04.02.2019 20:34:40
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GESAMT-ROUNDUP 2: Bund droht Milliarden-Finanzloch - Streit um Grundrente
(Neu im letzten Absatz: Von der Leyen besteht auf höheren Verteidigungsausgaben.)
BERLIN (dpa-AFX) - Nach lange sprudelnden Rekordeinnahmen droht dem Bund wegen der abflauenden Konjunktur nun ein 25-Milliarden-Loch im Haushalt der nächsten Jahre. Das Finanzministerium von Olaf Scholz (SPD) hat deshalb rote Linien für weitere Ausgaben gezogen - ein Grund der Probleme liegt aber auch in immer neuen Projekten der Koalition. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) pocht vor diesem Hintergrund darauf, die Finanzierbarkeit der geplanten Grundrente zu klären, für die Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) auf Steuergeld baut. Sein Konzept mit Zuschlägen auf kleine Renten stößt weiter auf Kritik.
Neue Ausgaben sind künftig nur noch durch Einsparungen an anderer Stelle möglich. Man rechne mit rund fünf Milliarden Euro geringeren Steuereinnahmen pro Jahr, heißt es in einer Vorlage von Staatssekretär Werner Gatzer an die anderen Ministerien, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Demnach fehlen in der Planung bis 2023 nun 24,7 Milliarden Euro. Für den Haushalt 2020 sind es bisher 6,3 Milliarden, für 2021 5,5 Milliarden, für 2022 rund 9,6 Milliarden und für 2023 3,3 Milliarden Euro. Hintergrund ist auch, dass die Wachstumsprognose für 2020 von 1,8 auf 1,0 Prozent gesenkt wurde.
Eine Sprecherin des Finanzministeriums betonte, die "schwarze Null" stehe nicht zur Debatte. "Ein ausgeglichener Haushalt bleibt die klare Maßgabe bei der Haushaltsplanung des Bundes." Daher gelte es, weiterhin "die richtigen Prioritäten" zu setzen. Scholz selbst hatte zu Jahresbeginn gesagt, die "fetten Jahre" seien vorbei.
Mit Blick auf die Finanzierbarkeit der Grundrente legt Merkel daher Wert darauf, dass die Positionen von Arbeits- und Finanzminister "zusammengeführt werden", wie Vize-Regierungssprecherin Martina Fietz sagte. Sie unterstrich außerdem, dass laut Koalitionsvertrag eine Bedürftigkeitsprüfung Voraussetzung für den Bezug der Grundrente sein solle. "Das ist die gemeinsame Arbeitsgrundlage der Koalition."
Heils Konzept sieht vor, dass Millionen Geringverdiener nach mindestens 35 Jahren Beitragszahlung automatisch höhere Renten bekommen sollen - ohne Bedürftigkeitsprüfung. Gerechnet wird mit Kosten in mittlerer einstelliger Milliardenhöhe pro Jahr, die aus dem Etat bezahlt werden sollten. Heils Sprecherin erläuterte, über die Finanzierung werde man reden, wenn es ein geeintes Modell in der Koalition gebe. Das Finanzministerium betonte, dass auch Ressortchef Scholz klar hinter dem Ziel der Grundrente stehe.
Aus der Union wurden weitere Vorbehalte gegen Heils Konzept laut. Saar-Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sagte der "Bild"-Zeitung (Montag): "Es sieht für mich auf den ersten Blick so aus, als würde das zu viel Geld verschlingen und zu wenig zielgerichtet bei denen ankommen, die das Geld wirklich dringend brauchen." CDU-Haushälter Eckhardt Rehberg sagte, Steuererhöhungen und neue Schulden seien dafür nicht zu machen. Der Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels, Karl-Josef Laumann, warnte davor, das Vorhaben kaputtzureden. Eine Bedürftigkeitsprüfung könne man "auch so machen, dass das nicht erniedrigend ist", sagte er im Südwestrundfunk.
SPD-Politiker verteidigten Heils Konzept. Generalsekretär Lars Klingbeil sagte der "Rheinischen Post" (Dienstag), CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer habe bei der Grundrente gerade Menschen in Ostdeutschland große Versprechungen gemacht. "Jetzt muss sie zeigen, dass das ernst gemeint war." SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach nannte die Kritik aus der Union absolut nicht nachvollziehbar. "CDU und CSU wollen mit der Abschaffung des Solidaritätszuschlages die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung mit zehn Milliarden Euro beschenken. Die Union will Steuern für die Reichen senken. Die SPD will den ärmsten Rentnern helfen", sagte er der "Passauer Neuen Presse" (Montag).
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sprach von einem Schritt in die richtige Richtung. Es sei aber "nicht erkennbar, woher die Finanzierungsspielräume für Heils milliardenschwere Grundrente kommen sollen", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. FDP-Chef Christian Lindner nannte die Pläne ungerecht: "Dann wird sich irgendwann einer fragen: Wenn ich 35 Jahre eingezahlt habe und relativ mehr eingezahlt habe - wieso bekommt der andere einen Steuerzuschuss?", sagte er am Sonntagabend in der ARD.
Die nun vom Finanzministerium verhängte Ausgabenbremse ist vor allem für Verteidigungsministerium Ursula von der Leyen (CDU) und Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) eine schlechte Nachricht, da deren Vorhaben besonders betroffen sein könnten - und Deutschland das von US-Präsident Donald Trump geforderte Hochfahren der Verteidigungsausgaben nicht erfüllen könnte. Von der Leyen machte bereits deutlich, dass sie auf der Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts besteht: "Die klare politische Vereinbarung steht: Für das Jahr 2025 1,5 Prozent", sagte sie am Montag bei einem Besuch in der lettischen Hauptstadt Rukla./sam/ir/DP/zb

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