22.08.2014 18:50:00
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EU-Kommissar: US-Freihandelspakt bringt kein Chlorhuhn und Hormonrind
Zum - durchaus emotional diskutierten - Thema Chlorhuhn meinte der Kommissar und Chefverhandler des Abkommens (TTIP): "Man kann das Fleisch auch ohne Chlor herstellen. Man muss in jedem Land kulturelle Unterschiede respektieren." Wenngleich er nicht leugnen könne, "dass die wissenschaftliche Grundlage hier mager ist."
Auch Hormonrindfleisch erteilte De Gucht eine Absage. "Es kommt nicht infrage, dass wir das erlauben. Wir haben vor einigen Jahren noch Menschen ins Gefängnis gesteckt, weil sie Hormone an Rinder verfüttert haben."
Der Forderung der USA, im Rahmen des Abkommens alle Produkte zu erlauben, denen wissenschaftliche Unbedenklichkeit attestiert wird, will der EU-Kommissar nicht nachkommen. Den Import von Hormonrindfleisch zu erlauben, könnte man der Bevölkerung nie erklären.
Beim Streit über die vorgesehenen Firmenklagen gegen Staaten (ISDS) geht De Gucht in die Offensive. Mehr als 50 Prozent der weltweiten Klagen von Unternehmen auf der Basis von ISDS seien von europäischen Unternehmen eingebracht worden.
Die Sorge vieler Umweltschutzorganisationen, dass Länder, die Schiefergas verbieten, von US-Konzernen geklagt werden könnten, ist laut dem Kommissar unbegründet. "TTIP wird den politischen Spielraum offenlassen. Wir werden festschreiben, dass ISDS keine Auswirkungen auf das Recht der Staaten haben wird, Gesetze zu erlassen." Ein Investor könnte eine Klage nur erwägen, wenn ein Land bereits eine Lizenz für Schiefergasbohrungen vergeben hat und diese plötzlich ohne faires Verfahren entzogen wird.
Um Kritiker zu befrieden, will die EU-Kommission ein ständiges Schiedsgericht einrichten und Parteien das Recht auf Berufungen einräumen. Und: "Wir werden ein Prozedere einrichten, mit dem Schiedsrichter abgelehnt werden können."
Zum vor allem in Österreich hitzig diskutierten Thema der Wasserprivatisierung meinte De Gucht, TiSa, ein multilaterales Übereinkommen, sehe keinerlei Verpflichtung vor, öffentliche Dienstleistungen zu liberalisieren. "Das Gleiche gilt für TTIP. In Deutschland und Österreich werden viele öffentliche Versorgungsleistungen von Gemeinden oder dem Staat erbracht. Das wird beibehalten."
Die Freihandelsgespräche auszusetzen, bis der NSA-Skandal aufgearbeitet ist, hielte De Gucht für keine gute Idee. "Der NSA-Skandal ist ein politisches Problem, das man separat behandeln sollte." Das Verhalten der Amerikaner - etwa das Abhören des Telefons der deutschen Kanzlerin Angela Merkel - sei "absolut inakzeptabel", wie er der Zeitung (Wochenendausgabe) sagte.
De Gucht geht weiters davon aus, dass das TTIP von den nationalen Parlamenten ratifiziert werden muss. Es gebe einige Vertragspunkte, für die wohl die EU und auch die Staaten gleichermaßen zuständig sind.
(Schluss) snu/cri
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