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23.03.2013 12:22:30

Früherer EZB-Chefökonom Stark kritisiert Ultimatum an Zypern

   BERLIN--Der frühere EZB-Chefökonom Jürgen Stark kritisiert das Ultimatum an das Krisenland Zypern und warnt vor einer Inflation wie in den 70er-Jahren in Europa. Das Ultimatum zeige vor allem, wie sehr die EZB inzwischen politisiert sei, sagte er in einem Interview mit der Zeitung "Die Welt" und fügte hinzu: "Der EZB-Rat hat es über lange Zeit gebilligt, dass die Notenbank Zyperns Notkredite an Banken ausgibt, obwohl offenkundig war, dass diese nicht bloß kurzfristige Liquiditätsprobleme hatten, sondern nur durch das Zentralbankgeld vor der Zahlungsunfähigkeit gerettet werden konnten. Eine Zentralbank ist aber nicht dazu da, um die Solvenzprobleme von Banken zu lösen."

   Darauf, dass die EZB damit droht, ihre Notfallhilfen einzustellen, sofern Zypern keinen tragfähigen Beitrag zur eigenen Rettung liefert sagte Stark, so könne man als politische Institution vorgehen, nicht aber als unabhängige Zentralbank. Die EZB mache sich dadurch politisch sehr angreifbar. Eine Notenbank darf sich seinen Worten nach nie in die Lage bringen, dass sie für den Kollaps eines Finanzwesens verantwortlich sei und das Wohl und Wehe des gesamten Systems an ihr hänge.

   Auf die Frage, wie es am Montag nach seiner Sicht weiter gehen werde, sagte Stark: "In erster Linie sind jetzt die zyprische Regierung und das Parlament am Zug. Sie müssen offenlegen, was genau ihr Plan B ist, wie er wirken soll. Ob das ausreicht, um die Schuldentragfähigkeit zu sichern und die Troika zu überzeugen, bleibt abzuwarten. Falls sich nichts oder nicht genug tut, wird die EZB die ELA-Hilfen stoppen. Es gibt diesmal keine rettende Hintertür mehr. Die Folge wird erst ein Kollaps des zyprischen Bankensystems und kurz darauf des gesamten Landes sein. Die Konsequenzen für das Euro-Gebiet halte ich allerdings für sehr überschaubar."

   Auf die Frage, ob sich die Währungsunion die Pleite eines Mitglieds leisten könne, erklärte Stark, die Insolvenz eines Mitglieds müsste außerhalb des Währungsgebiets abgewickelt werden. Das wäre ein wichtiger Reinigungsprozess. Aber dazu müsste Zypern schon selbst austreten. Es könne niemand aus dem Euro hinausgeworfen werden. Er denkt aber nicht, dass Zypern dies tun wird. Denn nur als Euro-Land hat Zypern Aussicht auf Hilfe von den anderen Mitgliedern. "Machen wir uns nichts vor: Zypern wird die Unterstützung des IWF und der Europäer auch im Falle einer Staatspleite benötigen. Das Land braucht Geld von außen. Aus eigener Kraft kann es seine Banken nicht sanieren", sagte er weiter.

   Für Stark war der Kardinalfehler, dass man 2008 in der Finanzkrise die Insolvenz von Banken zum Tabu erklärt hat: "Dafür büßen wir bis heute, denn dadurch wurde jede Bank systemrelevant und die notwendige Marktbereinigung fand nicht statt. Wenn wir nun über gemeinsame Abwicklungsfonds für Banken oder Einlagensicherungen diskutieren, sind wir auf direktem Weg in eine vollständige Transferunion in Europa."

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

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