02.08.2024 12:33:42

MARKT-AUSBLICK/Techs entzaubert - Konjunktur erschüttert

FRANKFURT (Dow Jones)--Vor einer spannenden Handelswoche stehen DAX & Co mit dem Start in den August. Schließlich gilt es, einen Kursabsturz von fast 800 Punkten in nicht einmal drei Tagen zu verdauen. Von Hochs bei fast 18.600 wurde der DAX einfach durchgereicht und fiel zeitweise unter 17.800 Punkte. Und erst ab dem Bereich um 17.600 erwarten Technische Analysten ausreichende Unterstützungsmarken für den Index.

Das Hauptproblem spielt sich aber gerade im Kopf der Anleger ab - denn selten gilt es derart schnelle Themenwechsel wie in der abgelaufenen Woche zu verdauen. Während lange Zeit die reine Zinsdiskussion dominierte, war das Thema nach EZB- und US-Notenbank-Entscheidung blitzschnell vom Tisch. Mit den relativ klaren Aussagen von Fed-Chairman Jerome Powell stellte sich der Markt auf eine US-Zinssenkung im September ein und hakte das Thema ab.

Blick auf Konjunktur sorgt für Schrecken - Vor allem die deutsche...

Stattdessen rückte schlagartig das Thema Konjunktur in den Blick und verpasste den Börsen einen Tiefschlag nach dem anderen: So zementierten die ersten Revisionen der globalen Einkaufsmanager-Indizes (PMI) das Bild einer global schrumpfenden Wirtschaft. Vor allem der Einbruch von Chinas Industrie-PMI in den Kontraktionsbereich unter 50 Punkte erschreckte. Und auch in den USA drehte der wichtige ISM-Index überraschend nach unten ab, während Volkswirte auf einen Anstieg gesetzt hatten.

In Deutschland schrumpfte dann auch noch das BIP im zweiten Quartal entgegen der Weltwirtschaft und der VDMA meldete einen Auftragseinbruch im Juni von 9 Prozent im deutschen Maschinenbau. Der Chef des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall sprach von einer "Investitionskatastrophe" und Autozulieferer ZF Friedrichshafen will 14.000 Arbeitsplätze streichen. Welt-Chefredakteur Ulf Poschardt kommentierte, dass die Stellenvernichtung bei ZF zwar schlimm sei, noch schlimmer sei aber "dass solche Nachrichten in Politik und Medien nur noch ein Schulterzucken auslösen". Für DAX-Anleger stellt sich angesichts solcher Apathie nur eine Frage: Wenn keine Besserung in Sicht ist, warum dann in konjunktursensiblen Aktien, und gerade im DAX anlegen?

Autos uninteressant - Margen treiben nicht mehr

Auf Unternehmensebene dürften die Quartalzahlen aus der deutschen Autoindustrie der Genickbruch für den deutschen Markt gewesen sein. Immer deutlicher zeigt sich, dass hier komplett aufs falsche Pferd gesetzt wurde. Eine marktbreite Industrie kann nicht vom Luxus-SUV allein leben, wenn es keine bezahlbaren E-Autos für Arbeiter und Angestellte gibt. Damit ist der in Autoaktien schwer gewichtete DAX gleich doppelt uninteressant für internationale Anleger.

Die Berichtssaison macht aber deutlich, dass es auch in anderen Branchen nicht besser aussieht. Unter anderem bei Lebensmittel-Herstellern zeigt sich, dass zu lange an der Preisschraube gedreht wurde, jetzt streiken die Kunden, die Absatzvolumen gehen zurück. Auch Margen-Steigerungen dürften daher immer öfter als Kurstreiber ausfallen.

Bei Tech-Werten hat sich der Markt verrechnet

Kritisch wird es auch bei Tech-Werten, den Zugpferden der Börsenhausse 2024. Microsoft zeigte exemplarisch, dass selbst die Cloud-Umsätze nicht so schnell wachsen können, wie sich der Markt das wünscht. Und Intel machte deutlich, dass selbst Chip-Hersteller beim Umsatz enttäuschen können. Vor einem Monat hatte Goldman Sachs bereits gewarnt, dass sich KI-Investitionen nicht so schnell in Gewinne umsetzen lassen wie erhofft; nun bestätigte dies Microsofts Finanzchefin Amy Hood, unterstrichen die Analysten der LBBW: Erst in den nächsten 15 Jahren oder noch später dürfte sich das amortisieren.

Perspektivisch droht der Branche dazu noch die Gefahr eines globalen Handelskrieges: Exportbeschränkungen nach China könnten vor allem bei einem Wahlsieger Donald Trump verschärft werden.

Warum überhaupt noch Aktien?

Ohne Zugpferd, ohne Wachstum, ohne Margen und ohne globale Konjunkturerholung werden sich daher viele Anleger fragen, was sie überhaupt noch angesichts hoher Bewertungen im Aktienmarkt sollen.

Sehr genau dürfte daher kommende Woche auf jeden Indikator zur Konjunktur geachtet werden. Gleich am Montag stehen hier die Revisionen der Einkaufsmanager-Indizes für den Service-Bereich in China und dem Rest der Welt auf der Agenda. In vielen Ländern wie Frankreich und Spanien ist dieser Sektor als Arbeitgeber noch wichtiger als die Industrie. Die USA berichten in der Handelsbilanz über Importe und Exporte.

Besonders wird auch auf Ausblicke von konjunktursensiblen Unternehmen geachtet. Hier legen unter anderem Caterpillar, Siemens und Moeller-Maersk Daten vor. Im DAX berichten auch noch Allianz, Telekom und Munich Re.

Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

DJG/mod/cln

(END) Dow Jones Newswires

August 02, 2024 06:34 ET (10:34 GMT)

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