15.06.2013 11:29:30
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EU-Formelkompromiss ermöglicht Freihandelsgespräche mit USA
BRüSSEL (AFP)--Ein Formelkompromiss macht den Weg zur größten Freihandelszone der Welt frei: Nach gut zwölfstündigem Ringen haben die EU-Handelsminister am Freitagabend ihre inhaltlichen Streitpunkte zu den geplanten Freihandelsgesprächen mit den USA ausgeräumt. Die Ressortchefs einigten sich darauf, den audiovisuellen Kulturbereich aus dem Verhandlungsmandat der Europäischen Kommission auszuklammern und erfüllten damit eine Kernforderung Frankreichs, das eine Einigung lange blockiert hatte.
EU-Handelskommissar Karel De Gucht klärte bei einer abschließenden Pressekonferenz über die Kompromissformel auf, die das größte bilaterale Handelsabkommen aller Zeiten doch noch ermöglichen soll: "Audiovisuelle Dienste sind momentan nicht im Mandat enthalten, können später aber hinzugefügt werden", sagte der Belgier nach den Gesprächen in Luxemburg. Frankreich hatte seine Zustimmung von eben diesem Punkt abhängig gemacht, weil das Land Nachteile für die Kulturförderung fürchtete, etwa bei Subventionen für die heimische Filmindustrie.
De Guchts Behörde und mehrere europäische Regierungen hatten jedoch davor gewarnt, den Bereich kategorisch von den Verhandlungen auszuschließen, damit die USA nicht ihrerseits darauf beharren können, für sie heikle Themen von vornherein vom Tisch zu nehmen. Die nun vereinbarte Sprachregelung ermöglicht beiden Seiten, ihr Gesicht zu wahren, könnte zu einem späteren Zeitpunkt aber erneut zu Konflikten führen: Sollte die EU-Kommission den Kultursektor später doch noch einschließen wollen, wäre wieder ein einstimmiges Votum der Mitgliedstaaten nötig.
Neben der französischen Delegation reagierte auch Deutschland zufrieden. "Verzögerungen wären das falsche Signal gewesen", sagte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). "Insofern ist der heute gefundene Kompromiss ein gutes Ergebnis." Zwar habe er sich einen "umfassenden Ansatz für den Start der Verhandlungen gewünscht", doch entscheidend sei, dass die Gespräche mit den USA nun schnell beginnen könnten. Gerechnet wird damit schon beim G-8-Gipfel in der kommenden Woche.
Rund 120 Milliarden Euro würde das Abkommen allein der europäischen Wirtschaft pro Jahr bringen, schätzt die EU-Kommission. Für die USA gehe es um 95 Milliarden Euro. Das bilaterale Handelsvolumen mit Waren und Dienstleistungen umfasste vergangenes Jahr rund 780 Milliarden Euro und Investitionsströme von mehreren Billionen.
Das Mandat soll den Rahmen abstecken, in dem die Kommission im Namen der EU mit den USA verhandelt. Dabei geht es nicht nur um den Abbau von Zollschranken, sondern auch um andere Handelshemmnisse, um den Investitionsschutz oder die Vergabe öffentlicher Aufträge. Der wichtigste Punkt in den Augen Brüssels ist die Angleichung oder gegenseitige Anerkennung von Normen und Standards, zum Beispiel Vorschriften für technische Geräte.
Allerdings fürchtet nicht nur die Verbraucherzentrale Bundesverband, dass "hart erkämpfte, langjährig erprobte und bewährte Standards und Rechte" herabgesetzt und als "Begleitschaden" eines Freihandelsabkommens in Kauf genommen werden könnten. Dabei gehe es neben Fleisch und Datenschutz auch um "Produkte auf Basis neuer Technologien ohne genügende Risikofolgenabschätzung, zum Beispiel bei Nano-Technologien oder Fracking". Ähnliche Bedenken kamen auch schon aus dem EU-Parlament, das dem Abkommen letztlich grünes Licht geben muss.
DJG/raz
(END) Dow Jones Newswires
June 15, 2013 04:59 ET (08:59 GMT)- - 04 59 AM EDT 06-15-13
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