29.11.2012 18:44:30
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Geldhahn für Unternehmer öffnet sich unterschiedlich in Europa
Von Beate Preuschoff
BERLIN--Wie leicht sich der Geldhahn für Unternehmensinvestitionen aufdrehen lässt, hängt in Europa vor allem auch vom Firmenstandort ab. Denn Firmenchefs in Europa müssen sich ganz unterschiedlich anstrengen, wenn es darum geht, an Geld für Investitionen ins eigene Unternehmen zu kommen. Während es laut Angaben der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Südeuropa selbst für wettbewerbsfähige Unternehmen äußerst schwer ist, Kapital aufzutun, haben deutsche Firmen damit nach einer aktuellen Untersuchung des deutschen Bankenverbandes keine Schwierigkeiten.
"Es ist festzustellen, dass viele auch gesunde Unternehmen in Südeuropa nicht mehr an Finanzierungen kommen, um ihre Projekte und ihre Investitionen durchzuführen", sagte KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner in Berlin. Dabei handele es sich zum Teil durchaus um Unternehmen, die wettbewerbsfähig wären. "Denen fehlt die Finanzierung, und das ist ein Grund, warum die Rezessionen in Südeuropa so viel schärfer ausfallen, als dies zunächst auch vom IWF angenommen wurde", sagte Zeuner.
Den Unternehmen in den Krisenländern werde das schlechte Rating ihrer Länder zum Verhängnis. Die Unsicherheiten über die künftige Schuldentragfähigkeit dieser Länder gepaart und mit großen Problemen bei den Banken haben, so Zeuner, eine Kapitalflucht zur Folge gehabt. Private Anleger zogen ihr Kapital ab. Einige europäische Banken verabschiedeten sich gleich völlig aus einigen Ländern.
Laut dem KFW-Chefvolkswirt steht so wenig Kapital für die Unternehmen zur Verfügung, dass dies die Rezession noch verstärke. "Die Kapitalflucht hat in den südeuropäischen Ländern mindestens ebenso stark wie die von den Regierungen betriebene Haushaltskonsolidierung zur Rezession beigetragen", sagte Zeuner. Daher gehe es darum, etwa durch Strukturreformen Vertrauen zurückzugewinnen, damit sich die Kapitalströme wieder umkehrten.
Als einen Ansatzpunkt, um die Situation für die Firmen schneller zu verbessern, nannte Zeuner eine Entzerrung der Unternehmensbewertung vom Staatsrisiko. "Da müsste man ansetzen zu sagen, dass mit der Unternehmensfinanzierung nicht das Staatsrisiko verbunden ist: Diesen Mechanismus zu überwinden, wäre ein Ansatz", sagte der KfW-Chefvolkswirt. Ausländische Institutionen oder Unternehmen könnten helfen, eine Unternehmensfinanzierung in den Krisenländern unabhängig vom dortigen Länderrating hinzubekommen.
"Eine deutsche Institution oder ein deutsches Unternehmen hätte ein deutsches Länderrisiko und kein portugiesisches oder griechisches Länderrisiko", sagte Zeuner. Unternehmen könnten sich in Joint Ventures zusammenschließen. Damit könnten Firmen in Ländern mit schlechtem Rating von Unternehmen in Ländern mit besserem Rating profitierten.
Denkbar sei auch, Institutionen wie die Europäische Investitionsbank (EIB) einzuspannen, die ganz andere Refinanzierungskosten als etwa eine griechische Bank habe. "Die EIB könnte ihre Zinskonditionen durchleiten, was eine griechische Bank nicht kann", sagte Zeuner.
Um die Finanzierungssituation für Unternehmen in Krisenländern zu verbessern, müssten zudem die Banken in den südeuropäischen Ländern besser aufgestellt werden. Anstrengungen dazu gebe es bereits wie in Spanien. "Wenn man die Bankensanierung zu Ende gebracht hat, könnte ich mir vorstellen, dass die Risikoprämien wieder etwas anders ausfallen und sich die Banken wieder besser refinanzieren können", sagte der KfW-Chefvolkswirt. Er plädierte auch für eine striktere Trennung von Staat und Banken. Bei den Banken lagerten umfangreiche Staatsanleiheportfolios. Diese Verflechtung von Staat und Banken sollte verringert werden.
Derartige Probleme wie in Südeuropa haben die Firmen hierzulande derzeit nicht. "Deutsche Unternehmen haben keine Probleme an Kredite zu kommen", erklärte Andreas Schmitz, Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken, in Berlin. Das belegten die jüngsten Zahlen zur Kreditvergabe an Unternehmen.
Die deutschen Banken böten auch weiterhin genügend Kredite zu günstigen Konditionen an. Die Zinsen seien dabei zuletzt sogar noch weiter zurückgegangen. "Von der schwierigen Entwicklung im Euroraum setzt sich die Lage in Deutschland somit deutlich ab", betonte der BdB-Präsident.
Kontakt zum Autor: beate.preuschoff@dowjones.com
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November 29, 2012 12:14 ET (17:14 GMT)
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