28.02.2020 20:53:43

GESAMT-ROUNDUP 2: VW entschädigt Dieselkunden und blickt auf schwieriges Jahr

(neu: Mit neuer Rolle für Audi und Ersatz-Präsentation für Genfer Salon)

WOLFSBURG (dpa-AFX) - Volkswagen (Volkswagen (VW) vz) entschädigt nach langem Streit einen Teil seiner deutschen Dieselkunden und kann für die geplanten Zahlungen auf eine prall gefüllte Kasse zurückgreifen. Der Autobauer schloss mit dem Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) nun doch noch einen gemeinsamen Vergleich - Vermittlungsgespräche am Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig brachten den Durchbruch. Trotz sehr guter Geschäftszahlen im abgelaufenen Jahr sieht sich VW (Volkswagen (VW) vz) aber auch außerhalb seines Heimatmarktes einer Reihe wachsender Risiken gegenüber - darunter die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus.

262 500 VW-Dieselkunden sollen je nach Modell und Alter ihres Autos zwischen 1350 und 6257 Euro erhalten. Das außergerichtlich vereinbarte Angebot erstreckt sich auf Autos mit dem manipulierten EA-189-Motor bei den Konzernmarken - also auch auf etliche Fahrzeuge der Töchter AUDI, Skoda, Seat oder VW-Nutzfahrzeuge - aus den Modelljahren 2008 bis 2016. Die in Frage kommenden Verbraucher können nun bis zum 20. April entscheiden, ob sie den Vergleich annehmen oder in Einzelklagen weiter für mehr Geld streiten. Am 5. Mai kommt der erste Fall vor den Bundesgerichtshof. Die Braunschweiger Musterklage will der vzbv nach der Einigung mit VW nicht weiterverfolgen.

Die vom Unternehmen bereitgestellte Gesamtsumme beträgt rund 830 Millionen Euro. Sie wird Teil der schon über 30 Milliarden Euro umfassenden "Dieselgate"-Rechnung von VW. Für die Altlasten der Abgasaffäre musste der Konzern im abgelaufenen Jahr laut vorläufigen Zahlen weitere 2,34 Milliarden Euro veranschlagen - 2018 hatten noch Sondereinflüsse von 3,18 Milliarden Euro zu Buche geschlagen.

Außerdem will VW die Kosten für die Abwicklung des Vergleichs und eine grundlegende Rechtsberatung der Dieselfahrer übernehmen. Unabhängige Wirtschaftsprüfer sollen die Umsetzung zudem überwachen. Für mögliche Streitfragen soll eine Ombudsstelle eingerichtet werden.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der auch im VW-Aufsichtsrat sitzt, lobte die erzielte Vergleichslösung: "Für den Rechtsfrieden ist eine gütliche Einigung stets besser als ein streitiges Urteil." So könne man auf viele Prozesse verzichten, die es sonst gegeben hätte. Selbst bei erfolgreicher Musterklage hätten einzelne Kunden ihre Ansprüche in Folgeverfahren durchsetzen müssen.

Die Verbraucherzentralen hatten stellvertretend für mehrere Hunderttausend Dieselfahrer die Musterklage eingereicht, um Schadenersatz für Autos mit zu hohen Abgaswerten zu erstreiten. Eine erste Runde von Vergleichsverhandlungen hatten VW und der Verband noch abgebrochen. Sie schoben sich danach gegenseitig die Verantwortung dafür zu, den Zeitdruck durch Ultimaten jeweils erhöht zu haben - am Ende platzte die eigentlich schon angepeilte Lösung.

Kein Vergleichsangebot bekommen Dieselbesitzer, die ihr Auto nach dem 31. Dezember 2015 gekauft haben oder zum Zeitpunkt des Kaufs ihren Wohnsitz nicht in Deutschland hatten. "Wir finden zwar, dass auch diese Menschen Ansprüche haben", sagte vzbv-Chef Klaus Müller. Die Grundlagen seien aber zu individuell zur Klärung in der Musterklage.

Die finanziellen Lasten für den Vergleich dürften VW am Ende deutlich weniger belasten, als dies im Fall Tausender Einzel-Entschädigungen nach einem Grundsatzurteil aus Karlsruhe der Fall gewesen wäre. Unabhängig davon verdiente die Volkswagen-Gruppe laut vorläufigen Zahlen im vergangenen Jahr weiter glänzend. Unterm Strich legte das Ergebnis im Vergleich zu 2018 um 12,8 Prozent auf 13,3 Milliarden Euro zu. Neben dem starken Geschäft vor allem mit Stadtgeländewagen trugen auch Einsparungen bei der Kernmarke VW-Pkw dazu bei.

Gemessen an den Auslieferungen blieb der Konzern 2019 vor Toyota (Toyota Motor) der weltgrößte Autobauer. Das Plus betrug 1,3 Prozent auf 10,97 Millionen Fahrzeuge, die Japaner kamen auf 10,7 Millionen. Der Umsatz der VW-Gruppe wuchs um 7,1 Prozent auf 252,6 Milliarden Euro.

Teuer wird der weitere Ausbau der E-Mobilität, in die in den kommenden Jahren Milliarden fließen. Einstweilen müssen SUVs und Oberklasse-Autos solche Investitionen noch mitfinanzieren. Wichtig ist für VW vor allem der Start des neuen Kompaktwagens ID.3 im Werk Zwickau. Hier kam es zu Verzögerungen bei der Software-Ausstattung, es gibt Berichte über Probleme bei Testfahrten. Offiziell hält Volkswagen aber an dem geplanten Marktstart zur Jahresmitte fest.

Die Tochter Audi soll unter ihrem designierten neuen Chef Markus Duesmann im Markenverbund der Konzernmutter VW künftig für Forschung und Entwicklung zuständig sein. Konzernchef Herbert Diess sprach von einer Bündelung der Kräfte. Auch der Konzernteil zur Entwicklung des künftigen Auto-Softwarebetriebssystems soll seinen Schwerpunkt in Ingolstadt haben. Duesmann wird im April den Chefsessel bei Audi übernehmen und arbeitete zuletzt wie Diess selbst bei BMW.

Die schwächere Autonachfrage in vielen Ländern ist auch für VW eine Herausforderung. In China hatte der Konzern 2019 noch vergleichsweise gut abgeschnitten. Wegen des Coronavirus musste die Produktion dort jüngst aber kurzzeitig ausgesetzt werden. Die weitere Verbreitung des Erregers macht die Einschätzung der künftigen Lage schwierig: Neben geopolitischen Spannungen und Konflikten seien "länder- und regionsübergreifende Epidemien wie aktuell die Ausbreitung des Coronavirus" Themen, die "eng zu monitoren sind", hieß es.

Nach der Absage des Genfer Autosalons wegen des Virus in der kommenden Woche will VW statt der geplanten Pressekonferenz seine Neuheiten in einem Online-Stream vorstellen. Markengeschäftsführer Ralf Brandstätter und der Entwicklungsvorstand der Kernmarke, Frank Welsch, gehen dabei unter anderem auf Golf- und Touareg-Modelle ein./jap/DP/jha

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