10.04.2017 23:21:56
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Mittelbayerische Zeitung: Kommentar, Mittelbayerische Zeitung Regensburg, Raketenangriffe der USA in Syrien, Autor: Thomas Spang
Regensburg (ots) - Dichter Propaganda-Nebel versperrt den Blick
auf die tatsächlichen Zerstörungen, die Donald Trumps Tomahawks auf
der Luftwaffenbasis des syrischen Diktators angerichtet haben. Ob der
Raketenangriff nicht viel mehr als eine "Operation Schlagloch" war
oder die große Wende in der Außen- und Sicherheitspolitik des
"America-First"-Präsidenten, darüber lässt sich nach Lage der Dinge
nur spekulieren. Sicher lässt sich nur sagen, dass der
Vergeltungsschlag dem ersten Besuch von Trumps Chef-Diplomaten in
Moskau zusätzliche Aufmerksamkeit verleiht. Der Träger des russischen
Freundschaftsordens tat sein übriges hinzu, als er den Russen im
US-Fernsehen "Inkompetenz" bei der Vernichtung des syrischen
Chemiewaffen-Potentials unterstellte. Der russische Bär, so heißt es,
sei nun richtig verärgert. Wladimir Putin werde seinen alten Freund
in Moskau nicht empfangen und überhaupt stünde der Neustart in den
Beziehungen auf dem Spiel. Klingt alles recht dramatisch, trägt
leider nicht zur Aufhellung der Verhältnisse bei. Während der
britische Außenminister Boris Johnson aus Verärgerung über die Rolle
Moskaus bei dem Giftgasangriff seinen für Montag geplanten Besuch
abgesagt hatte, reist Tillerson wie geplant nach Russland. Der
Außenminister selbst und Trumps Nationaler Sicherheitsberater H.R.
McMaster versichern, es ginge den USA nicht um Assad, sondern nur um
dessen Chemiewaffen. Zudem spricht einiges dafür, dass die Amerikaner
darum bemüht waren, die Beziehungen zu Moskau nicht allzu sehr zu
belasten. Die Militärs warnten die auf der Luftwaffenbasis
stationierten Russen vor dem Tomahawk-Schlag vor. Woraufhin sich
diese nicht einmal die Mühe machten, ihre leistungsfähigen
Luftverteidigungssysteme zu aktivieren. Die Start- und Landebahnen
der Shayrat Airbase blieben bei dem Angriff ohnehin unversehrt.
Bemerkenswerter Weise hat Trump nach dem Giftgasangriff selbst nichts
zum Verhältnis zu Putin oder Russland gesagt. Damit hält er sich die
Möglichkeit offen, dem russischen Präsidenten einen "Deal"
anzubieten, der zwei Fliegen mit einer Klappe schlüge. Putin ließe
Assad fallen und erhielte im Gegenzug Erleichterung bei den
Sanktionen der USA wegen der Krim-Annexion. Dies wäre ein eleganter
Weg, dem Kreml auf unverdächtigen Weg eine Gegenleistung für die
Wahlhilfe zu geben und die Beziehungen zu Moskau auf eine neue
Grundlage zu stellen. Dass Putin seinen alten Freund Tillerson nicht
träfe, wäre für dieses Szenario unbedeutsam. Der russische Präsident
gilt als ähnlich impulsiv wie Trump und behält sich wichtige
Entscheidungen selbst vor. Darauf weisen auch intime Kenner des Kreml
hin, die dazu raten, nicht zu viel in den Besuch eines Außenministers
hineinzulesen. Trump jedenfalls kann angesichts der laufenden
FBI-Ermittlungen kein Interesse an einer Eskalation der
Unstimmigkeiten mit Putin über dessen Schützling Assad haben. Wenn
die russischen Geheimdienste tatsächlich Material gegen den
US-Präsidenten in der Hand halten, würde Trump dessen "Durchsickern"
riskieren. Wohlgemerkt - all dies bewegt sich im Reich der
Spekulation. Aber es handelt sich um plausibles Szenario, das die
Skepsis nährt, ob Trump tatsächlich zu einer traditionelleren Politik
gegenüber Moskau zurückkehrt. Ein Raketenangriff mit begrenzter
Schlagkraft bedeutet noch keine strategische Wende. Sofern es
jenseits eines "quid pro quo" zwischen Putin und Trump überhaupt von
einer Strategie die Rede sein kann.
OTS: Mittelbayerische Zeitung newsroom: http://www.presseportal.de/nr/62544 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_62544.rss2
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