf beschränkt, auf weitere Stolperer des Koalitionspartners zu warten. Das Hypo-Debakel muss zwar primär Spindelegger als verantwortlicher Finanzminister ausbaden, wenn der Aufräumprozess aber rote Prestigeprojekte wie eben die Ganztagsschule beeinträchtigt, droht es zum Bumerang für die Sozialdemokratie zu werden.
Die Roten wandeln ohnehin auf dünnem Eis. Dass Faymann das Thema Verteilungsgerechtigkeit nur als Wahlkampfschlager nutzte, um es dann schnellstmöglich zu schubladisieren, kommt in den eigenen Reihen gar nicht gut an. Mit der Reform der Grunderwerbsteuer hätte man auf den Zug aufspringen können - zumindest ein Signal hätten sich die Genossen gewünscht. Doch der Kanzler stellte den Koalitionsfrieden wieder einmal über SPÖ-Prinzipien. Dass man sich fehlende Mittel lieber bei der Schule als von Erben holt, löst Kopfschütteln aus.
Nun ist es alles andere als verwunderlich, dass Rot-Schwarz in bewährter Manier den Stillstand verwaltet. Doch der Hypo-Kollaps und der politische Umgang damit haben die Strapazierfähigkeit der Bürger überfordert. Dafür nun künftige Generationen zu bestrafen, anstatt die Krise als Chance für grundlegende Aufgabenreformen der Republik heranzuziehen, dürfte ziemlich ins Auge gehen.
Die Bildung war es auch, die wieder einmal zeigte, wie viel die Bundespolitik auf Landesebene zu melden hat: nichts. Dort werden weiter freihändig Lehrer angestellt, um Rechnung samt Überziehungszinsen nach Wien zu schicken. Dabei hätte man die Landesfürsten gerade wegen der Hypo in die Schranken weisen können, da eine Insolvenz der Bank auch die landeseigenen Institute getroffen hätte. Dass nun statt Föderalismus die Jugend rasiert wird, hat keine Zukunft.
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