26.05.2015 16:39:47

G7-Finanzminister diskutieren über die richtige Finanzpolitik

Die Suche nach den richtigen Rezepten für ein auf Dauer hohes Wirtschaftswachstum steht ganz oben auf der Agenda, wenn sich ab Mittwochabend die Finanzminister und Notenbankchefs der sieben führenden Industrieländer (G7) in Dresden treffen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will bei der Tagung für eine Finanz- und Wirtschaftspolitik nach deutschem Vorbild werben.

   Bei ihrem Treffen wollen sich die G7 außerdem mit dem Schließen internationaler Steuerschlupflöcher, der künftigen Regulierung der Finanzmärkte und der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung befassen. Aber auch aktuelle Themen wie die Krise in der Ukraine und die Lage in Griechenland werden voraussichtlich angesprochen.

   Im Mittelpunkt der Debatten soll aber die Frage stehen, wie sich dauerhaftes Wachstum erreichen lässt. Bei der Tagung diskutieren die Finanzminister und Notenbankchefs mit namhaften Ökonomen darüber, wie nach der Finanzkrise nun eine dauerhaftere Wachstumsdynamik in der Weltwirtschaft erreicht werden kann. Die Rezepte dafür wollen die sieben Länder - neben Deutschland sind dies Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA - bei einem Symposium mit den Wirtschaftswissenschaftlern erörtern.

   Die Bundesregierung hat schon im Vorfeld schon klar gemacht, dass sie den deutschen Weg der Haushaltsdisziplin in den Mittelpunkt ihrer Empfehlungen rücken will - ebenso allerdings die Warnung, dass die ultralockeren Zinsen auf Dauer nicht das richtige Rezept sind.

   "Unser Ziel ist es, Wachstum für die Generationen von heute und morgen zu sichern", sagte Schäubles Sprecher Martin Jäger. "Und dafür werden wir in Dresden international für unseren Kurs der wachstumsfreundlichen Konsolidierung werben." Schäuble will "für eine klare Abkehr von hohen Staatsschulden bei gleichzeitigen Reformen und einer auf Zukunftsbereiche ausgelegten Ausgabenpolitik" eintreten.

   Allerdings hat der Finanzminister selbst die Hoffnungen darauf gedämpft, seine Amtskollegen bei dem Treffen auch tatsächlich von seinem Kurs überzeugen zu können. "Da werden Sie sehen: Wir stehen ziemlich allein", räumte der 72-jährige Politikveteran schon ein.

   Die Ausrichtung der Wirtschafts- und Finanzpolitik ist Deutschland besonders wichtig. Deshalb soll vor der eigentlichen Arbeitssitzung, die am frühen Donnerstagnachmittag geplant ist, das Treffen mit den sieben Ökonomen stattfinden, die Schäuble nach Dresden eingeladen hat - unter ihnen Nobelpreisträger Robert Shiller, der frühere US-Finanzminister Larry Summers und der Chef der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), Jaime Caruana.

   Mit ihnen soll am Donnerstagvormittag bei zwei Symposien über Wege zu einer "dynamischen Weltwirtschaft" diskutiert werden. Ein Regierungsbeamter sagte, im Zentrum stehe zum einen die Frage, wie ein dauerhaftes dynamischeres Wachstum erreicht werden könne, und zum anderen der Zusammenhang von mangelndem Wachstum und möglichen Risiken im Finanzsystem.

   Deutschland ist als derzeitige G7-Präsidentschaft Ausrichter des Treffens, zu dem auch die Spitzen von IWF, Weltbank und der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) erwartet werden, sowie für Europa der Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem, EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici und der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi.

   Deutschlands Weg, der vor allem auf strikte Budgetdisziplin als Voraussetzung für eine Verstärkung von Investitionen setzt, ist international umstritten. Organisationen wie der Internationale Währungsfonds (IWF) machen Druck auf Berlin, die öffentlichen Investitionen zu erhöhen. Dadurch, so die Argumentation, könne das Wachstum in anderen Euro-Ländern gestützt und außerdem der deutsche Leistungsbilanzüberschuss verringert werden. Die G7-Agenda deutet allerdings darauf hin, dass Schäuble von dieser Idee weiterhin wenig hält.

   Unter den sieben Ländern gehen die Meinungen darüber auseinander, ob vor allem eine mangelnde Nachfrage mehr Wachstumsdynamik verhindert, oder ob der Grund dafür in erster Linie in den zu hohen Schuldenständen zu suchen ist. Auch unter den Ökonomen, die zu dem Thema in Dresden vortragen werden, gebe es "durchaus unterschiedliche Meinungen", räumte der hochrangige Beamte ein.

   Die Bundesregierung will in diesem Kontext aber ausdrücklich auch eine Diskussion über die derzeit ultralockeren Zinsen führen, die sie als eine mögliche Hürde für nachhaltiges Wachstum ansieht. "Es muss auch die Frage erlaubt sein, ob die aktuelle Geldpolitik zu dauerhaft mehr Wachstum beiträgt oder eigene Risiken beinhaltet", sagte der Beamte aus dem Finanzministerium.

   Weitere Themen des Treffens der G7 sollen eine Zusammenarbeit im Steuerbereich, die Bekämpfung der Terrorismusbekämpfung und die weitere Finanzmarktregulierung sein. So soll laut deutschen Regierungskreisen darüber gesprochen werden, was über die bereits laufende Beps-Initiative zur Bekämpfung von Steuervermeidung hinaus noch auf den Weg gebracht werden kann - zum Beispiel eine engere Verwaltungszusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden der G7.

   Bei der Debatte um Lücken in der Finanzmarktregulierung soll es vor allem um die Schattenbanken und die nötige Kapitalunterlegung global agierender Banken gehen. Die G7 wollten auch über die Eigenkapitalunterlegung von Staatsanleihen diskutieren, hieß es.

   Bei der bis zum Freitag dauernden Tagung soll aber auch über die aktuellen geopolitischen Risiken gesprochen werden. Dabei wird es laut den Angaben auch um die Frage eines Schuldenschnitts oder einer Restrukturierung von Schulden der Ukraine gehen; Entscheidungen seien dazu allerdings nicht zu erwarten. Thema soll zudem eine Einbeziehung des chinesischen Renminbi in den Währungskorb des IWF sein, über die der Währungsfonds im Herbst entscheiden will.

   Auch am Thema Griechenland werden die Finanzminister und Notenbankchefs nicht vorbeikommen. Allerdings soll die Lage in dem von der Pleite bedrohten Land nach dem Willen des deutschen Gastgebers nur eine untergeordnete Rolle spielen. "Auf Nachfrage" der übrigen Teilnehmer könne auch dieses Thema diskutiert werden, hieß es. "Ich glaube nicht, dass Griechenland im Fokus von Dresden stehen wird", sagte der Beamte. Nachdem Athen angekündigt habe, nun doch eine am 5. Juni fällige IWF-Rate zu zahlen, spreche nun "Einiges dafür, dass wir nicht um den 5. Juni herum - weder vorher noch unmittelbar danach - in einer Default-Situation sind".

   Die übrigen Euro-Länder bestehen nach wie vor darauf, dass Athen Reformpläne vorlegt, um weitere Hilfsgelder zu erhalten. Schäuble hatte erst am Freitag seine harte Haltung gegenüber Athen verteidigt und auf einer Erfüllung von Reformzusagen durch das Land gedrungen. Mit seiner als "relativ stur" angesehenen Haltung wolle er Schaden für Europa verhindern.

Dow Jones

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