28.07.2013 21:02:58
|
Frankfurter Neue Presse: Siemens - Auch Cromme muss gehen Kommentar von Panagiotis Koutoumanos
Nicht, dass dessen Demission unangebracht wäre: Zwar richtete der Österreicher Löscher die von Korruptions- und Schmiergeldvorwürfen erschütterte Industrie-Ikone wieder auf. Und der Nettogewinn, den der Münchener Konzern unter seiner Ägide von 2008 bis 2012 einfuhr, ist rund 47 Prozent höher als die Summe der Überschüsse in den fünf Jahren zuvor. Aber dass er gleichwohl unglücklich agierte, zeigt der Siemens-Aktienkurs, der in seiner Amtszeit zirka 20 Prozent hinter der Dax-Entwicklung zurückgeblieben ist. In den vergangenen zwei Jahren hat Löscher Konjunktur und Märkte falsch eingeschätzt, effiziente Projekt-Steuerung vermissen lassen, Versprechen gegenüber der Börse reihenweise gebrochen und die Mitarbeiter gegen sich aufgebracht. Das hält kein Konzern auf Dauer aus - schon gar keiner, der den Anspruch hat, dauerhaft die Weltspitze in der Industrie zu behaupten.
Angesichts der Art und Weise, wie sich der Machtwechsel nun vollzieht, kann Löschers Demission trotzdem nicht als die Katharsis begriffen werden, die Vertrauen in eine bessere Zukunft des Siemens-Konzerns wecken könnte: Der designierte Nachfolger Kaeser und der Strippen ziehende Aufsichtsratschef Gerhard Cromme sind viel zu tief in Löschers Unternehmenspolitik verstrickt, als dass sie für einen überzeugenden Neuanfang stehen könnten.
Joe Kaeser hat zwar immer wieder durchblicken lassen, dass sowohl das von Löscher im Frühjahr 2011 ausgegebene, verheerende Umsatzziel von 100 Milliarden Euro wie auch die nun kassierte Zwölf-Prozent-Rendite nicht aus seiner Finanzabteilung stammen. Aber wie er selbst des öfteren betont hat, sind die entsprechenden Entscheidungen einstimmig gefallen. Er selbst prahlte, dass das Erreichen der Zwölf-Prozent-Marge "kein Hexenwerk" sei. Da macht es sein Verhalten auch nicht überzeugender, dass er - wie nun in Finanzkreisen kolportiert -im Aufsichtsrat immer wieder auf die Risiken der Löscherschen Strategie hingewiesen haben soll. Einerseits die Entscheidungen des Chefs mittragen, sich andererseits im Kontrollgremium für dessen Nachfolge in Stellung bringen - und sich sicherheitshalber auch noch für den Chefposten bei Linde bewerben. Solch ein Opportunismus sollte nicht belohnt werden.
Aber zum einen kann der Konzern auf die Dienste des dienstältesten Vorstands, der sich am Finanzmarkt großer Beliebtheit erfreut, nicht verzichten. Zum anderen kann man getrost davon ausgehen, dass Aufsichtsratschef Cromme von moralischen Bedenken frei ist. Cromme selbst hatte 2007 den damals hierzulande unbekannten Löscher zur Überraschung aller geholt. Aber tatenlos hat Ihre Graue Eminenz zugeschaut, wie dieser seine eigene Glaubwürdigkeit und die des Konzerns verspielte. Und auch die darauffolgenden Hahnenkämpfe im Vorstand hat der als harte Hund bekannte Cromme geschehen lassen. Dabei verbrachte der Ruhrbaron - nachdem er im März seinen Chefkontolleursposten bei ThyssenKrupp aufgeben musste - genug Zeit in München. Aber offensichtlich verfährt Cromme bei Siemens nach derselben Methode wie bei Thyssen: Indem er den von ihm selbst entworfenen Kodex guter Unternehmensführung verletzt, schneidert er sich erst die Strukturen derart zurecht, dass er so gut wie unanfechtbar wird. Dann lässt er es laufen, bis es kracht, und opfert am Ende ganz schnell andere, um sich selbst vielleicht noch retten zu können.
Damit muss nun auch bei Siemens Schluss sein. Cromme trägt letztlich genauso viel Verantwortung an der Misere des Münchner Konzerns wie Löscher. Der 165 Jahre alte Inbegriff deutscher Industrie hat immer noch gewaltiges Potenzial. Damit er es ausschöpfen kann, muss auch Cromme gehen - und mit ihm die gesamte Gerontokratie im Kontrollgremium.
Originaltext: Frankfurter Neue Presse Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/45990 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_45990.rss2
Pressekontakt: Frankfurter Neue Presse Chef vom Dienst Peter Schmitt Telefon: 069-7501 4407
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!