21.04.2015 18:15:46

INTERVIEW/Bayer-BMS-CFO: "Wir brauchen keine Großinvestitionen"

   Von Heide Oberhauser-Aslan

   DÜSSELDORF (Dow Jones)--Die vor der Abspaltung vom Bayer-Konzern stehende Kunststoffsparte Bayer Material Science (BMS) plant in der Unabhängigkeit keine Großinvestitionen. "Der Investitionsbedarf wird bei uns nicht so groß sein, denn wir haben in den vergangenen Jahren schon extrem viel investiert", sagte BMS-Finanzvorstand Frank H. Lutz im Interview mit Dow Jones Newswires.

   Allein in Deutschland hat BMS seit 2001 rund 1,5 Milliarden Euro investiert. In Dormagen ist vor kurzem eine moderne TDI-Anlage für 250 Millionen Euro eröffnet worden. Nach China sind in den zurückliegenden Jahren mehr als 2 Milliarden Euro geflossen. "Solche Großinvestitionen sind im Moment nicht notwendig, weil wir eine gute Produktionsbasis haben", sagte Lutz. Auch in den USA sei BMS gut aufgestellt, erklärte der CFO. Er rechnet daher in den nächsten Jahren nicht mit Kapazitätserweiterungen sondern lediglich mit Erhaltungsinvestitionen.

   Bei der Ankündigung der Abspaltungspläne durch Bayer hatte es noch geheißen, um die Wettbewerbsfähigkeit von BMS zu erhalten, seien beträchtliche Investitionen erforderlich.

   Das Kunststoffgeschäft will Bayer bis spätestens Mitte 2016 an die Börse bringen. "Entweder im Herbst oder im ersten Halbjahr 2016 streben wir den Börsengang an", sagte Lutz. Ob es dabei zu einem IPO oder einem Spin-off kommen wird, ist immer noch offen. "Wir fahren hier nach wie vor zweigleisig, das heißt, wir verfolgen sowohl die IPO-Schiene als auch einen Spin-off", sagte Lutz.

   Der Finanzvorstand machte allerdings keinen Hehl daraus, dass ihm ein IPO lieber wäre. Für ein Unternehmen sei es schöner, wenn es sich seine Investoren im Rahmen eines IPOs selbst aussuchen könne, als wenn es abgespalten werde, meinte er. Aktionäre hätten bisher ja die Bayer-Aktie ganz bewusst gehalten. Sie bekämen mit einem Spin-off eine andere Aktie in ihr Portfolio, mit der sie dann möglicherweise nichts anzufangen wüssten. Dies könne dann unter Umständen auch zu Umschichtungseffekten führen, meinte er.

   Die wirtschaftliche und rechtliche Selbständigkeit von BMS plant Bayer zum 1. September. "Dann werden wir aus dem Bayer-Konzern, aus dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ausscheiden und auf eigenen Beinen stehen müssen", erklärte der Manager. Analysten taxieren den Unternehmenswert des Teilkonzerns auf acht bis elf Milliarden Euro.

   Einen Verkauf der Sparte wollte Lutz trotz der Börsenpläne nicht gänzlich ausschließen. "Es ist definitiv nicht die präferierte Variante", sagte er. Das müsse jedoch der Eigentümer entscheiden. Im Moment deute jedoch nichts darauf hin.

   Zur möglichen Kapitalausstattung des abgespaltenen Unternehmens wolle sich Lutz nicht äußern. "Da befinden wir uns noch in den Gesprächen", meinte er. Entscheidungen würden erst später getroffen. Derzeit werde etwa diskutiert, welche Gebäude zu BMS kämen und welchen Anteil an welchem Werk BMS bekomme. "Erst wenn wir die Aktiva-Seite festgelegt haben, können wir uns über die Passiva unterhalten und damit natürlich auch über die Bilanzstruktur", meinte er.

   Der von Bayer vor Jahren abgespaltene Chemieteil, der heute unter dem Namen Lanxess im Dax notiert ist, ist Lutz teilweise Vorbild bei der Trennung von Bayer.

   Die Ausgangsbedingungen von BMS seien jedoch günstiger als die seinerzeit von Lanxess, meinte er. So gebe es BMS schon seit 10 Jahren als Teilkonzern von Bayer. In Lanxess hatte der Konzern seinerzeit ein Sammelsurium von unattraktiven wenig profitablen Chemiegeschäften eingebracht. Kritiker sprachen sogar von der Resterampe von Bayer.

   "Unser Portfolio ist mehr gestreamlined, als das bei Lanxess der Fall war. Insofern haben wir ein klareres Geschäftsmodell", sagte Lutz. Lernen könne BMS von Lanxess, wie man sehr erfolgreich einen Kapitalmarktauftritt schaffe. Dazu zähle, wie man sich über die ersten Jahre sehr positiv am Kapitalmarkt entwickelt und wie man auch sehr erfolgreich über lange Zeit ein Geschäftsmodell verfolgt habe, erklärte Lutz. Zudem sei vorbildlich, wie Lanxess mit den Mitarbeitern umgegangen sei und es geschafft habe, dass sich die Beschäftigten mit dem neuen Unternehmen identifizierten. "Das streben wir auch an", sagte er.

   Um die Profitabiliät anzuheben, ist nach Ansicht von Lutz in den kommenden Jahren kein harter Sanierungskurs nötig. Der Manager setzt vielmehr auf bessere Margen bei den Produkten, zusätzliche Absatzmengen und damit eine bessere Auslastung der Produktionsanlagen.

   Es gebe zwar immer noch bei einigen Produkten Überkapazitäten am Markt, sagte er. Insgesamt schätzt er die Überkapazitäten auf etwa 20 Prozent. "Andererseits sehen wir im Moment auch eine wachsende Nachfrage", erklärte er. Die globalen Trends machten sich positiv bemerkbar. "Die gesamte Branche wächst in den Anzug hinein, der im Moment noch etwas zu groß ist", sagte er.

   "Wenn wir wachsen und mehr produzieren, findet schon eine Fixkostendegression statt, und es kann eine höhere Profitabilität generiert werden", erklärte Lutz. BMS werde sich aber sicherlich auch die Prozesse anschauen. "Wir kommen aus einem sehr großen Unternehmen, wir werden zukünftig deutlich kleiner sein, können uns also schlankere Prozesse leisten und flexibler werden. Auch das wird zur Kostenreduktion beitragen", sagte er.

   Im vergangenen Jahr erzielte der Teilkonzern Erlöse von 11,7 Milliarden Euro. Das EBITDA vor Sondereinflüssen wuchs um knapp 11 Prozent auf knapp 1,2 Milliarden Euro. Im laufenden Jahr rechnet BMS zwar mit Mengenwachstum, wegen rückläufiger Verkaufspreise wird aber ein Umsatzrückgang erwartet. Das bereinigte EBITDA soll deutlich steigen. Zugute kommen dem Konzern neben Einsparungen und höheren Volumina die niedrigeren Rohstoff- und Energiepreise. In diesem Jahr will der Teilkonzern seine Kapitalkosten verdienen, was zuletzt nicht gelang. Das Unternehmen sei dabei auf gutem Weg, sagte Lutz.

   Kontakt zum Autor: heide.oberhauser@wsj.com

   DJG/hoa/bam

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   April 21, 2015 11:44 ET (15:44 GMT)

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