04.08.2013 19:59:58
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Mittelbayerische Zeitung: "Mittelbayerische Zeitung" (Regensburg) zur Entwicklungspolitik
Dirk Niebel trat das Amt als Entwicklungshilfeminister mit dem Vorsatz an, alles anders machen zu wollen als seine Vorgängerin Heidemarie Wieczorek-Zeul. Als Niebel sein "Weißbuch zur Entwicklungspolitik" vorstellte, zog er eine "Erfolgsbilanz". Doch in Wahrheit steht die Revolution in der Entwicklungspolitik noch aus. Der Minister kann Erfolge verbuchen. Aber diese Erfolge sind zweischneidig. Erstes Beispiel: Öffentliche Wirksamkeit. Niebel hat seinem Ministerium eine neue Sichtbarkeit gegeben - vor allem jedoch, weil er für Kontroversen sorgte. Ein Knalleffekt war bereits seine Ernennung zum Chef des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Ausgerechnet der FDP-Generalsekretär, der im Wahlkampf das Ministerium abschaffen wollte, kam zum Zug und polterte gleich los. Er kritisierte ein "Weltsozialamt". Sein Ziel: Die Entwicklungspolitik in die Mitte der Gesellschaft rücken. Doch mit seinen Worten hat Niebel die Arbeit seiner Vorgänger, der Mitarbeiter seines Ministeriums und vieler Hilfsorganisationen verunglimpft. Zweites Beispiel: Strukturreform. Unter Niebel wurde die bislang größte Reform der staatlichen Entwicklungshilfe in Deutschland besiegelt. Unter dem Dach der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) sind die entwicklungspolitischen Institutionen nun zusammengefasst. Niebels Vorgängerin war an diesem Vorhaben gescheitert. Durch die Fusion soll teure Doppelarbeit verhindert werden. Genau da setzen Kritiker an. Niebel wird eine künstliche Aufblähung der GIZ vorgeworfen. Die fünf Geschäftsführer der verschmolzenen Organisationen blieben im Amt, hinzu kamen zwei weitere. Einer davon entwickelte sich zu Niebels größtem Personalproblem: FDP-Mitglied Tom Pätz. Welche Qualifikationen abgesehen von seiner Parteizugehörigkeit Pätz zu seiner Karriere verholfen haben, fragte sich selbst der GIZ-Aufsichtsrat. Pätz werden zudem überteuerte Flüge, luxuriöse Übernachtungen und üppige Bewirtungen auf Kosten der GIZ vorgeworfen. Eine Klärung dieser Vorwürfe steht noch aus. Drittes Beispiel: Hilfen durch die Wirtschaft. Minister Niebel setzt stark auf die Strategie, gesellschaftlichen Wandel durch die Wirtschaft und ausländische Investoren anzustoßen. Er entsandte mit den "EC-Scouts" Spezialisten in Industrie- und Handelskammern und Auslandskammern, um Unternehmen bei Investitionen zu beraten. Er schuf Subventionstöpfe, aus denen Mittelständler Machbarkeitsstudien finanzieren können. Jobs sind wichtig für die Entwicklung eines Landes. Aber nicht alles was sich Wirtschaftsvertreter und Politiker wünschen, ist sinnvolle Entwicklungszusammenarbeit. Außenwirtschaftspolitik mit dem Ziel, deutsche Unternehmen zu stärken, ist legitim. Entwicklungspolitik hat aber das Ziel, die soziale, ökologische und wirtschaftliche Entwicklung eines anderen Landes zu unterstützten. Die Rolle des Entwicklungsministers am Kabinettstisch besteht darin, der Akteur zu sein, der die Entwicklung der Welt nicht nur durch eine deutsche oder eine europäische Brille sieht, sondern die Interessen vieler Länder vor Augen hat. Brennenden Zukunftsfragen hat sich Niebel in seiner Amtszeit nicht gestellt. Zuvorderst ist die Armutsbekämpfung zu nennen. Während der Anteil der Armen an der wachsenden Weltbevölkerung sinkt, verfestigt sich in einigen, insbesondere afrikanischen Ländern, die extreme Armut. Einen Plan, um diesen Armutsmustern zu begegnen, hat Niebel nicht entwickelt.
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