10.01.2025 13:08:39

DIW sieht in CDU-Programm Widersprüche und illusorisches Wachstumsziel

Von Andrea Thomas

DOW JONES--Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) sieht in dem Programm "Agenda 2030" der CDU einige kluge und wichtige Elemente, kritisiert aber grundlegende Widersprüche, Inkonsistenzen und die ungeklärte Finanzierung. Nach Ansicht von DIW-Präsident Marcel Fratzscher sind geringere Steuern, höhere Investitionen und weniger Schulden ein Widerspruch in sich. Das von der CDU anvisierte Wirtschaftswachstums von 2 Prozent sei zudem "illusorisch".

Dies bedeutet nach Ansicht des DIW, dass die Union die meisten ihrer Maßnahmen nicht umsetzen kann und somit ihre Ziele verfehlen wird. Die CDU will das Programm, das unter anderem eine große Steuerreform zur Senkung der Steuerlast für Unternehmen und der arbeitenden Mittelschicht vorsieht, auf ihrer Klausurtagung im Hamburg beschließen.

"Die Agenda 2030 der Union setzt die Priorität auf Umverteilung und die Entlastung von Spitzenverdienenden und Unternehmen. Sie macht zahlreiche ambitionierte Versprechen und setzt unrealistische Ziele", sagte Fratzscher. Die CDU wolle mit den Maßnahmen ein Wirtschaftswachstum von 2 Prozent erreichen. Dem DIW-Präsidenten zufolge ist dies aber "illusorisch" und erfordert eine deutliche Zunahme der Zuwanderung nach Deutschland und eine Integration von jährlich mehr als 500.000 zusätzlichen Arbeitskräften aus dem Ausland über das nächste Jahrzehnt.

Massive Umverteilung

Fratzscher wirft der CDU vor, mit ihrer Agenda eine "massive Umverteilung von Arm zu Reich und von Jung zu Alt" auf den Weg bringen zu wollen. Die fast 100 Milliarden Euro an geplanten Steuerentlastungen kämen zum größten Teil den Spitzenverdienenden zugute, die untere Hälfte der Menschen mit mittleren und geringen Einkommen gingen hingegen größtenteils leer aus.

"Dies wird die Wirtschaftsleistung schwächen, die wirtschaftliche Transformation erschweren und den Verteilungskampf in Deutschland verschärfen", warnte Fratzscher. Es fehle an einer konsistenten Klima- und Energiepolitik, was das Erreichen der Klimaschutzziele und die grüne Transformation der Wirtschaft erschweren werde.

Steuerliche Entlastungen für Unternehmen seien zwar notwendig, aber sie allein würden Deutschland nicht wieder zu mehr Wettbewerbsfähigkeit verhelfen. Die Union bleibe viele Antworten schuldig, so auch, wie Innovation, mehr private Investitionen in Forschung und Entwicklung oder ein Bauboom entstehen sollen, wie Fratzscher monierte. "Die Union bleibt nicht nur die Frage der Finanzierung der massiven Steuererleichterung für Spitzenverdienende schuldig, sondern es fehlt ein überzeugendes Konzept, wie Menschen besser in den Arbeitsmarkt integriert und die Produktivität gesteigert werden soll", sagte er.

Widersprüche bei Migrations- und Familienpolitik

Viele der Hürden vor allem für Frauen müssten abgebaut werden, wie etwa das Ehegattensplitting. Auch wären mehr Investitionen in Kitas und Schulen bis hin zur Abschaffung der Minijobs nötig, so das DIW. Migrationspolitik und Familienpolitik der Union gingen jedoch in gegensätzliche Richtungen.

Gekoppelt mit der von der Union geforderten Steuerbefreiung für Überstunden und einer Beschneidung der Sozialausgaben würde die Agenda 2030 das Arbeitskräfteproblem weiter verschärfen und zu zahlreichen Insolvenzen beitragen, warnte das Institut.

Positiv wertete Fratzscher aber die vorgeschlagene Steuerbefreiung für zusätzliche Einkommen von Rentnern, die Erhöhung der Forschungsausgaben oder die Reduzierung der Netzentgelte. Dennoch seien auch hier drei grundlegende Widersprüche vorhanden. "Der Dreiklang von geringeren Steuern, höheren Investitionen und weniger Schulden ist ein Widerspruch in sich und erfordert die Quadratur des Kreises", kritisierte Fratzscher. "Ein Festhalten an der Schuldenbremse wird unweigerlich zu geringeren öffentlichen Investitionen, höheren Steuern und weniger Wirtschaftsleistung führen."

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

DJG/aat/uxd

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January 10, 2025 07:09 ET (12:09 GMT)

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