10.03.2014 16:58:32

KRIM-KRISE/GESAMT-ROUNDUP: EU droht Russland mit weiteren Sanktionen

    BERLIN/MOSKAU (dpa-AFX) - Aus Protest gegen Russlands Verhalten in der Krim-Krise bereitet die Europäische Union (EU) als weitere Sanktionen Einreiseverbote und Kontensperrungen vor. Am kommenden Montag könnten die EU-Außenminister in Brüssel die verschärften Strafmaßnahmen gegen Russland beschließen, kündigten Diplomaten in Brüssel an. Am Sonntag hält die Krim das international nicht anerkannte Referendum über einen Anschluss an Russland ab.

    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte Russland nochmals zur Mitwirkung an einer internationalen Kontaktgruppe zur Lösung der Krim-Krise auf. Am Donnerstag gibt Merkel im Bundestag eine Regierungserklärung zur Ukraine ab.

    Auf der Krim blieb die Lage angespannt. Bewaffnete nahmen nach ukrainischen Medienberichten am Montag einen Militärstützpunkt in Bachtschissaraj ein. Außerdem brachten die prorussischen Kräfte das Militärkrankenhaus der Krim-Hauptstadt Simferopol unter ihre Kontrolle.

    Die Bundesregierung zeigte sich äußerst unzufrieden mit der Rolle Russlands. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag in Berlin zu den bislang gescheiterten Vermittlungsbemühungen: "Die Zeit für einen solchen Versuch des Gesprächs und der Verständigung drängt." Die russische Seite habe noch immer nicht die "nötige Bereitschaft" gezeigt. Moskau weigert sich bislang, mit der neuen Führung in Kiew in einem solchen Format zu reden.

    Seibert verwies zugleich auf den von der EU beschlossenen Fahrplan für Sanktionen. "Wir wollen ganz klar den Weg des Gesprächs und der Verständigung. Noch ist es nicht zu spät. Es bleibt noch ein wenig Zeit. Aber wir sind gegebenenfalls auch bereit zu handeln." Deutschland sei auch zu einer "breiten Palette an wirtschaftlichen Maßnahmen" bereit.

    Die EU hatte in vorige Woche einen Drei-Stufen-Plan beschlossen, falls sich Russland von der Krim nicht zurückzieht. Als erster Schritt wurden die Verhandlungen mit Moskau über Visa-Erleichterungen für Russen ausgesetzt. Auch über ein neues Partnerschaftsabkommen mit Russland wird vorerst nicht weiter verhandelt. Am Dienstag befassen sich die EU-Botschafter im Politischen und Sicherheitspolitischen Ausschuss der EU (PSK) mit möglichen Maßnahmen.

    Auch die EU wirft Russland vor, keinen Beitrag zur Lösung des Konflikts zu leisen. "Wir sind beunruhigt über das Ausbleiben von Zeichen der Deeskalation", sagte eine Sprecherin der EU-Kommission. Zugleich wolle man die prowestliche Führung in Kiew unterstützen. Die EU arbeite "sehr intensiv" an dem Verzicht auf Einfuhrzölle für Importe aus der Ukraine. Diese würden "sehr schnell" wegfallen, um dem Land wirtschaftlich zu helfen. Die angebotenen 1,6 Milliarden Euro Zahlungsbilanzhilfe sollten "in den nächsten Wochen" zur Auszahlung bereit sein, "sofern die Voraussetzungen dafür erfüllt sind".

    Vor dem für Mittwoch geplanten Besuch Merkels in Warschau äußerte sich Polens Ministerpräsident Donald Tusk kritisch über das Ausmaß russischer Energielieferungen. Deutschlands Abhängigkeit von russischem Erdgas könne die Souveränität Europas gefährden. Er werde mit der Kanzlerin besprechen, inwiefern die deutsche Wirtschaft korrigierende Maßnahmen ergreifen könne, sagte Tusk am Montag nach Angaben der Agentur PAP.

    Außenminister Frank-Walter Steinmeier besucht an diesem Dienstag die drei baltischen EU-Mitglieder Estland, Lettland und Litauen. Wegen der Krim-Krise hatte Kanzlerin Merkel am Wochenende verschiedene Telefonate geführt, unter anderem mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, US-Präsident Barack Obama und dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Die Türkei erklärte sich nach deutschen Angaben bereit, in einer Kontaktgruppe mitzumachen.

    Auch Obama hatte Russland zuvor mit weiteren Strafmaßnahmen gedroht, sollte Moskau nicht einlenken. Mitten in der Krim-Krise trifft der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk an diesem Mittwoch in Washington mit dem US-Präsidenten zusammen.

    Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen forderte den Abzug der russischen Truppen von der ukrainischen Halbinsel Krim. "Wir erwarten, dass Russland seine internationalen Verpflichtungen erfüllt, seine Truppen zurückzieht und sich nicht in sonstigen Regionen der Ukraine einmischt", sagte er der "Bild"-Zeitung (Montag). "Auf der Karte Europas im 21. Jahrhundert sollte niemand versuchen, neue Grenzen zu ziehen." Die ukrainischen Streitkräfte rückten landesweit zu Militärübungen aus, um nach eigenen Angaben die eigene Gefechtsbereitschaft zu überprüfen.

    Die selbsternannte Führung der Krim rechnet bei dem umstrittenen Referendum am kommenden Sonntag mit einer großen Mehrheit für einen Anschluss an Russland. "Mehr als 80 Prozent der Einwohner der Krim sind für den Beitritt zu Russland", behauptete der moskautreue Parlamentschef Wladimir Konstantinow. Der Kreml hat bereits zugesichert, bei einem entsprechenden Votum die völkerrechtlich zur Ukraine gehörende Krim in die Russische Föderation aufzunehmen.

    In mehreren Großstädten der Süd- und Ostukraine gibt es Forderungen nach einer Abstimmung wie auf der Krim. In Charkow wurde der Präsidentschaftskandidat Vitali Klitschko bei einem Auftritt mit Eiern, Steinen und Feuerwerkskörpern angegriffen./cs/wo/bvi/DP/she

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