10.03.2013 14:12:37
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Erster Arbeitstag: Mehdorn tritt als Chef am Hauptstadtflughafen an
Der Aufsichtsrat hatte am Freitag überraschend den früheren Bahn- und Air-Berlin-Chef zum Vorsitzenden der Geschäftsführung berufen. Mehdorn folgt auf Rainer Schwarz, der im Januar gehen musste, nachdem die Flughafeneröffnung zum vierten Mal abgesagt wurde. Sein Vertrag läuft bis 2016. Er hatte angekündigt, die Flughafengesellschaft zu "revitalisieren". "Wir brauchen wieder mehr Selbstbewusstsein."
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) erwartet vom neuen Chef eine zügige Fertigstellung des Airports. Mehdorn habe einen Drei-Jahres-Vertrag unterschrieben mit dem klaren Auftrag, den Flughafen fertigzustellen, sagte Wowereit im RBB-Inforadio. "Wir müssen Probleme lösen und nicht nur beschreiben, und da kann Mehdorn Impulse geben", sagte Wowereit am Samstag.
Offen ist noch, wie Mehdorn die Führung organisieren wird. Bislang besteht die Geschäftsführung aus Mehdorn und Technikchef Horst Amann. Der Aufsichtsrat hatte noch einen Finanzchef gesucht. Berlin und Brandenburg sowie der Bund sind die Bauherren des Flughafens, dessen kalkulierte Kosten seit 2006 von 2,0 Milliarden auf 4,3 Milliarden Euro im vergangenen Herbst stiegen. Eine neue Schätzung gibt es nicht.
Nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Focus" ist die Zahl der Mängel auf der Baustelle möglicherweise doppelt so hoch wie bislang angenommen. Von bis zu 40.000 Mängeln berichtet das Blatt und beruft sich dabei auf einen Fortschrittsbericht. Flughafensprecher Ralph Kunkel sagte der Nachrichtenagentur dpa, ihm sei diese Zahl nicht bekannt. Solche Zahlen seien auch irreführend. "Das entscheidende Problem ist und bleibt die Brandschutzanlage." In dem Bericht sind allerdings auch kleinste Mängel wie ein Sprung in einer Fliese aufgelistet.
Der Vorsitzende des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel, forderte laut "Focus" ein förmliche Beweissicherung der Mängel. Auf dieser Grundlage könnte Schadenersatz für Baupfusch eingeklagt werden. Kunkel sagte dazu, ein solches Verfahren hätte einen monatelangen Stillstand verursacht. Stattdessen habe man sich für ein Beweissicherung durch vereidigte Gutachter entschieden.
Am Montag muss Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) im Sonderausschuss des Brandenburger Landtags zur gescheiterten Verpflichtung Wilhelm Benders als Chefberater des Flughafens aussagen. Der frühere Chef des Frankfurter Flughafens sagte der "B.Z." (Sonntag), für ihn seien die Querelen zwischen Berlin und Brandenburg ein Grund für seine Absage gewesen. "Wenn sich die Partner untereinander nicht einig sind, dann wird es schwierig die Krise zu bewältigen."
Streit wird es wohl weiter über ein Nachtflugverbot geben. Wowereit bekräftige die Berliner Position, die Nachtruhe nicht so auszuweiten, wie es Brandenburg jetzt wolle. Das sei früher gemeinsame Position aller drei Gesellschafter Berlin, Brandenburg und der Bund gewesen. "Und die brandenburgischen Behörden haben das bewilligt", sagte Wowereit. Mehdorn habe deutlich gemacht, dass der Flughafen diese Randzeiten brauche. "Oder wir müssen daraus einen Provinzflughafen machen und auf die großen Pläne der Verkehrsdrehkreuz verzichten. Das ist aber nicht die Strategie der BER-Gesellschafter, wie sie bislang verfochten wurde", sagte Wowereit.
Der Sprecher des Volksbegehrens für ein Nachtflugverbot, Matthias Schubert, ist dennoch zuversichtlich. "Herr Mehdorn entscheidet das nicht, die öffentliche Hand entscheidet das", sagte er am Samstag der dpa. Mehdorn sei zwar der Vorsitzende des Flughafens, aber nicht der Chef von Wowereit, Brandenburgs Minister Matthias Platzeck (SPD) und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU)./sow/bf/DP/edh
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