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27.10.2013 23:05:17

Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zur Wahl in Tschechien: Politikversagen von Ulrich Krökel

Regensburg (ots) - Das Wahlergebnis ist Ausdruck der schieren Verzweiflung der Menschen im Land. Genauer müsste es heißen: der Staatsbürger. Denn der Protest richtet sich allein gegen die politische Führung der Republik. Wirtschaftlich geht es Tschechien nicht schlecht. Dennoch haben es nur 59 Prozent der Bürger für lohnenswert erachtet, ihre Stimme abzugeben. Von denen, die zur Wahl gingen, haben sich mehr als 40 Prozent für Parteien entschieden, die den etablierten Kräften den Kampf angesagt haben. Das starke Abschneiden der "Bewegung unzufriedener Bürger" des Milliardärs Andrej Babis und der Erfolg der Betonkommunisten zeigen, wie tief die Vertrauenskrise reicht. Nun steht dem Land der Tragödie nächster Teil bevor. Es ist nicht abzusehen, wer Tschechien künftig in welcher Konstellation regieren könnte. Die entscheidenden Worte bleiben zwei Männern vorbehalten: Präsident Milos Zeman und Babis. Ob beide zueinanderfinden, ist offen. Zeman hat die Attitüde eines Sonnenkönigs. "Der Staat bin ich", lautet sein Motto. Babis dagegen hat im Wahlkampf versprochen, den Staat wie ein Unternehmen führen zu wollen. Auch das ist fatal, schlimmer noch: Es ist ein Horror, dass so viele Wähler diesem Ansatz gefolgt sind. Ziel von Unternehmen ist es, Gewinn zu erzielen. Im Zweifel lauten die Schlagworte: Profitmaximierung, Produktivität, Personalabbau. Ein Staat dagegen ist zuallererst für die Menschen da. Er sollte es zumindest sein. In diesem Sinne weist die Wahl in Tschechien weit über die Grenzen des kleinen Landes hinaus. Es ist zwar nicht gerecht, aber kaum Zufall, dass Andrej Babis als "Babisconi" mit Silvio Berlusconi in einen Topf geworfen wird. In einer Zeit, in der die USA, die Führungsmacht der freien Welt, die Handys von Freunden ausspionieren, stellt sich die Frage: Für wen machen Politiker Politik?

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