14.12.2020 21:55:39

Kandidaten um CDU-Vorsitz versprechen Modernisierung des Landes

Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Die drei Bewerber um den CDU-Vorsitz haben am Montag ihre Visionen für die Zukunft der Partei und Deutschlands vorgestellt. Bei der ersten offiziellen Kandidatenrunde gut einen Monat vor der Wahl zum Parteivorsitz versprach der Finanzexperte Friedrich Merz eine wirtschaftliche Erneuerung des Landes, während der frühere Bundesumweltminister Norbert Röttgen die CDU modernisieren und verjüngen will. Der dritte im Bunde, Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet, inszenierte sich als Landesvater, Teamspieler und Versöhner, der Wirtschaft mit Ökologie sowie Stadt mit Land zusammenbringen will.

"Wir werden nichts machen, was das Industrieland Deutschland in seiner Substanz gefährdet", versprach Laschet in der Runde, bei der CDU-Mitglieder den Bewerbern Fragen stellten durften. Als CDU-Vorsitzender werde er außerdem klare Kante beim Thema innere Sicherheit zeigen und besonders gegen Clan-Kriminalität vorgehen.

Finanzexperte Merz sieht Deutschland im kommenden Jahr mit dem Abtritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel vor einer Zäsur und will das Land nach vorne bringen. Er pochte auf die Einhaltung der Schuldenbremse ab dem Jahr 2022 und will einen neuen Generationenvertrag sowie eine ökologische Erneuerung der Marktwirtschaft voranbringen.

Der frühere Bundesumweltminister Röttgen und heutige Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag will in der Partei Frauen mehr Einfluss geben. Auch sprach er sich gegen einen Koalitionswahlkampf im Hinblick auf die Grünen aus. Die CDU müsse beim Klimaschutz Glaubwürdigkeit durch konkrete Instrumente, marktwirtschaftliche Kompetenz und Technologie erreichen.

Kein Spielraum für Steuersenkungen

Bei den Finanzfragen räumten Merz und Laschet beide ein, dass sie angesichts der hohen Kosten für die Corona-Pandemie kaum Spielraum für Steuersenkungen sehen.

Merz sagte, Deutschland sei mittlerweile eines der Länder mit den höchsten Steuern in der gesamten Welt. "Die Steuerlast zu senken wird extrem schwierig angesichts der Verschuldung der öffentlichen Haushalte", so Merz. Eine Ausnahme will er allerdings bei den jungen Unternehmen machen, deren steuerliche Bedingungen verbessert werden müssten. Auch jungen Familien müsste der Immobilienkauf erleichtert werden.

Laschet mahnt beim Thema Steuersenkungen Ehrlichkeit an. "Das, finde ich, können wir im Moment nicht seriös versprechen", sagte Laschet, dessen Partei in der Vergangenheit wiederholt Steuersenkungen gefordert hatte. Solch ein Versprechen in der aktuellen Zeit wäre "keine ehrliche und keine reale Politik", so der Ministerpräsident.

Kritik von Merz an der EZB

Der Finanzexperte Merz ging in der Debatte auch die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank an. "Die EZB-Politik, die Nullzinspolitik wird Auswirkungen haben auf die Ersparnisse. Wenn sie keine Zinsen mehr kriegen, können sie kaum noch sparen", sagte Merz. Die EZB-Politik sehe er daher "zunehmend kritisch" auch im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Immobilienmärkte. "Wir haben Inflation, aber eben nicht mehr in dem herkömmlichen Warenkorb, sondern zum Beispiel bei Immobilien, die in den letzten Jahren astronomisch teuer geworden sind. Schön für die, die sie haben. Schlecht für die, die sie brauchen."

Er schlug vor, dass jungen Familien beim Erstimmobilienkauf die Grunderwerbssteuer erlassen werden sollte, um ihnen in Ballungsräumen die Chance für den Kauf eines Eigenheims zu geben.

Merz sprach sich zudem für eine Reform der Altersvorsorge aus. Denn wenn man vor der Rente keine Zinsen bekomme, dann könne man auch kaum noch sparen. "Wir werden eine zunehmende Gefährdung des Lebensstandards im Alter sehen", warnte Merz. Er verwies auf die europäischen Länder Dänemark, Schweden und Niederlande als Vorbild. "Die sind alle besser als wir, weil sie ihre Systeme umgestellt haben und eben nicht auf einer Säule, sondern auf drei breiten Säulen stehen", darüber müsse man reden.

Während Laschet und Röttgen ihre Sorge ausdrückten über das Auseinanderdriften von Arm und Reich in Deutschland und die mangelnde Besteuerung von Internetriesen wie etwa Amazon, auch als Folge der Corona-Pandemie, erklärte Merz, dass die Armutsgefährdung in Deutschland vor allem durch die Hartz-IV-Empfänger geprägt würde.

"Man muss allerdings auch mal sagen, wenn wir die Zuwanderung in den Jahren 2015, 2016 in die Sozialsysteme nicht gehabt hätten, hätten wir heute in Deutschland 1 Million Hartz-IV-Empfänger weniger", so Merz. Dies gehöre zum vollständigen Bild dieser Debatte dazu.

Am 16. Januar soll auf einem digitalen Parteitag der Nachfolger der scheidenden CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer gewählt werden. Danach muss noch eine Briefwahl erfolgen, damit das Ergebnis rechtlich bindend ist. Das Ergebnis wird für den 22. Januar erwartet.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

DJG/aat/cln

(END) Dow Jones Newswires

December 14, 2020 15:56 ET (20:56 GMT)

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