01.11.2016 23:52:39
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Mittelbayerische Zeitung: Leben und leiden mit Audi / Der Ingolstädter VW-Tochter stehen harte Zeiten bevor. Nicht nur der Diesel-Skandal bereitet große Sorgen.
Regensburg (ots) - Ingolstadt hat in den vergangenen Jahrzehnten
blendend von und mit Audi gelebt. Die Stadt zählt in Wirtschafts- und
Zukunftsrankings zu den bundesweiten Spitzenreitern, hat mit Hilfe
von Audi den FC in die Fußball-Bundesliga gehievt. Alles prima, bis
zum Spätsommer 2016. Nun ist alles anders, es herrscht
Krisenstimmung. Bei Audi, bei der Stadt Ingolstadt, und auch der FC
verliert ein ums andere Mal. Jetzt leidet Ingolstadt mit Audi. Der
Autohersteller hat schwere Jahre vor sich. Wenn nicht alles
schiefgeht, wird er sich wieder erholen. Aber davor gähnt ein weites
Tal der Mühsamkeiten. Es ist eine Erschütterung, die Audi erst mit
unberechtigter Verzögerung erreichte. Denn allzu lange segelte die
Luxustochter im Windschatten von Volkswagen unbehelligt durch den
Abgas-Skandal. So wie es aussieht, haben aber die Audianer den Betrug
beim Diesel erfunden. Während VW den ganzen Zorn, Imageschaden und
den Ärger mit der US-Justiz auf sich zog, blieb Audi munter und in
der öffentlichen Wahrnehmung mit weitgehend weißer Weste unterwegs.
Auch weil man bei Audi so tat, als hätte man mit dem Skandal nichts
zu tun. Völlig zu unrecht. Das finden weder die Konzerneltern und
geschwister in Wolfsburg lustig noch die in diesem Fall erbarmungslose US-Justiz. Audi wird dort heftig in die Mangel genommen werden und Milliarden Euro verlieren. Doch selbst ohne den Diesel-Skandal hätte Audi genügend Sorgen. Vorstandschef Rupert Stadler musste sich schon zuvor zunehmend kritische Worte anhören. Vor rund acht Jahren begann er damit, ein Rennen um die Spitze im Premium-Segment mit BMW und Daimler auszurufen. Beide Konkurrenten wollte er nach Stückzahlen überholen. So wie es der seinerzeitige Volkswagen-Boss Martin Winterkorn für den gesamten Konzern gegen General Motors und Toyota getan hat. Wohin das führt, sehen wir gerade überdeutlich. Inzwischen ist Ingolstadt in dieser Hinsicht verstummt. Es gibt weitere Felder, auf denen es gerade nicht passt. Etwa auf der Antriebsseite. Die Bemühungen in Richtung Elektromobilität fielen bislang kläglich aus. Zwei Versuche mit dem Supersportwagen R8 sind gescheitert. Fix ist ein großer Geländewagen mit 500 Kilometer Reichweite für das Jahr 2018. Da hat BMW mehr zu bieten. Allen deutschen Premium-Herstellern gemein ist eine verhängnisvolle Diesellastigkeit. Zwischen 60 und 80 Prozent ihrer Autos verkaufen sie mit Diesel. Das wird so nicht bleiben können, denn dieser Motor hat seine besten Zeiten wahrscheinlich hinter sich. Nicht zuletzt deshalb hat Audi dieser Tage verkündet, aus der Sportwagen-WM mit dem imageträchtigen Rennen in Le Mans auszusteigen. Dort gewann Audi regelmäßig, seit Jahren mit einem Diesel. Nun muss Audi sparen und sieht keinen Sinn darin, jährlich 150 Millionen Euro zu verbrennen, um ausgerechnet die Werbetrommel für den Diesel zu rühren. Zu viel Evolution, keine Revolution, diesen Vorwurf trifft auch das Audi-Design. Die Autos sehen zwar stimmig aus, sind aber kaum voneinander zu unterscheiden. Und sie gelten als zu perfektionistisch. Das klingt paradox, ist es aber nicht. Perfektion schätzen wir, lieben sie aber nicht. Sie tötet Emotion - und ein Autokauf ist nach wie vor stark von Emotionen geprägt. Nun muss Audi umsteuern. Eigentlich hat man in Ingolstadt eine Reihe von Zukunftsfeldern frühzeitig identifiziert und gehandelt. Autonomes Fahren, Digitalisierung, die Frage, wie Mobilität in Städten künftig gestaltet werden kann - da hat man sich bei Audi sehr zeitig Gedanken gemacht und sich vorbereitet. Deswegen wäre es verfrüht und verkehrt, Audi auf direktem Weg vom Himmel ins Verderben stürzen zu sehen. Stadler ist soeben dabei, Tabus zu brechen. Bislang war man bei Audi davon überzeugt, nur selbst die besten Modellreihen zu entwickeln. Also tat man das auch für sehr viel Geld und verzichtete so weit möglich auf im Konzern bereits vorhandene Produkte. Das ändert Stadler gerade. So soll der Luxusliner A8 künftig gemeinsam mit den Konzernmarken Porsche und Bentley entwickelt werden, heißt es. A4 und VW Passat könnten ebenfalls Brüder werden. Stadler will auf diesem Weg Mittel freischaufeln, um handlungsfähig bei Investitionen in die Zukunft zu bleiben. Denn der Diesel-Skandal wird viel Energie absorbieren und Milliarden verschlingen. Wenn Audi die richtigen Schlüsse aus der aktuellen Situation zieht, dann kann diese Krise sogar dazu beitragen, den nötigen Wandel zu beschleunigen.
geschwister in Wolfsburg lustig noch die in diesem Fall erbarmungslose US-Justiz. Audi wird dort heftig in die Mangel genommen werden und Milliarden Euro verlieren. Doch selbst ohne den Diesel-Skandal hätte Audi genügend Sorgen. Vorstandschef Rupert Stadler musste sich schon zuvor zunehmend kritische Worte anhören. Vor rund acht Jahren begann er damit, ein Rennen um die Spitze im Premium-Segment mit BMW und Daimler auszurufen. Beide Konkurrenten wollte er nach Stückzahlen überholen. So wie es der seinerzeitige Volkswagen-Boss Martin Winterkorn für den gesamten Konzern gegen General Motors und Toyota getan hat. Wohin das führt, sehen wir gerade überdeutlich. Inzwischen ist Ingolstadt in dieser Hinsicht verstummt. Es gibt weitere Felder, auf denen es gerade nicht passt. Etwa auf der Antriebsseite. Die Bemühungen in Richtung Elektromobilität fielen bislang kläglich aus. Zwei Versuche mit dem Supersportwagen R8 sind gescheitert. Fix ist ein großer Geländewagen mit 500 Kilometer Reichweite für das Jahr 2018. Da hat BMW mehr zu bieten. Allen deutschen Premium-Herstellern gemein ist eine verhängnisvolle Diesellastigkeit. Zwischen 60 und 80 Prozent ihrer Autos verkaufen sie mit Diesel. Das wird so nicht bleiben können, denn dieser Motor hat seine besten Zeiten wahrscheinlich hinter sich. Nicht zuletzt deshalb hat Audi dieser Tage verkündet, aus der Sportwagen-WM mit dem imageträchtigen Rennen in Le Mans auszusteigen. Dort gewann Audi regelmäßig, seit Jahren mit einem Diesel. Nun muss Audi sparen und sieht keinen Sinn darin, jährlich 150 Millionen Euro zu verbrennen, um ausgerechnet die Werbetrommel für den Diesel zu rühren. Zu viel Evolution, keine Revolution, diesen Vorwurf trifft auch das Audi-Design. Die Autos sehen zwar stimmig aus, sind aber kaum voneinander zu unterscheiden. Und sie gelten als zu perfektionistisch. Das klingt paradox, ist es aber nicht. Perfektion schätzen wir, lieben sie aber nicht. Sie tötet Emotion - und ein Autokauf ist nach wie vor stark von Emotionen geprägt. Nun muss Audi umsteuern. Eigentlich hat man in Ingolstadt eine Reihe von Zukunftsfeldern frühzeitig identifiziert und gehandelt. Autonomes Fahren, Digitalisierung, die Frage, wie Mobilität in Städten künftig gestaltet werden kann - da hat man sich bei Audi sehr zeitig Gedanken gemacht und sich vorbereitet. Deswegen wäre es verfrüht und verkehrt, Audi auf direktem Weg vom Himmel ins Verderben stürzen zu sehen. Stadler ist soeben dabei, Tabus zu brechen. Bislang war man bei Audi davon überzeugt, nur selbst die besten Modellreihen zu entwickeln. Also tat man das auch für sehr viel Geld und verzichtete so weit möglich auf im Konzern bereits vorhandene Produkte. Das ändert Stadler gerade. So soll der Luxusliner A8 künftig gemeinsam mit den Konzernmarken Porsche und Bentley entwickelt werden, heißt es. A4 und VW Passat könnten ebenfalls Brüder werden. Stadler will auf diesem Weg Mittel freischaufeln, um handlungsfähig bei Investitionen in die Zukunft zu bleiben. Denn der Diesel-Skandal wird viel Energie absorbieren und Milliarden verschlingen. Wenn Audi die richtigen Schlüsse aus der aktuellen Situation zieht, dann kann diese Krise sogar dazu beitragen, den nötigen Wandel zu beschleunigen.
OTS: Mittelbayerische Zeitung newsroom: http://www.presseportal.de/nr/62544 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_62544.rss2
Pressekontakt: Mittelbayerische Zeitung Redaktion Telefon: +49 941 / 207 6023 nachrichten@mittelbayerische.de
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