09.02.2014 19:52:59

Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Reinhard Zweigler zu CDU/Grüne/Europa

Regensburg (ots) - Erfurt und Dresden, CDU und Grüne. Zwei ganz unterschiedliche Parteien haben an diesem Wochenende ihren Fahrplan für die Europawahl am 25. Mai festgelegt. Was beide eint, ist das grundsätzliche Bekenntnis zu Europa, zur Europäischen Union, zu seinem Parlament, zu seinen Institutionen - wie kritikwürdig und verbesserungsbedürftig die im Einzelnen auch sein mögen. Für die Europawahl im Mai kommt es zu einer breiten Front von Europa-Parteien
von CDU, CSU, SPD bis zu Grünen, FDP und Teilen der Linken. Auf der anderen Seite machen sich Europa-Skeptiker, bis hin zu offenen Feinden der Europäischen Union, auf, um Misstrauen, Unmut und Nationalismus zu schüren und damit Stimmen zu erhaschen. Die Alternative für Deutschland (AfD), womöglich auch Teile der Linken sowie rechtsextreme Parteien gefallen sich in der Rolle als Totengräber der EU. Was sie statt der Union der 28 europäischen Staaten allerdings anzubieten haben, ist platter Nationalismus von vorgestern. Die drängenden Fragen der Euro-Schuldenkrise etwa sind mit der Parole des Ausstiegs aus EU und Währungsunion nicht zu meistern. Gerade die Krise hat gezeigt, dass die Gemeinschaft der 28 Staaten mehr Europa, eine Vertiefung der politischen Integration - und nicht weniger Europa, zurück zum Nationalstaat und nationaler Währung braucht. Nicht nur die Grünen, sondern auch die CDU - die CSU kann man getrost dazu zählen - wollen dem Koloss EU zudem mehr Bürgernähe, mehr Transparenz sowie eine kräftige Entbürokratisierung verordnen. Das sind allesamt richtige Forderungen, doch schon vor fünf Jahren wurde Ähnliches verlangt. Der Fortschritt in Europa ist offenbar eine Schnecke. Gleichwohl darf man nicht in den Fehler verfallen, die wirkliche Schritt-für-Schritt-Entwicklung der EU kleinzureden. Es gibt schlicht keine andere Institution, die eine friedliche, gegenseitig vorteilhafte Zusammenarbeit von Staaten auf dem alten Kontinent voranbringen könnte. Wer an Europa zweifelt, sollte sich die Soldatenfriedhöfe des vergangenen Jahrhunderts ansehen, hatte Jean-Claude Juncker gesagt. Der Ex-Premier von Luxemburg, den die Konservativen Europas zu ihrem Spitzenkandidaten machen wollen, hat Recht. Es wird viel über die Probleme, die Unfertigkeit Europas geredet, kaum über die grandiosen Errungenschaften der europäischen Werte- und Staatengemeinschaft. Auf dem Maidan-Platz in Kiew demonstrieren Ukrainer trotz klirrender Kälte dafür, zu genau diesem Europa des Wohlstands und der Menschenrechte zu gehören. Der kleinliche, wohl auch aus Wahlkampfgründen von der CSU vom Zaun gebrochene Streit um ein paar Tausend nach Deutschland eingereiste Bulgaren und Rumänen verblasst ganz schnell, wenn man sich die Vorzüge der EU-weiten Freizügigkeit vor Augen führt. Der grüne Europa-Abgeordnete Werner Schulz bekannte, bis zu seinem Einzug ins EU-Parlament europakritisch eingestellt gewesen zu sein. Nach fünf Jahren in Brüssel und Straßburg ist aus ihm ein glühender Befürworter des "sanften Monsters EU" geworden. Gewiss existieren zwischen den Befürwortern Europas im Detail gewichtige politische Differenzen, von der Energie-, der Sozial-, der Sicherheitspolitik bis zum Datenschutz. Doch allen sollte klar sein, dass die Europäische Union auf der Weltbühne nur Gehör und Einfluss findet, wenn sie einig ist.

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