11.01.2015 20:57:58
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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Thomas Spang zu Terror/Anschläge
Regensburg (ots) - Wenige Tage vor dem Anschlag auf die Redaktion
der Satire-Zeitung Charlie Hebdo veröffentlichte der "Islamische
Staat" ein Video mit dem Titel "Worauf wartest Du?". Gerichtet war
der achtminütige Propagandastreifen an Sympathisanten der
Extremisten-Gruppe in Frankreich. Wer nicht nach Syrien oder Irak
kommen könne, so die unverhüllte Botschaft, solle zu Hause gegen die
Ungläubigen kämpfen. "Terrorisiert sie und bringt sie mit Angst und
Horror um den Schlaf". Ob sich die Attentäter von Paris von diesem
Aufruf inspirieren ließen, den Auftrag von der Al Kaida auf der
Arabischen Halbinsel erhielten oder aus eigenem Antrieb handelten,
macht am Ende keinen Unterschied. Ihr mörderisches Treiben steht in
einer Reihe mit anderen Massakern islamischer Extremisten, die
Sicherheitsbehörden rund um die Welt mit einer veränderten Taktik
herausfordern. Statt sich allein auf relativ komplexe Operationen vom
Stil der Anschläge des 11. September zu konzentrieren, haben Al Kaida
und Co. das Spektrum des Terrors erweitert. Erstmals trat das 2008
bei dem Anschlag der "Lashkar-e-Taiba"-Extremisten in Mumbai in
Erscheinung. Vier Tage lang terrorisierte die Gruppe die indische
Metropole. Dabei kamen 164 Menschen ums Leben, mehr als 300 wurden
verletzt. In Terrorkreisen galt der vor allem mit Handfeuerwaffen
verübte Anschlag als spektakulärer Erfolg. Von Mumbai über den
Anschlag auf die Westgate Shopping Mall in Nairobi, dem Massaker an
pakistanischen Schulkindern in Peschawar, der Geiselnahme in einem
Café in Sydney bis hin zu dem Massaker in Paris zieht sich seitdem
die blutige Spur der urbanen Kriegsführung gegen Zivilisten. Ein
globaler Trend, den die Vereinten Nationen ebenso ausgemacht haben
wie ein Bericht des US-Kongresses. Der Chef des britischen
Geheimdienstes MI-5 Andrew Parker warnt aus gutem Grund vor weiteren
Anschlägen nach diesem Muster. Zumal Tausende Freiwillige aus Europa
und Nordamerika in den Mittleren Osten als Kämpfer des Islamischen
Staats das teuflische Handwerkszeug des Terrors erlernten. Die Augen
vor dieser Entwicklung zu verschließen wäre nicht nur fahrlässig,
sondern verantwortungslos. Sie stellt die Sicherheitsbehörden in den
USA, Europa und vielen anderen Staaten vor eine massive
Herausforderung. Denn anders als Flugzeuge, Militärbasen und Ziele
mit Symbolwert lassen sich bevölkerungsreiche Zentren nur begrenzt
schützen. Es führt kein Weg daran vorbei, die Beobachtung
extremistischer Gruppen zu verstärken und Terror-Touristen an der
Rückkehr zu hindern. Das kann aber nur ein Teil der Antwort sein.
Mindestens so wichtig ist die Immunisierung gegen den Hass, mit dem
die Extremisten die Zivilgesellschaften des Westens infizieren
wollen. Die Rechnung der Terroristen ginge auf, wenn
Pauschalverurteilungen an die Stelle differenzierter
Auseinandersetzungen träten. Sie setzen auf die Wut von Pegida, Front
National, Ukip, Teaparty oder wie auch immer die Rechtspopulisten
auch heißen mögen. Es muss intensiv darüber nachgedacht werden, wie
sich junge Muslime aus Einwandererfamilien in ihrer neuen Heimat zu
Hause fühlen. Europa kann an dieser Stelle viel von den USA lernen,
die bei allen Problemen die Integration der Zuwanderer aus
islamischen Staaten sehr viel besser hinbekommen hat. Umgekehrt
könnten die Führer muslimischer Gemeinden und Organisationen
ihrerseits einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie sich an die
Spitze der Proteste gegen den Terror setzten. Angesichts der
Herausforderung durch extremistische Dschihadisten gilt es, keine
Zeit zu verlieren. Worauf warten wir noch?
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