21.04.2013 14:02:30
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Deutschland als einsamer Verteidiger der Sparpolitik
Von Hans Bentzien
Deutschland ist bei den Beratungen der Finanzminister und Notenbankgouverneure der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer als einsamer Verteidiger einer sparsamen Haushaltspolitik aufgetreten. Während das am Samstag in Washington verabschiedete G-20-Statement die Notwendigkeit weitere wachstumsfördernder Maßnahmen ganz nach vorne stellte, traten die Vertreter Deutschlands auf die Bremse.
Die G-20 loben in ihrem Statement die von Japan ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Deflation und erwähnen auch das in Korea beschlossene Konjunkturpaket. "Trotzdem muss noch mehr getan werden, um der anhaltenden Schwäche der Weltwirtschaft wie vereinbart zu begegnen", heißt es in der Erklärung weiter.
Der Beitrag der Eurozone muss laut G-20 darin bestehen, die Grundlagen der Wirtschafts- und Währungsunion zu stärken, das Projekt einer Bankenunion zu beschleunigen, die finanzielle Fragmentierung zu bekämpfen und die Bankbilanzen zu stärken. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, ging noch weiter und attestierte Europa den weltweit größten Nachholbedarf an wachstumsunterstützenden Maßnahmen.
Dem trat jedoch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble entgegen. Nach dem G-20-Treffen sagte er, die internationale Gemeinschaft solle sich lieber darauf konzentrieren, die Ursachen der Krise zu bekämpfen, nämlich eine zu hohe Verschuldung, zu viel Liquidität in den Finanzmärkten und mangelnde Regulierung.
Hoffnungen auf ein demnächst wieder starkes Wirtschaftswachstum erteilte er eine Absage: Die Europäische Union werde "nicht der große Wachstumstreiber" für die Weltwirtschaft sein, sagte er und fügte laut AFP-Bericht hinzu: "Europa wird nachhaltig dauerhafte Wachstumsraten eher in der Größenordnung von 1 bis 1,5 Prozent liefern können als wesentlich höher." Gleichwohl müssten die öffentlichen Haushalte weiter konsolidiert werden, die Reduzierung der Defizite sei ein absolutes Muss.
Bundesbankpräsident Jens Weidmann warnte vor dem Versuch, die vor der Krise erreichten Wachstumsraten über eine Erhöhung der Haushaltsdefizite erreichen zu wollen. Das hieße, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen, sagte er. Der IWF erwartet, dass die Wirtschaft der Eurozone im laufenden Jahr schrumpfen wird.
Der Chef der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, und Frankreichs Finanzminister Pierre Moscivici plädierten dagegen für eine langsamere Reduzierung der Haushaltsdefizite. Sie befürchten, dass ein Festhalten an den früher vereinbarten Zielen die Wirtschaft des Euroraums weiter schwächen würde. Die EU-Kommission wird in der kommenden Woche die offiziellen Defizitzahlen für 2012 bekannt geben. Frankreich und einige andere Länder haben bereits darum gebeten, ihre ursprünglich für 2013 avisierten Ziele später erreichen zu dürfen.
Bundesbankpräsident Weidmann warnte im Übrigen erneut vor den Gefahren für die Finanzstabilität, die sich aus der anhaltend lockeren Geldpolitik ergeben. Diese Warnung findet sich zwar ebenfalls im G-20-Statement, aber insgesamt überwogen doch die Stimmen, die Verständnis für eine weltweit lockere Geldpolitik fanden.
So sagte der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, geldpolitische Maßnahmen wirkten zwar auf Wechselkurse, doch sei das nur eine Nebenwirkung der auf das Inland gerichteten Geldpolitik. Mexikos Finanzminister Luis Videgaray sagte, die lockere Geldpolitik sei notwendig für die Erholung der Weltwirtschaft.
Einen anderen Vorschlag der G-20 - die Forderung nach einer Stimulierung der Binnennachfrage in Ländern mit anhaltenden Leistungsbilanzüberschüssen - hatte Weidmann bereits im Vorfeld der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank kritisiert. In einer Pressekonferenz mit deutschen Journalisten hatte er gesagt, von solchen Maßnahmen würden nur andere Überschussländer wie China profitieren, nicht jedoch die Länder Südeuropas.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
(Mitarbeit: William Boston, Gabriele Parussini, Ian Talley)
DJG/AFP/hab/bam
(END) Dow Jones Newswires
April 21, 2013 07:31 ET (11:31 GMT)- - 07 31 AM EDT 04-21-13
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