26.06.2014 21:07:03
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Lausitzer Rundschau: Was uns unterscheidet 100 Jahre Attentat von Sarajevo - Gedenken an Ersten Weltkrieg in Ypern
Cottbus (ots) - Der deutsche Außenminister lässt derzeit in einer
Veranstaltungsreihe diskutieren, ob sich das Versagen der Diplomatie
bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges heute wiederholen könnte. Seine
vorläufige Antwort und die der Bundeskanzlerin am Mittwoch im
Bundestag lautet: Nein, denn es gibt eine neue Gesprächskultur der
Regierungen in Europa, die dergleichen verhindert. Und in der Tat hat
die heutige Politikergeneration dieses Kontinents aus der blutigen
Geschichte des vergangenen Jahrhunderts gelernt. Die Nationen
bestehen fort, ordnen sich aber supranationalen Organisationen wie
der Uno, der EU oder der OECD ein und unter. Freilich, der Rückfall
Putins in eine rücksichtslose nationalchauvinistische Strategie, auch
das Aufkommen europafeindlicher Parteien in vielen Staaten zeigt,
dass sich das wieder ändern kann. Gelernt haben auch die Menschen
selbst. Undenkbar, dass sich hierzulande noch Massen mobilisieren
lassen und mit Hurra auf Nachbarvölker losgehen wie 1914. Das
Alltagsleben ist vernetzt, vom Auslandsstudium über die Musik, die
Esskultur und das Kino bis zum Urlaub. Man genießt endlich die
Vorteile aus der einzigartigen Vielfalt Europas. Aber auch hier die
Einschränkung: Die tumbe Ablehnung anderer Kulturen, auch
europäischer, lässt sich in Situationen sozialer Probleme schnell
wieder mobilisieren. Es gibt Hooligans und Nazis, die auf Fremdenjagd
gehen, auch auf deutschem Boden. Es gibt wegen der Euro-Krise
Schmähungen gegen die Schuldenländer. Man spürt, dass
Fremdenfeindlichkeit nicht für alle Zeiten gebannt ist. Noch am
widerstandsfähigsten sind die wirtschaftlichen Vernetzungen; nicht
ohne Grund verlangt zum Beispiel in der Ukraine-Krise die Wirtschaft
am stärksten nach friedlichen Lösungen. Denn die Rückkehr zu
Konfrontation und nationaler Konkurrenz kostet bares Geld. Hundert
Jahre nach dem Ersten Weltkrieg liegt Europa, von oben betrachtet,
wie ein großer Schulhof da, auf dem friedlich gespielt und nur am
Rande manchmal gerangelt wird. Doch das Bild kann sich rasch ändern,
und diese Änderung wird schleichend beginnen, ehe sie nicht mehr zu
stoppen ist. Erst kommt die Missgunst, dann die Abgrenzung, dann die
Konfrontation. Man muss deshalb auf allen Ebenen weiter an den Lehren
der zwei Weltkriege arbeiten. Die Politik muss ihre internationalen
Kontakte weiter vertiefen. Mehr EU statt weniger. Die Bevölkerung
muss offen bleiben für andere Kulturen und die Wirtschaft weiter an
gemeinsamen Projekten arbeiten. Denn der Frieden ist ein dünner
Firnis, der leichter aufreißt, als man denkt. Vor hundert Jahren, als
alles auch sehr friedlich schien, reichten zwei Schüsse in Sarajevo.
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