02.09.2014 20:47:57
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Lausitzer Rundschau: Linke Hand, rechte Hand - Bundespräsident Gauck und die Außenpolitik
Cottbus (ots) - Es wäre reichlich naiv anzunehmen, Bundespräsident
Joachim Gauck würde außenpolitische Alleingänge riskieren. Das hat er
einmal gemacht oder besser gesagt: versucht. Als er nämlich bei
seiner Israel-Reise vor zwei Jahren das Versprechen der Kanzlerin
infrage stellte, die Sicherheit Israels sei deutsche Staatsräson.
Angela Merkel war damals vergrätzt über die von Gauck ausgelöste
Debatte - und sie hat es ihn wissen und spüren lassen. Seitdem wagt
sich der Präsident meist nur eng mit der Regierungschefin abgestimmt
aus der Deckung. Hier weiß die linke Hand, was die rechte tut. Gauck
ist kein Neben-Außenpolitiker. Umso klarer wird deshalb, dass hinter
seiner Rede zum Ukraine-Konflikt und der Rolle Russlands nicht nur
berechtigte Empörung über das Vorgehen des russischen Präsidenten
Putin steckt. Sondern sie wirkt auch wie ein weiterer Baustein im
Unterfangen der politischen Elite, die Bürger auf eine veränderte
Außen- und Sicherheitspolitik einzustellen. Verteidigungsministerin
Ursula von der Leyen ist schon lange dabei, einer neuen
geopolitischen Verantwortung Deutschlands den Weg zu ebnen; ihr
Kabinettskollege Frank-Walter Steinmeier bläst als Außenminister ins
ähnliche Horn. Und Angela Merkel hat zuletzt am Montag im Bundestag
unmissverständlich deutlich gemacht, dass es immer wieder Situationen
geben wird, wo nur noch militärische Mittel helfen. "Die Kultur der
Zurückhaltung", die Merkel zusammen mit dem früheren
FDP-Außenminister Guido Westerwelle einst zur Doktrin erhoben hat,
und die in der umstrittenen Enthaltung im UN-Sicherheitsrat zu einem
Eingreifen in Libyen gipfelte, ist Geschichte. Der unverkennbare
Paradigmenwechsel wird nun auch von Schloss Bellevue aus flankiert
und unterfüttert. Das kann man kritisieren, aber es entspricht der
wachsenden internationalen Bedeutung dieses Landes auch ökonomisch.
Wobei Joachim Gauck nicht erst seit seiner Rede auf der Westerplatte
entsprechende Ausrufezeichen gesetzt hat. Schon bei der Münchner
Sicherheitskonferenz Anfang des Jahres plädierte er für ein
entschiedeneres Engagement Deutschlands in der EU, in der Nato, in
der Welt. Ganz im Sinne der frisch ins Amt gekommenen schwarz-roten
Regierung. Damals konnte das Staatsoberhaupt die neuen Konflikte in
der Ukraine oder mit dem islamistischen Terror im Irak nicht erahnen.
Aber genau an diesen beiden Herausforderungen richtet sich die
deutsche Außenpolitik analog Gauck'scher Forderungen nun neu aus.
Kein Zufall. Allerdings agiert der Präsident nicht, ohne die Grenzen
seines Amtes verbal zu dehnen. Deswegen muss er sich jetzt auch
Kritik gefallen lassen an Teilen seiner Rede. Mit Recht. Denn die
Aufgabe des Bundespräsidenten kann es nicht sein, bei der Bewertung
internationaler Konflikte martialischer zu tönen als irgendein
x-beliebiger Tagespolitiker. Mut ist für einen Präsidenten wichtig,
Übermut aber nicht.
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