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30.06.2013 20:32:58

Mittelbayerische Zeitung: Kommentar von Christian Kucznierz zum Hungerstreik der Asylbewerber in München

Regensburg (ots) - Der Staat hat durchgegriffen und das Camp der Asylbewerber in der Münchner Innenstadt räumen lassen. Was hätte er sonst tun können? Die Hunger- und Durststreikenden sterben lassen? Sicher nicht. Oder aber sich erpressen lassen und deren Forderungen nachgeben? Auch das kann keine Option sein, alleine schon in Hinblick auf andere Flüchtlinge, die ebenfalls lange und verzweifelt auf die Anerkennung ihrer Asylanträge hoffen und warten. Das alles heißt aber nicht, dass das, was in München geschah, richtig war. Ganz im Gegenteil. Nichts ist richtig, wenn eine Gruppe von Menschen, deren Verzweiflung sie ohnehin schon einmal zwang, die Heimat zu verlassen, keinen anderen Ausweg sieht, als ihr Leben einzusetzen, um auf ihre Lage aufmerksam zu machen - wenn sie bereit sind, mitten in der reichsten Stadt Deutschlands zu verhungern und zu verdursten. Sicher: Es wird zu klären sein, welche Rolle der Anführer der Gruppe spielte. Aber fest steht, dass die Aktion auf ein Grundproblem aufmerksam gemacht hat. Wer, wie die bayerische Sozialministerin, andere Behörden in der Pflicht sieht, wer sich, wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, auf die Rechtslage beruft, handelt ebenso bürokratisch korrekt, wie technokratisch herzlos. Er übersieht, dass niemand freiwillig sein Zuhause, seine Familie, sein Leben zurücklässt. Dass er auf der Flucht oft sein Leben riskiert. Niemand sagt freiwillig, nachdem er am Ziel angekommen ist, dass er lieber stirbt, als so weiterzuleben wie bisher. Ja, Europa hat seine eigenen Probleme. Innerhalb der EU gibt es genügend Armut und Verzweiflung, mit der die Gemeinschaft fertig werden muss. Ein Blick auf die Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa genügt. Aber das heißt nicht, dass Europa seine Augen verschließen kann vor der Tatsache, dass wir eine Insel der Glückseligen sind, dass um den Kontinent herum Krieg, Armut und Krankheit Menschen zwingen, ihre Heimat zu verlassen - und dass Europa ihr Ziel ist. In den Köpfen zu vieler Menschen ist der Flüchtling immer noch der Sozialschmarotzer, der aus Bequemlichkeit ein neues Leben sucht - und die politische Diskussion über das Thema trägt wenig dazu bei, dieses Bild zu revidieren. Gefragt ist ein Umdenken im Umgang mit Menschen, die Leid, Not und Verzweiflung zu uns getrieben haben. Sonst gibt es einen weiteren Verlierer: Europa und mit ihm die Ideen von Freiheit und Menschenrechten. Das Bild von der "Festung Europa" zeigt, das wir schon auf der Straße der Verlierer angekommen sind.

Originaltext: Mittelbayerische Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62544 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62544.rss2

Pressekontakt: Mittelbayerische Zeitung Redaktion Telefon: +49 941 / 207 6023 nachrichten@mittelbayerische.de

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