17.05.2015 22:07:37
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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Reinhard Zweigler zu Klimapolitik
Regensburg (ots) - Wir sind reich genug, uns Klimaschutz zu
leisten - und sind zu arm, um auf Klimaschutz zu verzichten. Dieser
Satz stammt nicht etwa vom Greenpeace-Chef oder sonst einem besorgten
Umweltaktivisten, sondern vom deutschen Wirtschafts- und
Energiewendeminister Sigmar Gabriel. Und wo er Recht hat, hat er
Recht, der Vizekanzler. Dabei scheint es, dass angesichts der
Aufregung um Flüchtlinge, islamistische Terrorbedrohung, angesichts
des Ärgers über BND-NSA-Ausspäherei, über Bahn- und Kitastreiks das
globale Thema Klima keine Konjunktur hat. Doch dieser Schein ist
trügerisch. In dieser Woche wollen 35 Minister des sogenannten
Petersberger Klimadialogs in Berlin die Weichen für einen Erfolg des
Weltklimagipfels Ende des Jahres in Paris stellen. Angela Merkel will
auf dem G7-Treffen Anfang Juni im oberbayerischen Schloss Elmau den
Kampf gegen die Erderwärmung zum obersten Gipfelthema der dort
vertretenen Industriestaaten machen. Das ist nicht nur lobenswert,
sondern vor allem verdammt notwendig. Denn die internationale
Gemeinschaft hat bislang leider nur viel zu kleine Schritte gegen die
drohende Erwärmung unseres Planeten unternommen. Und dies lag nicht
etwa an zu geringen Erkenntnissen über das Klima und seine
Gefährdungen durch den ungezügelten Ausstoß der sogenannten
Treibhausgase, allen voran CO2. Sondern letztlich triumphierte
nationaler Egoismus, setzten sich kurzfristige wirtschaftliche
Interessen gegen die nachhaltiger Entwicklung durch. Es gibt ein
ganzes Knäuel unterschiedlicher Interessenlagen, nationaler wie
internationaler. Entwicklungsländer wollen nicht für die ungebremsten
Emissionen der Industriestaaten der vergangenen 150 Jahre
geradestehen und pochen auf das eigene Recht nachholenden Wachstums
und Wohlstands. Energie- und Rohstoff-produzierende Länder haben
weniger Interesse an einem wirklichen Wandel zu Nachhaltigkeit als
technologie- und wissensbasierte Volkswirtschaften wie etwa die
deutsche. Allerdings, dass sich auch Deutschland schwer tut, das
eigene, anspruchsvolle Reduktionsziel von 40 Prozent, bis zum Jahr
2020 gegenüber 1990, zu erreichen, macht die Sache nicht einfacher.
Wenn sich weltweit etwas bewegen soll, braucht es Vorreiter. Dem
Klima sind die politischen Scharmützel und zig Gipfeltreffen jedoch
egal. Es wird sich in den kommenden Jahrzehnten dramatisch wandeln.
Erste Vorboten sind die sich häufenden Wetterextreme, Stürme,
Starkregen auf der einen sowie verheerende Dürren auf der anderen
Seite. Dass sich das Klima verändern wird, bezweifeln heute nur noch
ein paar Unverbesserliche, die die Prognosen der internationalen
Wissenschaftlergemeinschaft - aus welchen Gründen auch immer - in den
Wind schlagen. Die Frage ist heute nur noch, wie viel Zeit der
Menschheit bleibt, um gegenzusteuern, um wenigstens den Anstieg der
Erderwärmung auf das halbwegs verkraftbare Maß von zwei Grad plus bis
zum Ende des Jahrhunderts zu begrenzen. Nach allem, was
Wissenschaftler bislang vorhersagen können, ist nur noch ein
Zeitfenster von höchstens zwei, drei Jahrzehnten offen. In dieser
Zeit muss dramatisch umgesteuert werden, weg von der Energieerzeugung
aus fossilen Quellen, Öl, Gas und Kohle, die nach wie vor den
Löwenanteil der Emissionen ausmacht. Das heißt zugleich, dass
Wirtschaft, Arbeitsplätze und Wohlstand aus neuen, effizienteren,
nachhaltigen Quellen gespeist werden müssen. Was in Deutschland als
dürres Schlagwort der "Energiewende" daherkommt, ist in Wirklichkeit
eine gesellschaftliche, wirtschaftliche und technologische Revolution
und eine gewaltige globale Chance zugleich. Und wir stehen, ohne es
zu merken, mittendrin. Noch in diesem Jahr müssen sich die Nationen
über verbindliche Reduktionsziele bei den Treibhausgasen einigen. Ein
verdammt schwieriges Unterfangen. Der Klimagipfel von Paris darf
nicht scheitern wie andere vorher.
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