09.12.2014 20:37:59
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Mittelbayerische Zeitung: Kraftakt der Honoratioren / Das Reformpaket des IOC wird nicht ausreichen, hierzulande echte Olympia-Begeisterung zu wecken. Leitartikel von Heinz Gläser
Regensburg (ots) - Schneller, höher, weiter, so lautet bekanntlich
das olympische Motto. An Schnelligkeit hat es dem Internationalen
Olympischen Komitee (IOC) bei der als historisch eingestuften Session
in Monte Carlo gewiss nicht gemangelt. Im Rekordtempo und ohne
jedwede Diskussion winkten die Sportfunktionäre aus aller Welt die
Reformvorschläge durch. Höher? Weiter? Ambitionierter? Radikaler?
Gemach! Sachte Kurskorrekturen müssen fürs Erste reichen. Gut Ding
will Weile haben, auch und vor allem im elitären Zirkel der Herren
der Ringe. Die blanke Not hat diese olympische Agenda 2020 diktiert.
Zwar ist das Schalten und Walten der IOC-Oberen etwas aus dem Fokus
gerückt, seit die kleine Schwester Fifa die Rolle der ewigen
Skandalnudel für sich okkupiert hat. Doch können sich - speziell in
der westlichen Hemisphäre - immer weniger Menschen für die Idee des
völkerverbindenden Spektakels erwärmen. Das olympische Feuer hat im
globalen Dorf an Leuchtkraft eingebüßt. Die Spiele drohen zur
Spielwiese autokratischer Regime zu werden, die sie als
propagandistische Bühne grell ausleuchten. Als zuletzt nach München
auch das Wintersport-Mekka Oslo vom Bewerbungskarussell sprang,
blieben als Kandidaten für 2022 nur noch Peking und das kasachische
Almaty übrig. Ein Menetekel für die olympische Bewegung. Thomas Bach,
der erste Deutsche auf dem IOC-Thron, hat in seiner langen
Funktionärskarriere für seine sportpolitische Wendigkeit schon viel
Schelte einstecken müssen. Aber eines muss man dem Wirtschaftsanwalt
aus Tauberbischofsheim zugutehalten: Er hat zumindest die Zeichen der
Zeit erkannt. Was Bach seinen Kollegen in Monte Carlo an Reformen
abgerungen hat, mag nicht sehr imposant klingen. Für den
stockkonservativen Honoratiorenverein IOC stellt dieses Paket dennoch
einen Kraftakt dar. Spannend wird nun sein, ob Bachs Reformeifer
damit schon wieder erlahmt. Dass vor den Erneuerern noch ein sehr
weiter Weg liegt, zeigen die Dissonanzen im Gefolge des jüngst
enthüllten Dopingskandals in Russland, die den monegassischen
Wohlklang übertönen. Für den deutschen Sport enthält das Reformpaket
kurz vor Weihnachten dringend benötigte Argumentationshilfe. Dass für
Olympia aberwitzige Summen in Wettkampfstätten investiert werden
müssen, die nach den Spielen kein Mensch mehr braucht, war der
Bevölkerung kaum zu vermitteln. Das IOC betont mit dem Einverständnis
der Verlagerung einzelner Sportarten oder Disziplinen in bereits
bestehende Arenen nun den Aspekt der Nachhaltigkeit. Ob das aber
ausreicht, hierzulande die vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB)
herbeigesehnte Aufbruchstimmung zu wecken, ist zweifelhaft. In Berlin
wie in Hamburg, den beiden potenziellen Kandidaten für die
Sommerspiele 2024 (oder 2028), pendeln die Zustimmungsraten in der
Bevölkerung um die 50-Prozent-Marke. Euphorie fühlt sich anders an.
Die Olympia-Skepsis sitzt tief. Das hat nicht erst die Abfuhr für die
Bewerbung Münchens um die Winterspiele 2022 bewiesen. Bayerns
Landeshauptstadt reihte sich damit ein in die Liste der krachend
gescheiterten deutschen Kandidaten, von Berchtesgaden über Berlin bis
hin zu Leipzig. Der DOSB baut darauf, dass das IOC dem Präsidenten
Thomas Bach Olympia vor der eigenen Haustür als Krönung seiner
Amtszeit nicht versagen wird. An Bach liegt es nun, dem positiven
Signal aus Monte Carlo weitere folgen zu lassen.
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