01.04.2015 15:11:00

Keine Ende der Rekordarbeitslosigkeit - Anstieg bis 2018 erwartet

Die 2010-Jahre könnten in Österreich am Arbeitsmarkt als "verlorenes Jahrzehnt" in die Geschichte eingehen. Seit August 2011 steigen die Arbeitslosenzahlen kontinuierlich. Die aktuelle AMS-Arbeitsmarktprognose rechnet nun sogar mit einem Anstieg der Arbeitslosenquote bis 2018. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) hofft dennoch auf eine Trendwende, die Opposition fordert rasche Gegenmaßnahmen.

Die Arbeitslosigkeit ist im März in Österreich weiter gestiegen und bleibt damit auf Rekordniveau: Ende März waren 428.519 Menschen ohne Job, um 6,5 Prozent mehr als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote nach nationaler Definition stieg im Jahresabstand um 0,9 Prozentpunkte auf 9,4 Prozent. Ende März gab es 360.212 vorgemerkte Arbeitslose, das waren um 12,9 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Die Zahl der Schulungsteilnehmer beim AMS verringerte sich um 17,8 Prozent auf 68.307 Personen.

Trotz schwächelnder Wirtschaft ist die Beschäftigung in Österreich im März weiter gestiegen. Die Zahl der aktiv unselbstständig Beschäftigten erhöhte sich per Ende März um 14.000 Personen (+0,4 Prozent) auf 3,398 Millionen. Die Anzahl der gemeldeten offenen Stellen ist um 915 (-3,4 Prozent) auf 26.252 zurückgegangen.

"Die Situation am österreichischen Arbeitsmarkt auch Ende März ist noch ein gutes Stück von einer nachhaltigen Erholung entfernt", kommentierte Hundstorfer in einer Aussendung die aktuellen Arbeitsmarktzahlen. Die Steuerreform und das geplante Wohnbauprogramm werde die heimische Konjunktur ankurbeln. "Allerdings wird die Belebung der Konsum- und Baunachfrage wohl erst im nächsten Jahr entsprechende Auswirkungen zeigen." Der Sozialminister erwartet, dass Österreich - mit etwas Verzögerung - dem positiven Konjunkturpfad Deutschlands folgen wird.

Die deutlich bessere Arbeitsmarktentwicklung in Deutschland als in Österreich führt AMS-Vorstand Herbert Buchinger auf drei Ursachen zurück. Deutschland habe eine leicht bessere Konjunkturentwicklung, ein schrumpfendes inländisches Beschäftigungspotenzial und gemessen am Erwerbspotenzial nur eine halb so große Zuwanderung aus dem benachbarten Ausland als Österreich, sagte Buchinger im Ö1-Mittagsjournal des ORF-Radio am Mittwoch. In Österreich sinke das inländisches Beschäftigungspotenzial erst ab 2019. Ob die Steuerreform und das Wohnbaupaket zu einer spürbaren Entlastung am Arbeitsmarkt führen werden, hänge vor allem davon ab, wie viel Beschäftigungsreserven es noch in den Nachbarländern gebe.

Die Prognosedaten für den heimischen Arbeitsmarkt verheißen aber nichts gutes. Die Arbeitslosenquote soll in Österreich bis zum Jahr 2018 auf 10 Prozent steigen und im Jahr 2019 bei 9,9 Prozent liegen, geht aus einer aktuellen Prognose des Forschungsinstituts Synthesis für das Arbeitsmarktservice hervor.

Die Arbeitsmarktökonomen weisen auch auf den anhaltenden Anstieg des Arbeitskräfteangebots in Österreich hin. "Die Auswirkungen der Arbeitsmarktöffnung für die neuen EU-Mitgliedsstaaten schwächen sich erst ab 2016 geringfügig ab. Insgesamt werden während des Prognosezeitraums rund 212.400 zusätzliche Arbeitskräfte am österreichischen Arbeitsmarkt aktiv", heißt es im Forschungsbericht. Die zwischen dem Jahr 2015 und 2019 rund 132.400 neu geschaffenen Stellen könnten den anhaltenden Angebotsdruck "nur unzureichend ausgleichen". Die Arbeitslosigkeit soll bis 2019 um 80.000 Personen steigen, erwarten die Synthesis-Ökonomen. Insgesamt werde damit die vorgemerkte Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt 2019 rund 399.400 betragen.

Arbeiterkammer-Präsident Rudi Kaske forderte am Mittwoch von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) ein Abrücken vom momentan gültigen Budgetvoranschlag. Demnach würden der aktiven Arbeitsmarktpolitik ab 2017 um 220 Mio. weniger Mittel zur Verfügung stehen. Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl lobte die im vergangenen Jahr gestartete AMS-Beschäftigungsinitiative für Arbeitslose ab 50 Jahren mit zusätzlichen 370 Mio. Euro für die Jahre 2014 bis 2016. Eine Fortsetzung dieser Initiative nach 2016 sollte bereits jetzt geplant werden. IV-Generalsekretär Christoph Neumayer drängt auf Strukturreformen um die steigende Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.

FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl verwies abermals auf den Druck durch ausländische Arbeitskräfte auf den heimischen Arbeitsmarkt . "Unqualifizierte Menschen in das österreichische Sozialsystem einwandern zu lassen, ist absolut der falsche Weg", so Kickl in einer Aussendung. "Eine konsequente Umsetzung" von sektoralen Zugangsbeschränkungen am Arbeitsmarkt könne einen Stopp der steigenden Arbeitslosigkeit in Österreich bewirken. Team Stronach Klubobfrau Waltraud Dietrich drängt auf mehr Investitionen in konjunkturbelebende Maßnahmen und Erleichterungen für die Wirtschaft.

NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker forderte Sozialminister Hundstorfer auf, "diesen Notstand am Arbeitsmarkt endlich zu beseitigen" und "endlich Maßnahmen" zu ergreifen und Strukturreformen einzuleiten.

Für die Grüne Arbeitsmarktsprecherin Birgit Schatz sind die Konjunkturimpulse der geplanten Steuerreform und des Wohnbauprogramms "sehr spät und sind viel zu gering". Dies sei zu wenig, um das Wirtschaftswachstum nachhaltig zu beleben und den Arbeitsmarkt zu entspannen.

Überdurchschnittlich stark vom Anstieg der Arbeitslosigkeit Ende März betroffen waren erneut Ausländer (+22,2 Prozent), Ältere ab 50 Jahren (+16,2 Prozent) und Behinderte Personen (+17,0 Prozent). Im Vergleich etwas besser entwickelte sich die Lage bei Jugendlichen (15 bis 24 Jahre), hier war nur ein Zuwachs um 5,7 Prozent zu verzeichnen. Die Arbeitslosenzahlen stiegen bei Männern (+14,9 Prozent) deutlich stärker als bei Frauen (+9,9 Prozent).

Nach Bundesländern betrachtet stieg die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen in acht Bundesländern, in Tirol wurde ein kleiner Rückgang (-1,1 Prozent) verzeichnet. Der stärkste Zuwachs war in Wien zu verzeichnen mit 23 Prozent, gefolgt von Oberösterreich mit 12,4 Prozent und Niederösterreich mit 12,0 Prozent.

Nachdem die Schulungsstrategie des AMS geändert wurde, sind die Schulungsteilnahmen zum Teil stark rückläufig. Oftmals kritisierte Kurz-Kurse des AMS werden zurückgefahren, demgegenüber werden mehr vertiefte Schulungen und Ausbildungen angeboten. Die Schulungsteilnahmen gingen in Wien mit 29,7 Prozent und im Burgenland mit 16,4 Prozent am stärksten zurück, in Tirol blieben sie unverändert.

Den stärksten Anstieg der Arbeitslosigkeit nach Branchen gab es Ende März im Bereich der Leiharbeit (+16,4 Prozent) und am Bau (+14,3 Prozent). Der geringste Anstieg im Vergleich zum Vorjahresmonat wurde im Tourismus mit 2,3 Prozent verzeichnet.

(Schluss) cri/gru

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