Für 9 Milliarden Euro |
03.06.2019 20:33:00
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Infineon-Aktie belastet: Infineon will Cypress kaufen - größter Zukauf der Unternehmensgeschichte
Commerzbank-Analyst Florian Treisch und sein Kollege Jürgen Wagner vom Investmenthaus Mainfirst lobten zwar den strategischen Sinn der Cypress-Übernahme. Den Kaufpreis halten sie allerdings für recht hoch.
"Es ist ein stolzer Preis, da ist kein Zweifel", räumt auch Infineon-Chef Ploss ein. Allerdings habe sein Unternehmen im Vergleich zu Wettbewerbern den Vorteil, dass es diese Summe trotz des Abschwungs in der Branche finanzieren könne. Hätten andere eine ähnlich gute Ausgangsposition gehabt, wäre der Preis noch höher ausgefallen, schätzt Ploss.
Tatsächlich bietet Infineon den Cypress-Aktionären 23,85 US-Dollar je Anteil. Das entspricht den Angaben zufolge einem Aufschlag von 34 Prozent zum Schlusskurs vom Freitag und von 46 Prozent auf den Durchschnittskurs der vergangenen 30 Handelstage.
Für die Gesamtsumme hat sich Infineon bereits Kreditzusagen von Banken gesichert, auch eigene Barmittel sollen in die Übernahme fließen. Rund 30 Prozent des Kaufpreises - also rund 2,7 Milliarden Euro - will das Management aber später durch neues Eigenkapital ersetzen, damit das Unternehmen seine gute Bonitätsnote bei den Ratingagenturen behält.
Wie genau er das Eigenkapital besorgen will, hielt sich Finanzchef Sven Schneider am Montag offen. Es könne etwa auf eine Kapitalerhöhung mit oder ohne Bezugsrecht oder auf eine Pflichtwandelanleihe hinauslaufen. Infineon habe keinen Zeitdruck, denn die Kreditzusagen der Banken liefen über fünf Jahre. Infineon hat sich bereits die Unterstützung der Cypress-Führungsspitze gesichert und will die Übernahme spätestens Anfang 2020 abschließen. Dazu müssen die Aktionäre das Angebot aber erst annehmen. Vor allem müssen auch die zuständigen Aufsichtsbehörden der Übernahme zustimmen.
Mit Blick auf die US-Kartellbehörde und den Sicherheitsausschuss (CFIUS), der für die Prüfung ausländischer Investitionen in den USA zuständig ist, zeigte sich Ploss allerdings zuversichtlich. Er habe "definitiv ein sehr gutes Gefühl", was die Genehmigung anbelange. Cypress biete auch keine Produkte an, die wegen möglichen Einsatzes im Rüstungsgeschäft eine Export-Genehmigung benötigten. An diesem Punkt stellt sich der Sicherheitsausschuss gern quer.
Zuletzt hatte Infineon mit den USA schlechte Erfahrungen gemacht. Die 2016 angekündigte Übernahme der Cree-Tochter Wolfspeed für 850 Millionen Dollar kam wegen des Widerstands der US-Regierung nicht zustande. Besser lief es ein paar Jahre zuvor. Anfang 2015 schloss Infineon den rund drei Milliarden US-Dollar teuren Kauf des US-Unternehmens International Rectifier ab. Es war die bisher größte Übernahme des 1999 von Siemens ausgegliederten und ein Jahr später an die Börse gebrachten Unternehmens.
"Die geplante Übernahme von Cypress ist ein großer und richtungsweisender Schritt bei der strategischen Weiterentwicklung von Infineon", sagte Infineon-Chef Reinhard Ploss. Die Technologieportfolien beider Gesellschaften ergänzten sich und eröffneten großes Potenzial in den wachstumsstarken Zielmärkten Automotive, Industrie und Internet der Dinge (IoT). Gerade im Bereich der "Instant on"-Speicher, die beim Start blitzschnell aus dem Halbschlaf erwachen, sieht er große Chancen - etwa beim Einsatz in autonom fahrenden Autos.
Durch den Zukauf würde der Konzern aus Bayern nach eigenen Angaben zur Nummer acht unter den Chip-Herstellern weltweit aufsteigen. Zugleich sieht sich Infineon damit als künftige Nummer eins bei Chips für den Automobilmarkt.
Ploss erwartet, dass die positiven Umsatzeffekte durch die Übernahme langfristig bei mehr als 1,5 Milliarden Euro pro Jahr liegen. Zusätzlich sieht er ein Sparpotenzial von jährlich 180 Millionen Euro. Nach der Transaktion peilt er ein Umsatzwachstum von mehr als neun Prozent an. Die Segmentergebnis-Marge soll statt bisher 17 Prozent künftig 19 Prozent erreichen, die Investitionsquote soll hingegen auf 13 Prozent schrumpfen.
Beides liege am Geschäftsmodell von Cypress, erläuterte Ploss. So hätten die Amerikaner einen großen Teil der Fertigung an andere Firmen ausgelagert und daher selbst einen geringeren Investitionsbedarf. Von diesem Modell würde nach einer Übernahme auch Infineon profitieren.
Cypress Semiconductor ist in den vergangenen Jahren unter anderem dank einer Übernahme stark gewachsen. 2018 setzte der Konzern rund 2,5 Milliarden Dollar (2,2 Mrd Euro) um und verdiente dabei 355 Millionen Dollar. Infineon kam im Geschäftsjahr 2017/18 auf einen Umsatz von 7,6 Milliarden Euro - der Gewinn lag bei 1,1 Milliarden Euro. Die Marge auf Basis des Segmentergebnisses erreichte 17,8 Prozent. Infineon hatte zuletzt vor allem auf Wachstum aus eigener Kraft gesetzt und steckt deshalb auch viel Geld in den Werksausbau in Österreich.
Cypress kann sich aus Infineon-Deal gegen Strafzahlung zurückziehen
Cypress Semiconductor kann sich aus der vereinbarten Übernahme durch Infineon immer noch zurückziehen. Wie aus einer Cypress-Mitteilung hervorgeht, kann das US-Unternehmen die Vereinbarung vor dem für die Übernahme notwendigen Hauptversammlungsbeschluss beenden, wenn ein überlegenes Angebot vorliegt. Allerdings müsste Cypress dann eine Strafe von 330 Millionen US-Dollar an Infineon zahlen.
Auf der anderen Seite sieht die Vereinbarung vor, dass Infineon 425 Millionen Dollar an Cypress zahlen muss, sollten bestimmte Bedingungen nicht erfüllt werden.
So reagiert die Infineon-Aktie
Die Ambitionierte Übernahmepläne von Infineon sind zum Wochenbeginn bei den Aktionären des Halbleiter-Unternehmens auf Skepsis gestoßen. Zu teuer, lautete der Tenor am Markt, vor allem in der gegenwärtigen Marktphase.
Mit einem Abschlag von 8,05 Prozent auf 14,97 Euro waren sie am Montag der schwächste Wert im DAX. Der deutsche Leitindex rückte dagegen um 0,56 Prozent vor. Mit ihrem bei hohen Umsätzen erreichten Tagestief bei 14,444 Euro standen die Anteile zeitweise so tief wie zuletzt im September 2016. Charttechnisch sei der Weg für die Infineon-Papiere nun nach unten frei, urteilte ein Händler.
Der Konzern wagt den bisher größten Übernahmeversuch in seiner Unternehmensgeschichte und will für neun Milliarden Euro den US-Konkurrenten Cypress Semiconductor kaufen. Die Kaufsumme soll bis zu 30 Prozent durch neues Eigenkapital finanziert werden. Infineon bietet den Cypress-Aktionären 23,85 Dollar je Anteil. Das kommt einem Aufschlag von 34 Prozent zum Schlusskurs vom Freitag gleich und 46 Prozent auf den Durchschnittskurs der vergangenen 30 Handelstage.
Gerade die Kapitalerhöhung ist aus Sicht eines Börsianers ein deutlicher Belastungsfaktor. Zudem verfliege mit der Übernahme erst einmal die Fantasie, dass die Münchner selbst zum Übernahmeziel werden könnten. Die Ratingagentur S&P senkte inzwischen den Ausblick für die Kreditwürdigkeit von Infineon auf "Negativ", das Rating lautet weiterhin "BBB".
Die schweizerische Großbank UBS hält den geplanten Zukauf für teuer. Der Erfolg hänge daher insbesondere von Umsatzsynergien ab, schrieb Analyst David Mulholland in einer am Montag vorliegenden Studie. Er stuft Infineon-Papiere aber weiter mit "Buy" und einem Kursziel von 25 Euro ein.
Möglicherweise habe sich der Preis durch andere Interessenten hochgeschaukelt, kommentierte Mainfirst-Analyst Jürgen Wagner. Strategisch lobt er den Schritt aber: Die Produktportfolios ergänzten sich auf den ersten Blick gut und Cypress stärke zudem die globale Präsenz der Münchner. Wagner ließ seine Einstufung für Infineon auf "Neutral" mit einem Kursziel von 19 Euro.
Auch Sandeep Deshpande, Analyst bei der US-Bank JPMorgan, betonte die Vorteile der geplanten Übernahme. Das Cypress-Geschäft könne den Münchnern zu einer Spitzenposition in der Halbleiterherstellung für die Automobil-Industrie verhelfen und verbessere zudem die Stellung im Bereich "Internet der Dinge". Zudem könne mit einer Margensteigerung über den Zyklus hinaus sowie sinkenden Investitionsausgaben gerechnet werden. Bis dato sei Infineon noch nicht im Bereich Automobil-Infotainment aktiv. Das könne sich durch das Zusammengehen mit Cypress Semiconductors ebenfalls ändern, so der Experte.
Infineon-Papiere haben seit ihrem Jahreshoch bei 21,615 Euro Mitte April inzwischen fast ein Drittel ihrer Marktkapitalisierung verloren. An der Börse ist der Konzern aktuell nur noch rund 17 Milliarden Euro wert. Vor allem im Mai waren die Anteile sowie Halbleiterwerte insgesamt deutlich unter Druck geraten, was Händler vor allem auf die Sorgen um eine nachlassende Chip-Nachfrage in Folge des US-chinesischen Handelskonflikts und der Sanktionen der USA gegen den chinesischen Smartphone- und Telekomkonzern Huawei zurückführen.
Es wird befürchtet, dass China mit Restriktionen gegen Apple auf die US-Sanktionen gegen Huawei reagieren und dann die Chip-Preise sinken könnten. Chip-Hersteller dürften in diesem Szenario eher Kapazitäten vom Markt nehmen als neue Fertigungsanlagen zu kaufen, hieß es.
/zb/stk/ag/mis
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