05.07.2023 16:30:44

Lindner: Haushalt 2024 nur Beginn quantitativer Konsolidierung

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)-- Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat die Koalition bei der Vorstellung des Budgetentwurfs für 2024 auf weitere harte Verhandlungen über die Budgets für die kommenden Jahre eingestimmt. Der Haushalt sei nicht bereits "eine erfolgte Trendwende", sondern der Beginn einer Trendumkehr, sagte Lindner bei einer Pressekonferenz in Berlin. Dies werde eine "Daueraufgabe" bleiben müssen. "Der Konsolidierungskurs muss in den kommenden Jahren entschieden fortgesetzt werden", forderte er. Angesichts vieler gebundener Ausgabeposten müssten Freiräume im Haushalt erst wieder geschaffen werden. Das verlange weiterhin kritische Überprüfungen bestehender Ausgaben und Priorisierungen.

"Wir beenden nun den Krisenmodus expansiver Staatsfinanzen", betonte Lindner. "Das ist nicht nur Vorgabe der Verfassung, sondern ein Gebot ökonomischer Klugheit, Ausdruck des Verantwortungsgefühls gegenüber kommenden Generationen und ein Signal über die deutschen Grenzen hinaus." Es blieben aber Herausforderungen. "Der Haushaltsentwurf 2024 ist in diesem Sinne für mich kein Abschluss, sondern Auftakt für weitere Anstrengungen. Neue strukturelle Ausgaben können nur noch realisiert werden, wenn es strukturell wirksame Gegenfinanzierungen gibt", sagte Lindner. Auch in den kommenden Jahren werde sich das Kabinett "mit der gleichen Fröhlichkeit" wie in diesem Jahr an die Haushaltsaufstellung begeben müssen.

Das Regierungskabinett hatte den Regierungsentwurf für den Haushalt 2024 und den Finanzplan bis 2027 am Vormittag gebilligt. Vorgesehen sind darin 16,6 Milliarden Euro Neuverschuldung im nächsten Jahr bei Ausgaben von 445,7 Milliarden Euro. Der Finanzplan weist aber ab 2025 noch einen "haushaltspolitischen Handlungsbedarf" von insgesamt 14,4 Milliarden Euro aus - 5,2 Milliarden im Jahr 2025, 4,4 Milliarden in 2026 und 4,8 Milliarden in 2027. Die Neuverschuldung soll mit 16,0 Milliarden Euro im Jahr 2025, 15,4 Milliarden im Jahr 2026 und 15,0 Milliarden Euro 2027 die Schuldenregel erfüllen.

Signal an die Kapitalmärkte

"Die expansive Finanzpolitik muss nach den Krisenjahren enden", verlangte der Finanzminister. Signale, um die Wirtschaftsstärke zu verbessern, müssten von der Angebotsseite kommen. Der Haushalt 2024 solle der Beginn einer quantitativen Konsolidierung sein, es müsse aber auch eine qualitative erfolgen. "Der Staat kann nicht alles mit Geld lösen", betonte der FDP-Vorsitzende. Lindner sah in der Rückkehr zur Schuldenbremse "ein klares Signal" an die Kapitalmärkte und die übrigen EU-Länder, dass Deutschland sich zu langfristig tragfähigen Staatsfinanzen bekennt.

"Unser Bekenntnis zur Schuldenbremse unterstreicht, dass wir weiter der Goldstandard der Staatsfinanzierung bleiben wollen", sagte er. Änderungen an der Schuldenbremse lehnte er ab. "Auf gar keinen Fall werden wir unseren Goldstandard der Staatsfinanzierung gefährden." Zu erwarten sei dieses Jahr auch ein deutlich geringeres Defizit als angenommen, da wohl viele Kreditermächtigungen für die Energiepreisbremsen nicht benutzt würden. "Ich bin deshalb auch optimistisch, dass die gegenwärtige amtliche Zahl von über 4 Prozent Maastricht-Defizit dieses Jahr bei weitem sich nicht einstellt, sondern dass wir unter 3, unter 2 Prozent Defizit bleiben werden", erklärte Lindner.

Die Ausgaben sollen in allen Jahren gegenüber dem laufenden Haushaltsjahr gesenkt werden. Insgesamt sollen alle Ressorts außer dem Verteidigungsministerium gemäß ihrer Leistungsfähigkeit einen Einsparbeitrag von jährlich 3,5 Milliarden Euro in den Jahren 2024 und 2025 erbringen. Unter anderem soll es keine Fortführung des 2022 eingeführten Bundeszuschusses an die soziale Pflegeversicherung von jährlich 1 Milliarde Euro und kein weiteres Anwachsen des Bundeszuschusses an die gesetzliche Krankenkasse mehr geben. Aufgrund der aktuell guten Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung soll zudem der zusätzliche Bundeszuschuss ab 2024 gesenkt werden.

Streit um das Elterngeld

Vorgesehen ist auch eine "Dämpfung der Ausgabendynamik beim Elterngeld". Planungen, nach denen die Grenze für den Bezug auf 150.000 Euro Jahreseinkommen gesenkt werden soll, sind bereits auf heftige Kritik auch aus der Regierungspartei FDP gestoßen. Für die Kindergrundsicherung wird laut Lindner ab 2025 ein "Merkposten" von jährlich 2 Milliarden Euro eingestellt. Mit der Haushaltsplanung sowie dem Bundeswehr-Sondervermögen soll ab dem kommenden Jahr der Beitrag von 2 Prozent der Wirtschaftsleistung zu den Nato-Fähigkeitszielen erreicht werden. Dem Verteidigungsministerium werde 2024 ein "Rekordansatz" von 51,8 Milliarden Euro bereitgestellt.

Lindner betonte, in dem Haushaltsentwurf sei Vorsorge für steuerliche Maßnahmen getroffen, um der Wirtschaft einen Impuls zu geben. "Das Zukunftsfinanzierungsgesetz und unser neues steuerpolitisches Vorhaben 2023 dienen dazu, unsere Wirtschaft zu stärken und wettbewerbsfähig zu machen", sagte der Finanzminister. Derzeit werde Gesetzgebung zur Forschungsförderung und für eine Investitionsprämie im Sinne einer Superabschreibung erarbeitet.

Die Maßnahmen der einzelnen Ressorts sollten endgültig im August in einem Haushaltsfinanzierungsgesetz festgelegt werden. Mit Blick auf die umstrittene Kappung des Elterngeldes ging Lindner davon aus, dass dazu dann "andere fachliche Debatten" geführt würden. Zum Abbau von Subventionen betonte der Finanzminister, dieser erfolge etwa, indem der Spitzenausgleich für energieintensive Unternehmen bei der Stromsteuer entfalle. Zum Mittelansatz für die Deutsche Bahn betonte er, das Kabinett habe beschlossen zu prüfen, "wie weitere 15 Milliarden in den kommenden zwei Jahren für die Bahn realisiert werden können". Auf welchem Weg dies umgesetzt werden solle, sei aber noch nicht entschieden.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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